Engelsbann: Dunkle Verlockung Teil 2 (German Edition)
die Ecke bog, bewegte sich Mimosa an seiner Brust; sie hatte die Witterung ihrer Herrin aufgenommen. Nimra stand auf der anderen Seite eines Teichs, der im silbrigen Mondlicht vor ihm lag. Ihre Flügel streiften durch das Gras, als sie sich vorbeugte, um nach einigen der schläfrigen Blüten zu sehen, und im lauen Wind schmiegte sich ihr dunkelblaues Gewand mit der Zärtlichkeit eines Liebhabers an ihren Körper. Fen saß diesseits des Sees auf einer Steinbank und betrachtete sie mit einer ruhigen Geduld, in der absolute Hingabe lag.
Nicht Fen, entschied Noel. Es war ihm von Anfang an unwahrscheinlich erschienen, dass der alte Mann als Verschwörer an einem Anschlag beteiligt gewesen sein sollte, um Nimra außer Gefecht zu setzen oder zu töten, doch der Ausdruck, der an diesem Abend auf seinem Gesicht lag, zerstreute auch den leisesten Verdacht. Kein Mann konnte eine Frau auf diese Weise ansehen und dann zusehen, wie das Licht ihrer Augen für immer erlosch. »Kraft und Herz und Mut«, sagte Fen, ohne sich umzudrehen. »Niemand ist wie sie.«
»Stimmt.« Noel trat näher und setzte sich neben Fen, während Mimosa an seiner Brust schnurrte. »Ich denke«, sagte er, den Blick auf den Engel gerichtet, der auch in diesem Moment an tief in seinem Inneren verborgenen Dingen rührte, »du solltest Amariyah von diesem Hof fortschicken.«
Fen seufzte leise und seine verwitterte Hand schloss sich um den Stock. »Sie war schon immer eifersüchtig auf die Engel, was ich nie verstanden habe. Sie ist eine wunderschöne Frau, beinahe unsterblich, doch sie sieht nur das, was sie nicht haben kann.«
Noel sagte nichts dazu, denn Fen sprach die Wahrheit. Amariyah mochte sich selbst als erwachsen betrachten, doch in vielerlei Hinsicht war sie ein verwöhntes Kind.
»Manchmal habe ich den Eindruck«, fuhr Fen fort, »dass ich meiner Tochter keinen Gefallen damit getan habe, meine Dienstjahre auf ihren Vertrag anrechnen zu lassen. Ein Jahrhundert im Dienst hätte sie vielleicht zu schätzen gelehrt, was sie ist – weil die Engel es geschätzt hätten.«
Noel war sich da nicht so sicher. Erst am Vortag hatte er gesehen, wie Amariyah Violet eine Tasse unter die Nase gehalten und dem Dienstmädchen vorgeworfen hatte, der Kaffee darin sei kalt – um die Flüssigkeit dann mit voller Absicht auf den Fußboden zu gießen. Es hatte noch weitere Vorfälle gegeben, wenn sie sich unbeobachtet gefühlt hatte, und dazu kam das Gespräch von diesem Abend. Die Selbstsucht schien tief und unveränderlich wie Stein in ihrer Persönlichkeit verankert zu sein. Ob sie sich jedoch in etwas Tödliches verwandelt hatte, blieb noch abzuwarten.
»Du hast es aus Liebe getan«, sagte er zu Fen, als sich Nimra von der Betrachtung der Pflanzen erhob und über die Schulter blickte.
Es war ihm nun schon vertraut, wie seine Haut zu prickeln begann, während er gespannt darauf wartete, dass ihr Blick auf ihn fiel. Seit ihrem Spaziergang im Garten hatten sie keinen körperlichen Kontakt mehr gehabt, doch Noel stellte fest, dass er, mochte er nun Zweifel an ihrem wahren Charakter haben oder nicht, der Vorstellung von Intimität nicht mehr abgeneigt war. Nicht, wenn es um diese spezielle Frau ging.
Nie zuvor hatte er einen Engel als Liebhaber gehabt. Er war nicht so hübsch, dass jene Engel, die sich einen Harem von Männern hielten, hinter ihm her gewesen wären, und darüber war er froh. Auf der anderen Seite waren die meisten Engel viel zu unmenschlich für die rohe Sexualität, die seinem Wesen entsprach. Nimra jedoch war anders als alle anderen Engel, die er kannte, ein Rätsel für sich innerhalb ihres eigenen mysteriösen Universums.
Er hatte sie mehr als einmal im Garten gesehen, die Finger buchstäblich in der Erde vergraben. Ein- oder zweimal, wenn er etwas weniger Kultiviertes vor sich hingemurmelt hatte, war das Funkeln in ihren Augen kein Tadel, sondern Humor gewesen. Und als sie nun um den Teich herumkam, um Fen die Hand auf den Arm zu legen, und ihr Haar in sanften Locken auf ihre Schultern fiel, da lag auf ihrem Gesicht ein Ausdruck von Neugier, wie er ihn bei einem Engel von ihrem Alter und ihrer Stärke nicht erwartet hätte.
»Verführst du meine Katze, Noel?«
Mit der flachen Hand streichelte er die schlafende Mimosa. »Ich bin derjenige, der verführt wird.«
»Allerdings.« Ein einziges, von Macht durchwobenes Wort. »Wie ich sehe, sind die Damen am Hof sehr angetan von dir. Selbst unsere schüchterne Violet wird in deiner Nähe
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