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Engelherz - Band 1-3

Engelherz - Band 1-3

Titel: Engelherz - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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„Er weiß, was er tut!“, widersprach ich meinem Gewissen, meinem Herzen und meiner inneren Stimme wesentlich entschiedener als ich mich wirklich fühlte.
    Und dieser Gedanke war es, an den ich mich klammerte, als ich mir meinen Weg durch die Menschenmassen freikämpfte, um einen Blick auf den Kreuzweg zu bekommen.
    „ Ich glaube, Menschen sind sadistisch veranlagt “, meinte meine innere Stimme und wunderte sich darüber, dass so viele Leute freiwillig einer Hinrichtung zusahen, als sei es ein besonders feierliches Ereignis.
    „ Und ich würde alles darum gegeben, um nicht dabei sein zu müssen!“ Meine Gedanken verdrängten sogar den Schweißgeruch und den Geruch nach Kot und Unrat, der sich in den Gassen breit machte.
    Ich kam gerade rechtzeitig, um Pilatus auf die Terrasse des Tempels treten zu sehen, vor der sich das Volk eingefunden hatte.
    „ Wen soll ich begnadigen?“ Seine Stimme sorgte augenblicklich für Ruhe. „Jesus, den König der Juden, oder den Mörder Barrabas?“, fragte er laut.
    Zorniges Gemurmel, wie von einem Bienenschwarm hob sich über die Menge, bis einzelne Rufe laut wurden: „Barrabas! Barrabas!“
    Pilatus verschwand und erschien Sekunden später mit meinem Gott auf der Terrasse. Die Wachen hatten Jesus in ein rotes Tuch gewickelt und ihm einen gewundenen Dornenkranz aufgesetzt.
    Blut, menschliches Blut, rann ihm von den Schläfen und der Stirn.
    Gegeißelt und geschlagen ließ Jesus alles mit sich geschehen, doch seine Augen suchten den Platz nach mir ab.
    Ich fiel auf die Knie und schrie zum Himmel. Die Menschen zogen sich von mir zurück, so dass sich um mich ein freier Raum bildete. Es war mir egal.
    „ Diese Menschen, diese dreckigen, stinkenden, abscheulichen Menschen schickten sich an, Gott zu kreuzigen!“
    Als hätte der Mob meine Gedanken gelesen, begannen sie zu schreien: „Kreuzigt ihn!“
    „ Du kannst es dir noch überlegen!“ , fuhr mich mein Gewissen an. „Du kannst ihn noch retten.“
    Pilatus Augen verharrten auf mir. Wissenden, intelligente Augen. Er flüsterte mit einer der Wachen, die nickend verschwand. Ich stand auf. Unsere Blicke trafen sich, als die Wache Pilatus Wasser über die Hände goss.
    „ Er weiß es! Um Himmels Willen, er weiß es! “
    Und trotzdem hielt er sich an die Gesetze „Oder hat Jahve ihn gebeten ihn zu töten, so wie er Samiel gebeten hatte, ihn zu verraten?“ und sprach Barrabas frei, um Gott dem Tod zu übergeben.
    Meiner Kehle entrang sich ein gequälter Ton. „Ein Mörder wird freigesprochen und Gott verurteilt!“ , empörte sich meine innere Stimme, während die Wachen Jesus und die anderen Verurteilten in den Hof trieben. Dort bekamen sie inmitten des Menschengewühles ihre Kreuze aufgeladen.
    Ich versuchte näher an Jesus heranzukommen, doch die aufgewühlte Menge drängte mich zurück.
    Von weitem konnte ich erkennen, wie er unter der Last taumelte und sich hilfesuchend umsah. „Erwartet er, dass du ihm hilfst? Will er, dass du deine Entscheidung änderst?“ Er wirkte menschlicher und verlorener als je zuvor. Der göttliche Ausdruck in seinen Augen war fast erloschen.
    Ich schluckte. „Was ist der Preis, den wir alle zahlen müssen?“
    Hilfesuchend blickte ich mich um. In der Menge erkannte ich einige Jünger, die den letzten Weg ihres Rabbis im Verborgenen verfolgten. „Und für was müssen wir zahlen?“ Mit ihnen und der Menge folgte ich dem Zug der römischen Reiter und der Verurteilten.
    Immer wieder taumelte Jesus unter dem Kreuz, beständig schwankte er, als wenn er fallen würde. Das Blut aus seinen Wunden vermischte sich mit seinem Schweiß und tropfte auf die uringetränkte Straße.
    Wenn er zu langsam wurde, rissen ihn die Reiter hoch und schlugen ihn. Die Menge lachte und verhöhnte Jesus, als wenn sie einem schlechten Schauspiel beiwohnen würden.
    Lahme und Blinde, die am Rand von der restlichen Menge gehalten wurden, schlugen blindlings nach ihm und spieen ihn an, weil er sie nicht geheilt hatte.
    „ Was haben sie erwartet?“
    Ich taumelte bei jedem Schlag, bei jedem Ruf, als wenn er mich treffen würde.
    „ Was habt ihr alle erwartet?“
    Ich hörte Jesus vor Schmerzen aufschreien, als er fiel, doch sofort waren die römischen Wachen bei ihm und zerrten ihn hoch. Ein Mann aus der Menge trat hervor und schien ein paar Worte mit den Wachen zu wechseln.
    Der Mann packte das Kreuz und legte es sich auf die Schultern. Mit dieser Last schritt er neben Jesus her und die Schmähungen und Rufe aus der

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