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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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hochhackigen Schuhen, als sie die Straße vor dem Hotel überquerte. Karamellfarbene Locken, die zerzaust auf ihre Schultern stießen, und ein schwarzes Kleid. Sie lebte, ihr Körper war wieder erstarkt, und er wusste, dass der fremde Schattenläufer sie mit seinem Blut geheilt hatte. Eine Welle der Eifersucht überspülte ihn.
    Er erstarrte, als ihm klar wurde, was für eine Empfindung das war.
    Wie war das möglich? Er musste Eve Hess töten. Er lauerte dieser Frau auf, um einen Vertrag zu erfüllen. Einmal hatte er bereits versagt. Beim zweiten Mal konnte er sich keine Schwäche mehr gestatten, keine Sentimentalitäten. Und doch beschwor die Vorstellung, dass dieser andere sie mit seinem Blut genährt, dass er sie berührt hatte, eine rasende Wut herauf. Er taumelte vom Fenster zurück in den Raum, benommen von der Wucht der Empfindung. Erschrocken starrte er in den Spiegel. Die Schatten unter seinen Augen waren verschwunden. Er hatte genug von ihrem Blut in sich aufgenommen, um seine Reserven aufzufüllen.
    Ihr Blut. Nur langsam sickerte es in sein Bewusstsein. Es war nur eine Möglichkeit. Eine bloße Theorie. Wieso verursachte ihm dann der Gedanke ein so heftiges Schwindelgefühl?
    Er tastete nach dem Ring, den er an einer Kette um den Hals trug. Der Wasseropal ruhte an seiner Brust, hatte die Wärme seiner Haut angenommen. Kain trat zurück ans Fenster und stellte fest, dass er Eve nicht länger sehen konnte. Sein Blick wanderte wieder zu dem Polizeiwagen, der seit fast einer Stunde auf der anderen Straßenseite gegenüber dem 717 parkte. Er stellte sich vor, wie Eve das Foyer durchquerte, dem Concierge zunickte, der kein Wort darüber verlor, dass ihr Kleid zerrissen war und dass Blutspritzer ihre Schuhe befleckten. Vielleicht lächelte sie den jungen Latino an, der die Autos parkte und der ihren Namen wusste, obwohl sie erst kürzlich eingezogen war. Sie würde den Aufzug betreten und hoch in den siebzehnten Stock fahren, und sie würde feststellen, dass jemand ihre Wohnung durchsucht und einen wertvollen Gegenstand gestohlen hatte.
    Plötzlich schien der Tag seine Farben zu verlieren.

    „Eve!“
    Felipes Gesichtsausdruck sagte ihr noch deutlicher als sein Tonfall, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
    „Warte“, wies er sie an, während er von seinem Stuhl hinter dem Empfangstresen aufstand, „komm kurz mit.“
    Er fasste nach ihrem Handgelenk und zog sie in das kleine Büro, das an das Foyer angrenzte.
    „Hast du den Streifenwagen da drüben gesehen?“
    Eve schüttelte den Kopf. Sie hatte verstohlen in die Gasse zwischen Alans Wohnblock und dem Figueroa Hotel gespäht und war erleichtert gewesen, dass dort nichts abgesperrt war. Tatsächlich wirkte alles völlig normal. Felipes Gesicht war gerötet vor Aufregung, seine Stimme heiser.
    „Oben im Café warten zwei Typen vom LAPD, die dich sprechen möchten. Ihre Kollegen befragen gerade die Mieter, ob sie was im Zusammenhang mit der Schießerei gestern Nacht gesehen haben.“ Für eine Sekunde starrte sie ihn nur an. „Ach so“, fügte Felipe hinzu, „und erzähl ihnen bloß nicht, du hättest die Nacht zu Hause im Bett verbracht. Dein Ex-Detektive Mark Johnson hat bis heute früh um vier Uhr morgens versucht, dich zu erreichen. Da du offenbar nicht an dein Telefon gegangen bist, hat er hier unten angerufen, um herauszufinden, ob du zu Hause bist.“
    Sie unterdrückte einen Fluch.
    „Bitte sag, dass du eine heiße Nacht mit deinem Maler verbracht hast, weit weg von jeder Schießerei, und dass du ihn anrufen kannst, damit er das bestätigt.“
    „Der Teil mit der heißen Nacht stimmt.“ Eve fuhr sich durch die Locken. „Hast du eine Ahnung, was die von mir wollen?“
    „Ich weiß nur, dass sie nicht weggehen werden, bevor sie dich nicht befragt haben. Die gute Nachricht ist, dass sie keinen Durchsuchungsbefehl für dein Apartment haben. Also stehst du wohl nicht unter dringendem Mordverdacht, falls es das ist, was dir Kopfzerbrechen bereitet.“
    „Hör mal Felipe, wenn überhaupt, dann bin ich das Opfer, nicht der Täter.“
    Er hob die Hände. „Ich hab dir gleich gesagt, du sollst die Bullen anrufen. Ist immer besser, als wenn sie von sich aus kommen.“
    Es konnte eigentlich nur wegen der Schießerei gestern Abend sein. Vielleicht hatte jemand sie gesehen. Oder ihre Tasche gefunden. Die hatte sie verloren, als der engelhafte Killer sie angegriffen hatte, und anders als ihre Pistole hatte Alan sie nicht aufgesammelt und

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