Engelsflammen: Band 3 (German Edition)
verlieren. Aber er war nicht Bill …
Er war nicht einfach ein Dämon, nicht wie Steven, nicht einmal wie Cam in seinen schlimmsten Zeiten.
Er war das fleischgewordene Böse.
Und sie war mit ihm zusammen gewesen, er hatte ihr die ganze Zeit über im Nacken gesessen.
Sie versuchte, sich von ihm abzuwenden, aber seine Dunkelheit war überall. Es sah aus, als schwebe sie an einem Nachthimmel, aber alle Sterne waren unendlich weit entfernt, von der Erde keine Spur. Ganz in der Nähe waren Flecken von dunklerer Schwärze, wirbelnde Abgründe. Und ab und zu erschien ein Lichtstrahl, ein Hoffnungsschimmer, Erhellung. Dann verschwand das Licht wieder.
»Wo sind wir?«, fragte sie.
Satan grinste höhnisch über die Sinnlosigkeit ihrer Frage. »Im Niemalsland«, antwortete er. Seine Stimme besaß nicht mehr den vertrauten Tonfall ihres Reisegefährten. »Im dunklen Herzen des Nichts, in der Mitte von allem. Weder Himmel noch Erde noch Hölle. Ein Ort der dunkelsten Durchgänge. Nichts, was dein Geist in diesem Stadium ermessen kann, daher sieht es für dich wahrscheinlich nur« – seine roten Augen traten hervor – » erschreckend aus.«
»Was ist mit diesen Lichtblitzen?«, fragte Luce und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie beängstigend der Ort auf sie wirkte. Sie hatte schon mindestens vier Lichtblitze gesehen, strahlende Feuerstürme, die sich aus dem Nichts entzündeten und schnell in dunklere Regionen des Himmels entschwanden.
»Ach, die.« Bill beobachtete einen Blitz, als er aufflammte und hinter Luce’ Schulter verschwand. »Engel reisen. Dämonen reisen. Viel los heute Nacht, nicht? Jeder scheint irgendwohin unterwegs zu sein.«
»Ja.« Luce wartete auf eine weitere Lichtexplosion. Als sie kam, warf sie einen Schatten über Luce, und sie griff in der verzweifelten Hoffnung danach, einen Verkünder herauszuschütteln, ehe das Licht verschwand. »Ich auch.«
Der Verkünder dehnte sich schnell in ihren Händen aus, so schwer und drängend und geschmeidig, dass sie für einen Moment dachte, sie würde es vielleicht schaffen.
Stattdessen spürte sie einen groben Griff um ihre Seiten. Bill hatte ihren gesamten Körper mit seiner schmuddeligen Kralle umfasst. »Ich bin einfach noch nicht bereit, jetzt schon Lebewohl zu sagen«, flüsterte er mit einer Stimme, die sie erschauern ließ. »Ich habe dich nämlich so ins Herz geschlossen. Nein, warte, das ist es nicht. Ich hatte dich schon immer … ins Herz geschlossen.«
Luce ließ den Schatten in ihren Fingern sich in ein Nichts auflösen.
»Und wie alle Geliebten brauche ich dich in meiner Gegenwart, vor allem jetzt, damit du mir nicht noch mal meine Pläne verdirbst.«
»Zumindest hast du mir jetzt ein Ziel gegeben«, erwiderte Luce und wehrte sich gegen seinen Griff. Es hatte keinen Zweck. Er packte sie fester und drückte ihr die Knochen zusammen.
»In dir brannte schon immer ein Feuer. Ich mag das an dir.« Er lächelte. Es war ein schreckliches Lächeln. »Wenn dein Funke doch nur im Innern bleiben würde, hm? Manche Leute sind einfach nur unglücklich verliebt.«
»Sprich nicht mit mir über Liebe«, zischte Luce. »Ich kann nicht glauben, dass ich auch nur auf ein Wort aus deinem Mund gehört habe. Von Liebe verstehst du gar nichts.«
»Das habe ich schon mal gehört. Und ich weiß zufällig etwas Wichtiges über Liebe: Du denkst, deine sei größer als der Himmel und die Hölle und das Schicksal aller, die dazwischen wohnen. Aber du irrst dich. Deine Liebe zu Daniel Grigori ist weniger als bedeutungslos. Sie ist nichts!«
Sein Ausruf war wie eine Druckwelle, die Luce das Haar zurückwehte. Sie schnappte nach Luft. »Sag, was du willst. Ich liebe Daniel. Ich werde ihn immer lieben. Und das hat nichts mit dir zu tun.«
Satan hielt sie dicht vor seine roten Augen und kniff ihr mit seiner schärfsten Zeigefingerkralle in die Haut. »Ich weiß, dass du ihn liebst. Er hat dir völlig den Verstand geraubt . Sag mir einfach, warum.«
»Warum?«
»Warum. Warum er? Fass es in Worte. Lass es mich wirklich fühlen. Ich will gerührt werden.«
»Es gibt eine Million Gründe. Ich liebe ihn einfach.«
Sein Lächeln wurde breiter und entblößte hässliche schiefe Zähne und ein Geräusch wie tausend knurrende Hunde kam tief aus seinem Inneren. »Das war eine Prüfung. Du bist durchgefallen, aber es ist nicht deine Schuld. Nicht ganz. Es ist eine bedauerliche Nebenwirkung des Fluches, mit dem belegt bist. Du kannst keine Entscheidungen mehr
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