Engelsgrab
aufnimmt.«
»Ich brauche Beweise«, erklärte Travers.
»Deshalb habe ich Ihnen ein paar Standfotos mitgebracht.« Brady zog sie hervor und legte sie auf die anderen.
»Reicht Ihnen das? Erkennen Sie Ihren Mandanten jetzt wieder?«
Travers schien es die Sprache verschlagen zu haben.
»Nicht sehr geschmackvoll, nicht wahr?«, fuhr Brady fort. »Genau genommen gehören die Fotos zu den schlimmsten dieser Art, die ich in meiner Laufbahn gesehen habe. Die Filme hat Ihr Mandant übrigens regelmäßig für andere Gleichgesinnte ins Internet gestellt, mitunter sogar täglich.«
Travers war rot angelaufen. »Legen Sie die Fotos weg«, bat er angewidert.
»Das Dezernat für Verbrechen gegen Minderjährige wird sich mit dem Fall beschäftigen. Angesichts der Sammlung, die Mr Simmons angelegt hat, dürfte er die nächsten Jahre im Gefängnis verbringen. Ich fürchte, Kinderschänder werden dort nicht sehr geschätzt.«
Travers rang sichtlich um Fassung. »Ich möchte mich mit meinem Mandanten unter vier Augen beraten.«
»Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen«, entgegnete Brady und nickte Conrad zu. »Ihr Mandant geht ja so schnell nirgendwohin.«
Er beendete die Vernehmung und stand auf.
»Ich wünschte, wir hätten nicht erst durch den Mord von Ihrem Missbrauch erfahren«, sagte er zu Simmons. »Denn ganz gleich, was mit Ihnen geschieht, es wird das nie wiedergutmachen, was Sie einem kleinen Mädchen angetan haben.« Er hielt Simmons eines der Fotos hin. »Elf Jahre war sie da und von Ihnen so aufgerissen, dass wir die Narben noch vier Jahre später während der Obduktion erkennen konnten.«
Simmons wandte den Blick ab.
»Schauen Sie sich das Foto gefälligst an!«, herrschte Brady ihn an. »Am liebsten würde ich sie Ihnen allesamt in den Rachen schieben und zusehen, wie Sie daran ersticken.«
»Lassen Sie das«, beschwerte sich Travers. »Solche Drohungen sind nicht akzeptabel.«
»Sie können mich ja verklagen«, entgegnete Brady und steckte die Fotos zurück.
Er winkte Conrad zu sich. »Kommen Sie, ich halte es hier keine Sekunde länger aus.«
Kapitel 59
Brady saß in der Kantine und war bei seiner dritten Tasse Kaffee. Essen konnte er nach der Vernehmung von Simmons nicht. Zum Glück brauchte er ihn in der nächsten Zeit auch nicht mehr zu sehen, denn die Kollegen des zuständigen Dezernats waren schon auf dem Weg, um ihn abzuholen. Irgendwann würde Brady vor Gericht wieder auf ihn treffen und sein Bestes tun, damit der Mistkerl das bekam, was er verdient hatte.
Bradys Blick fiel auf die vergitterten Fenster. Er fragte sich, was Matthews wohl so durch den Kopf gehen mochte. Brady konnte ihn nicht mehr verstehen, das war nicht mehr Matthews, so wie er ihn seit sechzehn Jahren gekannt hatte. Sicher war er hinter jedem Rock her gewesen, aber bisher nicht hinter blutjungen Mädchen, und ganz sicher war er kein Mörder gewesen. Über die verschmierten Fensterscheiben rannen Regentropfen, und der Blick auf die Außenwelt verschwamm. Warum sitze ich überhaupt hier, dachte Brady. Warum suche ich mir den hässlichsten Ort im ganzen Haus, um nachzudenken?
Als Nächstes wünschte er, er wäre am Abend im Fat Ox geblieben, statt Madley zu besuchen und später in Matthews’ Garage herumzuschnüffeln – als hätte er nicht genügend eigene Probleme. Matthews würde denken, er hätte ihm eine Falle gestellt – zuerst nach Beweisen gesucht und dann Gates mitsamt Verstärkung geholt. Er wusste ja nicht, dass Conrad dahintersteckte, was andererseits ein Glück gewesen war, denn sonst wäre Brady jetzt vermutlich tot und Matthews über alle Berge.
Von den Fenstern her fiel fahles Licht in den Raum, und über Brady flackerten die Neonröhren. Er leerte seine Tasse und beschloss zu gehen.
Dann klingelte sein Handy.
»Was ist?«, fragte er mit belegter Stimme.
»Ich habe es gehört«, sagte Jenkins.
Brady schloss die Augen.
»Conrad hat mich benachrichtigt«, setzte sie hinzu.
»Tut mir leid, dass ich es nicht war.«
»Das war kein Vorwurf. Ich stehe hier auch nur, weil Sie aussehen, als bräuchten Sie jemanden zum Reden.«
Brady schaute auf. Jenkins stand nur wenige Meter von ihm entfernt. Er hatte nicht einmal gehört, dass sie hereingekommen war.
»Irrtum.« Brady legte sein Handy fort. »Ich bin ganz und gar nicht in Plauderstimmung.«
»Von Plaudern war auch keine Rede.« Jenkins setzte sich zu ihm.
Brady starrte vor sich hin.
»Ich möchte, dass Matthews mit mir spricht«, begann er
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