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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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indem er mit seines Vaters Geld den Unterhalt bestritt. Ansonsten begnügte er sich mit schlichten Wahrheiten: Samuel war der größte Künstler seiner Zeit. Samuel war so erhaben, dass man ihn nicht berühren durfte. Samuel verführte nicht dazu, eine schändliche, sittenlose Gier auszuleben – weil er Berührung schlichtweg nicht erlaubte.
    So zahm, wie Samuel in seiner Malerei war, zeigte sich Andreas in seiner Liebe und Treue. Er besprach sie auch nicht mit Lena, die sich ihrerseits damit zufrieden gab, sich den Sauberen in Gedanken anzueignen, und die damit beschäftigt war, die Erinnerung an Grothusen und seine fordernde Berührung zu vergessen. Manchmal umarmte sie Andreas, auf dass er ihr dabei half – sonst gab es nichts, was sie verband.
    An einem jener Tage jedoch, da sich der dritte Sommer in Cronberg neigte, kehrte Andreas abends von der Nidda zurück und bekundete, dass seine Welt zerrissen und er ein Zerstörter wäre.
    Es klang nicht weinerlich. Es war ein tiefes Wehklagen. Sein Rücken zitterte, und seine Augen waren rot und wässrig. Da er stets nicht mehr von sich gezeigt hatte als sein leises Vorhandensein, erschreckte sein heftiger Anspruch auf Trost. So zufällig, wie sich herausgestellt hatte, dass er Samuel geweiht war, so zielgerichtet geriet nun sein Sprechen, das einen bestimmten Umstand klar benannte.
    »Samuel zeigt sich mir nackt!«, rief Andreas wiederholt und wollte sich nicht beruhigen lassen. »Samuel zeigt sich mir nackt!«
    Andreas glaubte plötzlich nicht mehr an Samuel und hatte diesen Glauben zur Mittagszeit verloren, während er mit dem Maler und seinen Gefährten zusammen gewesen war.
    Die Sonne stand hoch, als sie im Freien malten. Sie hockten in der Höhe von Hausen, die Nidda plätscherte seicht. Mancher beugte sich über den ausgetrockneten Rand des Flussbettes, um Wasser zu schöpfen und zu trinken. Als die heißen Strahlen jedoch senkrecht fielen, reichte diese Art des Erfrischens nicht mehr. Der Schatten kühlte unzureichend; die Luft brannte umso heftiger.
    Da riss sich Philipp nicht nur das Hemd vom Leibe, sondern auch die Hosen und lief nackt in die kühlen Fluten des niedrigen Flusses. Bis zur Hüfte im Wasser stehend, schöpfte er es mit den Händen, goss es über den schwitzenden Kopf und rief den anderen zu, dass sie ihm folgen sollten. Der stumme Caspar tat’s bedenkenlos und wurde von seinem treuen Hund begleitet, der schwanzwedelnd Wasser um sich spritzte. Drei weitere – Max, Leopold und Fritz – spotteten, ehe auch sie sich benässten. Zuletzt folgte Samuel, krempelte sich anfangs nur die Hosen hoch, um mit den Füßen im kalten Wasser zu waten, streifte dann aber alle Kleidung ab und tauchte unter.
    Andreas blieb hocken. Wie immer, wenn sie malten, saß er am Rande. Selbst jetzt, da sie ihr Tagwerk unterbrochen hatten, kam er nicht näher, sondern beobachtete die Nackten und die Badenden, die sich lachend bespritzten, nur von ferne. Der Lärm, den sie machten, deuchte ihn wie der Fluss. Er war ebenso seicht.
    Zunächst senkte Andreas die Augen. Doch als er Samuel wiederholt auflachen hörte, konnte er nicht verhindern hochzublicken. Das Wasser perlte auf des geliebten und bewunderten Vetters weißer Haut. Seine Glieder waren schmächtig, aber an seinen Unterarmen spannten sich Sehnen. Schwarzes Haar kräuselte sich auf seiner Brust und zwischen den Beinen, wo sein Geschlecht lang und dünn baumelte.
    Hastig schlug Andreas seine Hände vors Gesicht, um hernach vorsichtig zwischen den Fingern durchzulügen. Er schmähte seiner Augen Gier, aber vermochte ihnen doch nicht zu befehlen, von Samuel abzulassen, der sich noch nie vor ihm entblößt hatte und es nun bedenkenlos mit den anderen nackten Leibern tat.
    Andreas begann zu schwitzen, löste seine Hände vom Gesicht und legte sie aufs eigene Geschlecht, als wolle er es vor dem Anblick schützen wie die Augen. Er gewahrte, wie es hart wurde, und verspürte Lust.
    Ich bin schamlos, dachte er entsetzt. Samuel ist schamlos.
    Nackt und balgend vermengten sich Samuels Glieder mit denen der anderen. Nackt genoss er die Gemeinschaft und war nicht mehr als ein Teil von dieser. Er war wie sie alle, er war nicht mehr der Größte, und Andreas gierte nach ihm, wollte ihn halten und fassen und küssen.
    Der Schweiß floss ihm in Strömen, aber wiewohl er den eigenen Gestank roch, konnte er sich nicht rühren. Er brachte es nicht einmal zustande, sich die Hemdsärmel aufzukrempeln. »Komm zu uns!«, hörte Andreas

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