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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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Abendessen zu uns.«
    »Und Regines Mann? War sie damals noch nicht verheiratet?«
    »Nein. Ich und mein Mann waren erst etwas skeptisch, was Paul anging, weil er ja doch mehr als zehn Jahre älter war als sie. Aber Regine war richtig aufgeblüht, seit sie mit ihm zusammen war. Die Hochzeit kam schnell. Zehn Monate nachdem sie sich kennengelernt hatten, trug sie schon den Ring.«
    »Und war die Ehe glücklich?«
    Jasmin Selderath löffelte die Suppe. Schwieg kurz. »Ja. Sie war glücklich. Und ich hatte den Eindruck, dass das echt war. Sie galten als das perfekte Paar. Er war immer um sie bemüht. Er ist ein richtiger Gentleman. Also war – bis zu seinem Tod.«
    Margot sah, dass die Augen der Zeugin feucht wurden. Schnell schob sie die nächste Frage nach. »Wie war Regine als Lehrerin?«
    Das Lächeln von Jasmin Selderath brachte zwei Grübchen zum Vorschein. »Die Kinder liebten sie, die Kollegen respektierten sie – und unsere Rektorin, Frau Dr. Rottenmark, nun, sie schätzte Regines fachliche Qualitäten, Regines Kompetenz, ihre Art, Dinge anzupacken und durchzuziehen.«
    »Das klingt nach einem Aber .«
    Das Lächeln wurde breiter. »Nun, unsere Rektorin musste immer wieder die Wogen glätten, wenn Regine gegenüber Eltern von Schülern mal ein deutliches Wort ausgesprochen hat.«
    Jasmin Selderaths Lächeln erstarb.
    »Sie denken an jemand Speziellen?«
    Die junge Lehrerin nickte. »Die Eltern von Martha Luckhaupt. Wissen Sie, wir haben es mit drei Kategorien von Eltern zu tun: Die erste Gruppe – zum Glück die größte – ist an der Leistung ihrer Kinder interessiert, sie wollen wissen, wie es mit ihren Sprösslingen läuft, und sie hören zu, wenn man ihnen sagt, wo die Stärken ihres Kindes liegen und wo es Schwächen hat und wie man ihr Kind unterstützen kann. Wie gesagt, unter dem Strich die größte Gruppe. Dann gibt es die Ignoranten, denen die Schule ihrer Kinder völlig gleichgültig ist. Die froh sind, wenn die Kinder aus dem Haus sind und sie sich nicht um sie kümmern müssen. Diese Eltern kriegt man praktisch nie zu Gesicht – und glauben Sie mir, die kommen nicht nur aus den sozial schwachen Schichten. Und die dritte Gruppe, die kostet eine Lehrerin oft den letzten Nerv. Das sind die, die einem den Job erklären wollen. Ganz übel ist es, wenn es Eltern von Kindern sind, die meinen, ihr Kind hätte bereits mit vier die erweiterte Relativitätstheorie entdeckt, nur leider war die Umwelt zu dumm, das zu erkennen. Außer den Eltern selbst natürlich. Die Kleinen tun sich schwer mit dem kleinen Einmaleins, aber in den Augen der Eltern sind sie einfach nur verkannte Genies. Und bei solchen Eltern hat Regine kein Blatt vor den Mund genommen. Dr. Rottenmark hat immer mal wieder die Kastanien aus dem Feuer holen müssen. Zuletzt bei den Luckhaupts. Denn die meinten, ihr Kind müsse unbedingt aufs Gymnasium. Und Regine hat sich geweigert, eine Empfehlung auszusprechen.«
    »Passiert so was öfter?«
    Jasmin Selderath lachte auf, aber das Lachen klang bitter. »Ja. Fast alle Eltern sind enttäuscht, wenn wir ihnen sagen, dass ihr Kind nicht überdurchschnittlich begabt ist, sondern sich mit dem Lernen schwertut. Und wenn wir keine Empfehlung für das Gymnasium ausstellen, können wir unseren Wortschatz an Beschimpfungen oft bereichern. Aber die Luckhaupts – das war schon ein schweres Kaliber. Herr Luckhaupt hat Regine ganz massiv beschimpft. Vor Zeugen, zum Glück.«
    »Und?«
    »Regine hat sich so was immer sehr zu Herzen genommen. Und sich danach fürchterlich aufgeregt. Und dann geriet sie in Panik, auch wegen des Kindes.«
    »Wegen welchen Kindes?«
    »Wegen ihres Kindes. Weil sie schwanger war.«
    Alex trat an ihren Tisch: »Mögen Sie noch einen Kaffee? Oder einen Cappuccino?«
    Sowohl Margot als auch Jasmin Selderath hatten ihre Suppen aufgegessen.
    Die beiden Frauen bestellen sich je einen Kaffee. Margot notierte sich den Namen »Luckhaupt«.
    »Sie hat sich riesig auf das Kind gefreut – nein, beide haben sich gefreut«, fuhr Jasmin Selderath fort. »Ich habe es ihnen gegönnt.«
    »Und Regines Mann – was wissen Sie über ihn? Wissen Sie, ob er Feinde hatte?«
    »Keine Ahnung, Frau Hesgart. Er handelte mit Autos. Ich weiß nicht, ob man sich da Feinde machen kann, die einen umbringen wollen. Das Verhältnis zu seinem Bruder war ein wenig gespannt, hat mir Regine mal erzählt. Aber, mein Gott, sauer auf jemanden zu sein, ist das eine, aber wer geht so weit und bringt zwei Menschen um?

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