Engelsflammen: Band 3 (German Edition)
dieses Körpers überhaupt nicht tragisch – es war nur das Ende eines Kapitels. Eine schöne, notwendige Erlösung.
Auf der Treppe hinter ihnen erklangen Schritte. Der Herzog kehrte mit seinen Männern zurück. Daniel packte sie an den Schultern.
»Lys, hör mir zu …«
»Küss mich«, flehte sie. Daniels Gesicht veränderte sich, als war es nur das, was er hören wollte. Er hob sie hoch und drückte sie eng an seine Brust. Eine heiße Welle durchlief ihren Körper, als sie ihn immer leidenschaftlicher küsste und sich vollkommen in dem Kuss verlor. Sie bog den Rücken und wandte ihr Gesicht dem Himmel zu und küsste Daniel, bis ihr schwindlig war vor Glück. Bis finster wirbelnde Schattenspuren die Sterne über ihnen verdunkelten. Eine schwarzglänzende Sinfonie. Aber dahinter: Da war Lich t. Zum ersten Mal konnte Luce spüren, wie das Licht hindurchschien.
Es war absolut himmlisch.
Es war Zeit für sie zu gehen.
Hau ab, solange du noch kannst, hatte Bill sie gewarnt. Solange sie noch lebte.
Aber sie konnte jetzt noch nicht gehen. Alles war noch so warm und schön. Daniel küsste sie noch immer, wild vor Leidenschaft. Sie öffnete die Augen, und die Farben seiner Haare und seines Gesichtes und der Nacht selbst brannten heller und schöner, von einem intensiven Strahlen erleuchtet.
Dieses Strahlen kam tief aus Luce’ Innerem.
Mit jedem Kuss näherte sich ihr ganzer Körper dem Licht. Dies war der einzig wahre Weg zurück zu Daniel. Aus einem irdischen Leben hinaus und in ein anderes hinein. Luce würde mit Freuden tausendmal sterben, solange sie nur auf der anderen Seite wieder mit ihm zusammen sein konnte.
»Bleib bei mir«, flehte Daniel, als sie schon spürte, wie sie erglühte.
Sie stöhnte. Tränen strömten ihr übers Gesicht. Ein unendlich sanftes Lächeln öffnete ihre Lippen.
»Was ist los?«, fragte Daniel. Er wollte nicht aufhören, sie zu küssen. »Lys?«
»Es ist … so viel Liebe«, sagte sie und öffnete die Augen in dem Moment, als das Feuer in ihrer Brust aufloderte. Eine Lichtsäule explodierte in die Nacht hinein und schoss Hitze und Flammen hoch in den Himmel hinauf, riss Daniel von den Füßen, riss Luce aus dem Tod von Lys heraus und in eine Finsternis hinein, wo sie fror und nichts sehen konnte. Sie zitterte, als sie ein Schwindel überkam.
Dann: Ein winzig kleiner Lichtblitz.
Sie konnte Bills Gesicht erkennen. Es schwebte mit einem besorgten Ausdruck über ihr. Sie lag bäuchlings auf einer flachen Oberfläche, hörte Wasser in der Nähe tröpfeln, roch kühle, modrige Luft. Sie war in einem Verkünder gelandet.
»Du hast mich erschreckt«, beklagte sich Bill. »Ich wusste nicht … ich meine, als sie starb, wusste ich nicht, wie … wusste ich nicht, ob du vielleicht irgendwie feststecken würdest.« Er schüttelte den Kopf, als wolle er den Gedanken vertreiben.
Sie versuchte aufzustehen, aber ihre Beine waren wackelig, und alles um sie herum fühlte sich unglaublich kalt an. Sie saß im Schneidersitz an die steinerne Mauer gelehnt. Sie trug wieder das schwarze Kleid mit dem smaragdgrünen Besatz. Die smaragdgrünen Pantöffelchen standen nebeneinander in der Ecke. Bill musste sie ihr ausgezogen und sie hingelegt haben, nachdem sie … nachdem Lys … Luce konnte es immer noch nicht fassen.
»Ich konnte Dinge sehen, Bill. Dinge, von denen ich bisher nichts gewusst hatte.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, dass sie glücklich war, als sie starb. Ich war glücklich. Ekstatisch. Es war einfach alles so wunderschön.« Ihre Gedanken rasten. »Zu wissen, dass er auf der anderen Seite für mich da sein würde, zu wissen, dass ich nur vor etwas floh, das falsch und unterdrückend war. Dass die Schönheit unserer Liebe den Tod überdauert, alles überdauert. Es war unglaublich.«
» Unglaublich gefährlich«, sagte Bill knapp. »Das mache n wir nicht noch einmal, okay?«
»Verstehst du denn nicht? Seit ich Daniel in der Gegenwart verlassen habe, ist dies das Beste, was mir passiert ist. Und …«
Aber Bill war wieder in die Dunkelheit verschwunden. Sie hörte das Plätschern des Wasserfalls. Einen Moment später folgte das Geräusch von kochendem Wasser. Als Bill zurückkam, hatte er Tee gemacht. Er trug die Kanne auf einem dünnen Metalltablett und reichte Luce einen dampfenden Becher.
»Wo hast du das her?«, fragte sie.
»Ich sagte, das machen wir nicht noch einmal, okay?«
Aber Luce war zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um ihm zuzuhören. So nah war
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