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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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dieser Versuchsreihe zurücktrete, dann kriegen Sie den PR-Gau des Jahrhunderts, darauf können Sie sich verlassen.“
    Mara nickte, den Telefonhörer schon in der Hand. Sie fragte nicht einmal, wer Amy eigentlich war. Fünf Minuten später hatte Elena Bartoc ihren Termin, und Mara wagte nicht zu fragen, für welche Testreihe genau sich Miss Bartoc zur Verfügung stellte.
    Mit klackenden Absätzen marschierte Violet an Mara vorbei in den Aufzug, der sich wie von Geisterhand öffnete.
    „Das läuft ja wie geschmiert“, murmelte sie, als sich die Kabinentür hinter ihr schloss.
    „Du schaust zu viel Nipp/Tuck“, kommentierte Marshall. Er klang schwer beeindruckt.
    Sie schob ihre Füße in den Jessica-Simpson-Sandalen hin und her, um die Schmerzen zu lindern. Wie hielten diese Hühner das bloß aus?

    Die Galerie Petrowska lag an der Hill Street, Ecke Siebte Straße in Downtown, ein unscheinbarer Eingang zwischen Broadway Trade Center und einem mexikanischen Schnellrestaurant. Jacarandabäume verschatteten die hohen Fenster. Auf den Granitstufen sonnte sich eine grau getigerte Katze, die nur mit den Ohren zuckte, als Gabriel über sie hinwegstieg und die Tür aufstieß. Sofort umfing ihn kühle Stille. An den Wänden des Foyers hingen riesige Cartoongemälde, Explosionen aus Farben, die das Licht zum Sprühen brachten. Er drückte gegen eine Platte in der verspiegelten Seitenwand. Eines der Paneele glitt lautlos beiseite und offenbarte einen Durchgang zum Büro.
    Katherina Petrowska stand am Fenster und wandte ihm den Rücken zu. Ein Wasserfall silberblonden Haars fiel ihr hinab auf die Hüften. Sie war groß und schlank und von einer Aura herrschaftlicher Eleganz umgeben, die in dieser Umgebung fast anachronistisch wirkte. Ohne Eile drehte sie sich um.
    „Hallo Katherina“, sagte Gabriel.
    „Ich dachte mir, dass du auftauchen würdest.“ Ihre perfekt geschminkten Lippen bewegten sich kaum. Nicht der kleinste Anflug eines Lächelns glitt über ihr Antlitz. „Was willst du?“
    Die Herrin über die Garde von Los Angeles und Besitzerin einer gut gehenden Galerie machte sich keine Mühe, Freundschaft zu heucheln. Nun gut, dann würde er es auch nicht tun.
    „Thomasz wurde entführt. Und ein paar Dutzend andere vom Blut. Was gedenkt die Garde, dagegen zu tun?“
    Sie hob eine Braue. „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.“
    „Jemand macht Jagd auf unsere Art und ihr könnt ihn nicht aufhalten. Ist das nicht die wichtigste Verpflichtung der Garde? Die Kinder des Bluts vor Bedrohungen zu schützen? Oder hat die Garde ihre Macht verloren? Ein Tiger ohne Zähne, der ...“
    „Hör auf!“, fuhr sie ihn an.
    Es bereitete ihm Genugtuung, dass sie so leicht aus der Fassung geriet.
    „Dass du es wagst, dich hier blicken zu lassen.“ Ihre Worte waren Säure, die zischend auf Eisscherben trifft. „Was kümmert es dich überhaupt? Warum versteckst du dich nicht weiter in deiner Einsiedelei, bis die Sache ausgestanden ist? Stiehlst dich aus der Verantwortung, wie sonst auch?“ Ihr Gesicht war steinern, doch ihre Augen loderten. „Was willst du hier? Mir Vorwürfe machen? Oder fühlst du dich schuldig, weil dein Vater einem Unheil zum Opfer gefallen ist, von dem du bis gestern Nacht nicht einmal wusstest, dass es existiert? Weil es dir so verdammt egal ist, was mit uns anderen passiert?“
    Die Befriedigung verglühte in einer Stichflamme aus Wut, die ihm schier den Atem nahm. Seine Hände verkrampften sich zu Fäusten, während er um seine Beherrschung kämpfte. Er machte einen Schritt auf Katherina zu, deren Körper sich mit einem Ruck spannte.
    „Komm doch“, flüsterte sie. „Lass uns herausfinden, wer der Stärkere ist.“
    Die Vernunft war eine tonlose Stimme, die unter dem Dröhnen des Herzschlags in seinen Ohren zu ersticken drohte. Auf einer abstrakten Ebene seines Verstandes wusste er, dass Katherina ihn nur provozierte. Er würde Thomasz nicht retten, indem er sie bekämpfte. Sie mussten ihre Kräfte bündeln, anstatt sich einander an die Kehle zu gehen, sich auf die echte Bedrohung konzentrieren. Doch ihr Blick war ein Spiegelbild seiner Mordlust, eine Einladung zum Blutvergießen. So stand er starr, lauschte dem Rauschen seines Blutes und wartete, dass seine Fäuste zu zittern aufhörten. Er hielt Katherinas Blick fest, diesen Abgrund aus Hunger und Wut und spürte, wie sich die dünnen Fäden seiner Selbstbeherrschung verfestigten. Enttäuschung sank in Katherinas smaragdfarbene Pupillen, als sie

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