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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Söldner verdingt, erst den Johannitern gedient, dann dem Schwedenkönig, später den Anhaltinern und einem halben Dutzend anderer Fürstenhäuser, die für mehr Land oder ihre Kirche oder beides fochten.
    Er bezweifelte, dass sein Vater jemals eine Waffe in der Hand gehalten hatte. Thomasz’ Hände waren weich und empfindlich, wie die Pergamentseiten, die sie jeden Tag berührten. Thomasz war alt und sein Blut mächtig, aber Carl würde ihn zerbrechen.
    Hinter dieser Bürde lauerte der Gedanke an sie. Weiche, rabenschwarze Haarsträhnen, ein unbarmherziger Zug um ihre Mundwinkel, den er mit seinen Küssen fortgenommen hatte. Diese Libelle, ein Abbild ihrer filigranen Erscheinung, die über die Härte in ihrem Inneren hinwegtäuschte. Er wusste, dass diese Härte nur eine weitere Schicht abschirmte, noch tiefer drinnen. Er hatte es gesehen, gespürt in dieser Nacht. Jetzt war sie in seinem Kopf und er konnte nicht aufhören, über sie nachzudenken.
    Er hatte Cyric und Keith noch nichts von Etherlight erzählt, hatte auch Carl Miller nicht erwähnt, den Kopf der Sekte mit der Stimme eines Literaten und der pathologischen Neugier eines Serienmörders. Die Erinnerung an das fahle Gesicht mit den wasserblauen Pupillen ließ ihn schaudern.
    Er trat ans Fenster und blickte hinaus auf das Bündel rostiger Rohrleitungen, die sich wie eine Brücke über den Hof zogen. Carl war nur ein Mensch. Er mochte über eine mächtige Organisation verfügen, mächtiger sogar, als Gabriel zuerst vermutet hatte, aber er blieb ein Mensch. Sein Körper konnte so leicht zerstört werden wie der jedes anderen Menschen.
    Und er würde ihn zerstören. Ein paar Sekunden schwelgte er in der Vorstellung, seine Hände in Carls Blut zu baden. Mit dem, was Pascal ihm über das Verschwinden der anderen Schattenläufer erzählt hatte, gewann seine Begegnung mit Carl eine neue Tragweite. Doch warum hatte Gabriel keinen anderen vom Blut auf Matavilya Crest gespürt? Bedeutete es, dass Carl sie alle getötet hatte? Oder gab es noch mehr Orte wie diese einsame Festung in der Wüste, an denen Etherlight seinen undurchsichtigen Geschäften nachging? Und welches Motiv lag hinter den Entführungen? Carls Suche nach einem leibhaftigen Engel?
    Das war verrückt. Carl war vielleicht ein Psychopath, doch kein Idiot. Er würde nicht ziellos Jagd auf Schattenläufer machen, in der vagen Hoffnung, dass irgendeiner seine Fragen beantworten konnte.
    Wie konnte Etherlight überhaupt Träger des Blutes ausfindig machen? Äußerlich unterschieden sie sich nicht von gewöhnlichen Menschen. Nur ein Schattenläufer war in der Lage, einen anderen seiner Art zu erkennen. Die einzige Erklärung bestand darin, dass Carl einen Insider hatte, einen Verräter, der selbst das Blut in sich trug und Etherlight als Spürhund diente.
    Doch das war Spekulation. Gabriel wandte sich vom Fenster ab. Es gab zu viele Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Er musste etwas tun, aber fühlte sich, als irre er mit verbundenen Augen durch ein Labyrinth. Der Preis für sein Versagen war der Tod seines Vaters. Es machte ihn wahnsinnig.
    Ihm blieb nichts anderes übrig, als mit Katherina zu reden. Auch wenn er viel darum gegeben hätte, diese Begegnung zu vermeiden.

    „Sieht aus wie eine Schönheitsklinik in Orange County“, raunte Violet. Sie hörte Marshalls Atem in dem winzigen Ohrstöpsel.
    Der Vorplatz des Instituts war mit Basalt gepflastert. Sorgfältig geschnittener Rasen rahmte die Steinplatten.
    „Frag sie doch, ob sie deine Brüste machen wollen.“
    Sie schnaubte. „Was stimmt nicht mit meinen Brüsten?“
    „Woher soll ich das wissen? Es sind deine Brüste.“
    Lautlos glitten die Glastüren auseinander, als sie sich näherte. Die Silberriemchen an den Jessica-Simpson-Sandalen schnitten ihr schmerzhaft in die Fersen, aber die Absätze klapperten effektvoll auf dem Hochglanztravertin. Sie erhaschte einen Blick auf ihr Spiegelbild, die hellblaue Kunstlederjacke über einem Sommerkleidchen, das sie sich von Camilla, Marshalls modebewusster Cousine, geliehen hatte, und hoffte, dass man ihr die Beverly-Hills-Göre aus reichem Hause abkaufte.
    Die Lobby war kreisförmig konstruiert, Glas, Leder und geschliffener Stahl. Klaviermusik wehte aus versteckten Lautsprechern. Neben der Rezeption befanden sich zwei Aufzüge. Eine elegant gekleidete Afroamerikanerin mit Modelmaßen stand hinter dem Tresen und klapperte auf ihrer Tastatur, während eine ältliche Dame auf sie einredete.
    „Es

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