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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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aggressiver als die, die Pascal verströmte. Einer der beiden war Keith, ein Philippino mit kurz geschorenem Haar, der zu Katherinas Garde gehörte. Den anderen, einen blonden Hünen mit steinernen Gesichtszügen, hatte er nie zuvor gesehen.
    „Gabriel.“ Pascal wich einen Schritt zurück. „Ich bin froh, dass du gekommen bist.“
    „Was ist hier los?“
    „Sie haben Thomasz mitgenommen.“
    „Und Jibran“, fügte der Blonde hinzu. „Keine Chance. Wir haben sie in den Kanälen verloren.“
    Die Kleidung der beiden Schattenläufer war bis zu den Hüften durchnässt. Noch immer verstand Gabriel nicht, was hier vorging. Der Eisklumpen in seinem Magen schwoll an.
    „Das ist schlecht“, grollte Pascal. „Sehr schlecht.“
    „Ein paar von unseren Leuten durchkämmen die Seitenarme, aber wir haben das zuvor schon getan.“ Der Blonde hob beide Hände in einer defensiven Geste. „Wir haben die halbe verfluchte Stadt auf den Kopf gestellt.“
    „Tut mir leid wegen dem hier.“ Pascal hob das Schwert an. „Ich habe dich nicht gleich erkannt. Ich dachte, du gehörst zu denen.“
    „Was zum Teufel ist passiert?“ Gabriel versuchte nicht, die Schärfe in seinem Tonfall zu unterdrücken.
    „Wir waren sorglos.“ Die Schultern des Waffenschmieds sackten nach vorn. „Wir konnten uns an fünf Fingern abzählen, dass sie irgendwann hier auftauchen. Und jetzt haben sie Thomasz und Jibran.“
    „Und wer sind die?“
    „Es tut mir leid.“ Pascal senkte den Blick. Seine Stimme bröckelte. „Es tut mir so leid.“

    Es war kurz nach zehn, als Violet endlich vor ihrem Apartment parkte. Sie war todmüde, jeder Muskel schmerzte. Die langen Stunden auf dem Freeway, das Flirren der Rücklichter und ihre Anstrengungen, nicht einzuschlafen, indem sie abwechselnd die Klimaanlage bis zum Anschlag aufdrehte und dann wieder das Fenster aufriss – das alles ließ die Erlebnisse der vergangenen zwei Tage immer unwirklicher erscheinen. Fast konnte sie sich einreden, dass es nicht mehr gewesen war als ein böser Traum.
    Jedenfalls, wenn sie die Delle im Kotflügel des Saab ignorierte und die kleine weiße Schachtel neben sich auf dem Beifahrersitz. Und Gabriels Duft, der besitzergreifend in ihrer Kleidung hing.
    Sie stopfte die Browning und Emilys Luxusfummel in die Handtasche, verriegelte den Saab und erklomm steifgliedrig die Außentreppe zu ihrem Apartment. Ihre Wohnung lag im zweiten Stock eines Mietshauses in einer schäbigen, aber einigermaßen sicheren Nachbarschaft. Die Tatsache, dass nur eine Mauer sie vom Freeway trennte, hielt die Miete niedrig. Mit dem Lärm konnte sie leben. Der war nicht schlimmer als das Geschrei der philippinischen Nachbarskinder und die Brüllorgien, die sich das Paar ein Stockwerk über ihr lieferte, wenn sie genug getrunken hatten.
    Sie entdeckte Marshall schon von Weitem. Er saß in dem Korbstuhl neben ihrer Haustür und hatte seine Füße auf die Holzkiste gelegt, in der sie Krempel lagerte, den sowieso keiner klauen wollte. Als er sie bemerkte, ließ er sein Buch sinken.
    „Du verdirbst dir die Augen bei dem Licht“, sagte sie.
    „Freut mich auch, dich zu sehen.“
    Marshall lächelte sie unverdrossen an. Glatt rasiert, mit seinem weißen Hemd über den Cargohosen, das Haar ordentlich zum Zopf gebunden, verkörperte er mal wieder den Traum jeder hispanischen Schwiegermutter. Wahrscheinlich renkten sich die beiden Teenager im Nachbarapartment schon die Hälse aus beim Versuch, ihn durch die Fenster anzustarren. Violet widerstand der kindischen Versuchung, ihn abzuküssen, nur um die Mädels neidisch zu machen.
    „Was liest du da?“ Sie erhaschte einen Blick auf den Buchumschlag. „Die göttliche Komödie?“
    „Sag nichts. Schließ einfach die Tür auf und freu dich, dass ich dir ein Abendessen gekauft habe.“
    Sie gehorchte ohne Widerspruch. Natürlich war sie froh, ihn zu sehen. Sie war nur zu erschöpft, um ihre Freude in Worte zu kleiden. Marshall verstand sie auch so. Er war ihr bester Freund. Der einzige, wenn sie darüber nachdachte. Seit sie ihn vor fünf Jahren aus der Gosse gezogen hatte, war ein stilles Vertrauen zwischen ihnen gewachsen. Damals hatte sie noch für die DEA gearbeitet und darüber hinweggesehen, dass er Crack an Straßenecken vertickte, im Gegenzug für Informationen über die großen Fische. Nach ihrem Rauswurf bei der Agency hatten sie zusammen die Detektei gegründet. Marshall war ein begnadeter Hacker. Sie hatte ihn gefragt, warum er sein Talent nicht zu

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