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Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Titel: Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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hätten, jeder Gang müsse mindestens so breit sein wie ein Sarg.
    Ihre Wohnung befand sich im Dachgeschoss eines schmalbrüstigen, grau verputzten Hauses am Ende des Ganges. Das erste Stockwerk war an einen jungen Russen vermietet, der fast nie da war. Die Besitzerin des Hauses, Susanne Herbold, beanspruchte das Erdgeschoss und einen winzigen Garten im Hinterhof für sich.
    Nach ein paar gemeinsamen Abenden und mehreren geleerten Flaschen Wein hatte Pia Susanne etwas besser kennen gelernt. Sie war Ärztin von Beruf und arbeitete im nahe gelegenen Marienkrankenhaus. Ihren vierjährigen Sohn Lennart zog sie allein groß. Pia mochte die humorvolle und offenherzige Frau. Ihre eigene Wohnung fühlte sich mehr wie ihr Zuhause an, seit sie wusste, wer mit ihr in diesem Gebäude wohnte.
    Nachdem sie ihr Fahrrad im Hinterhof abgestellt hatte, trat Pia ins Haus und stieg mit eiligen Schritten die knarrendeHolztreppe nach oben. Als sie die Tür zu ihrer Wohnung öffnete, wogte ihr ein Schwall aufgeheizter, abgestandener Luft entgegen. Hier oben war es so unerträglich warm wie in einem Backofen. Ihre erste Tat nach dem Betreten der Wohnung war, die Tür zum Küchenbalkon weit aufzustoßen. Dann stellte sie im Schlafzimmer das Dachflächenfenster waagerecht und riss zuletzt noch die zwei beweglichen Flügel des Atelierfensters im Wohnraum auf.
    Der leichte Luftzug ließ die vertrockneten Blätter des Zyperngrases rascheln und wirbelte ein paar Staubflusen über die blanken Dielen.
    Ein unbestreitbarer Vorteil dieser Wohnung war, trotz hohen Sanierungsbedarfs, das gute Licht, das durch das gen Norden gelegene Atelierfenster hereinfiel. Wenn Pia genug davon hatte »Verbrecher zu jagen«, wie ihre Mutter es nannte, oder mit dem Fahrrad durch die Gegend zu rasen, dann malte sie.
    Ihre Machwerke waren großflächig, dunkel und stets innerhalb weniger Stunden fertig gestellt. Künstlerische Ambitionen hatte Pia keine. Ihr gefiel die Konzentration, die das Malen erforderte. Die Motive wirkten auf ahnungslose Betrachter eher verschreckend. Daher standen die meisten Bilder mit der Vorderseite gegen die Wand gelehnt oder verstaubten in einer Ecke. Doch auf wen nahm sie hier eigentlich noch Rücksicht? Ihr Freund Robert, der sich nie mit ihren Bildern hatte anfreunden können, war … Geschichte.
    Pia mixte sich aus dem Rest Tomatensaft, den sie im Kühlschrank fand, und ihrem neuen Wodka eine Bloody Mary. Die Flasche hatte ihr Untermieter ihr aus seiner Heimat mitgebracht, weil sie sich während seiner Abwesenheit um seine neurotische Katze gekümmert hatte. Was waren schon dreißigmalTreppe rauf- und runterlaufen und ein blutig gekratztes Handgelenk gegen einen echten russischen Gschelka?
    Pia ließ ein paar Eiswürfel in die rote Flüssigkeit plumpsen und ging hinüber ins Wohnzimmer. Dort stellte sie sich, das kühle Glas an ihre Stirn pressend, ans offene Fenster.
    Die Dächer der Altstadt erstreckten sich vor ihr wie ein Flickenteppich. Die warm gewordene Dachpappe neben dem Atelierfenster dünstete eine Geruchsmischung aus, die irgendwo zwischen Klebstoff und Straßenbau lag. Auch der Geruch von Grillfleisch schien in der Luft zu hängen. Pia schluckte und registrierte, dass sie hungrig war. Sie war aber auch zu faul, um sich noch einmal ins Getümmel zu stürzen, um etwas zu essen. Irgendwo hinten im Küchenregal musste noch eine Tüte Paprika-Chips liegen. Morgen war Samstag, da konnte sie Lebensmittel einkaufen fahren und mal wieder aufräumen …
    Pias Blick fiel auf den Bürostuhl neben dem Fenster und die zwei überquellenden Pappkartons daneben. Dieser Müllhaufen allerdings war ein Affront. Das ganze Zeug gehörte nicht ihr, sondern Robert.
    Nach der Nacht mit Marten Unruh hatte es noch ein monatelanges Hin und Her zwischen ihnen gegeben, doch seit ein paar Wochen war endgültig Schluss. Den emotionalen Todesschuss für die langjährige Beziehung hatte Pias Kollege Heinz Broders abgefeuert. Er war von einem Seminar aus Hamburg zurückgekehrt und hatte die Bemerkung fallen lassen, KHK Robert Voss’ neue Freundin sei ein ziemlich scharfes Gerät … Es wurde Zeit, dass Roberts Sachen aus ihrem Blickfeld verschwanden. Pia wollte nicht mehr an ihn denken müssen.
    Sie stellte ihr fast leeres Glas auf dem Schreibtisch ab undschaltete den Computer ein. Einem plötzlichen Impuls nachgebend begann sie, eine E-Mail an Robert zu formulieren. Sie forderte ihn auf, unverzüglich seine Sachen aus ihrer Wohnung zu entfernen. Die zwei

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