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Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln

Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln

Titel: Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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soll.
    Wir brauchten für diese eine Szene bis kurz nach 18 Uhr, weil der Josef viel zu leise rappte und sich immer wieder verhaspelte. Zum Beispiel ging sein Text an einer Stelle so:
    Ãœberall s ind wir verstoßen/Jedes Tor ist uns verschlossen!
    Garantiert vier Mal brachte er das nicht auf die Reihe und rappte: Überall sind wir ge… verschlossen …
    Na ja.
    Chris Löwenfeld war sehr geduldig, nur die Leute vom Orchester lästerten über den Blödmann, der den Unterschied von schließen und stoßen nicht kapierte.
    Ich glaube aber, dass der Josef nur deshalb so durcheinanderkam, weil ihn der Wirt mit seinem gemeinen Lächeln nervte: Yasin grinste absolut fies und tappte immerzu mit der Fußspitze auf den Boden, wodurch er ihm signalisierte, dass er Jonas für den allerletzten Schauspieler hielt. Als Chris Löwenfeld rief: »Ganz so überheblich musst du den Wirt nicht geben, Yasin!«, erwiderte der cool: »So sehe ich aber die Rolle, Herr Löwenfeld. Ich meine, der Wirt ist eine echt harte Nuss; er will Geld, und weil Maria und Josef keines besitzen, brüllt er sie an: Packt euch fort!«
    Die Leute vom Chor und Orchester unterstützten Yasin und meinten, der Josef sei eben ein Weichei, Warmduscher und überhaupt ein schlappes Würstchen, das gegenüber einem energischen Wirt keinen Fuß auf den Boden bringen würde. Insofern würde Yasin die Rolle absolut überzeugend geben.
    Das fand ich auch.
    Erst als ich von der Bühne sprang, sah ich, dass im nur von einem Dämmerlicht beleuchteten Saal Lilli und ihr allerbesten Freundinnen auf dem Boden saßen. Eigentlich wollte ich ja gleich verschwinden, aber dauernd klopfte mir jemand auf die Schulter und lobte mich, wie toll ich gesungen und wie genial ich die Maria gegeben hätte – voll in Not, aber nicht so schwach wie Josef. Komplett überzeugend eben.
    Ich freute mich riesig.
    Schließlich zog ich aus dem ganzen Haufen meinen Anorak heraus, wühlte mich durch den Berg Schultaschen, fand meine eigene – und wurde von Yasin am Arm zurückgehalten. »Ich muss noch eine Mathe-Strafarbeit erledigen, aber bis zur Bushaltestelle begleite ich dich, Mirja.«
    Lilli, Amanda und Mareike machten »Pfff« und drehten sich angewidert zur Wand. Yasin rief ihnen zu: »Wer hat der hat! Nur kein Neid, ihr Engelchen!«
    Ich hörte noch, wie Amanda sagte: »Wer zuletzt lacht, der …« Dann hatten wir uns durchs Gewühl gekämpft und standen im Freien. Leider waren so viele auf dem Weg zum Bus, und das auch noch in aller Eile, weil er gleich abfahren würde, dass wir keine Zeit für ein oder zwei Küsschen hatten. Ich kramte mein Mäppchen mit dem Geldbeutel und der Monatskarte für den Bus aus der Schultasche, zog den Reißverschluss auf – und kapierte gar nichts mehr.



»Was ist?«
    Â»Mein Fahrschein fehlt.«
    Während ich noch herumrätselte, wollte Yasin wissen, wie ich denn am Morgen zur Schule gekommen wäre.
    Â»Na, mit dem Bus. Wie immer.«
    Â»Da hattest du noch die Karte?«
    Â»Klar.«
    Â»Und?«
    Â»Ich hab sie dem Fahrer gezeigt und ins Mäppchen zurückgesteckt.«
    Â»Sicher?«
    Â»Absolut. In der großen Pause habe ich mir eine Brezel gekauft; da steckte die Karte noch neben dem Geldbeutel.«
    Â»Dann wurde sie dir ge …«
    In diesem Augenblick rief der Fahrer »Einsteigen!«, ich warf Yasin einen verzweifelten Blick zu, stieg ein, und weil mich der Fahrer kannte und ich ihm schon während der ganzen Dezembertage die Karte gezeigt hatte, grummelte er nur, ließ mich aber mitfahren. »Morgen zeigst du mir die Karte oder du bezahlst den Fahrpreis, verstanden?«
    Â»Klar«, antwortete ich benommen und ging durch den Gang nach hinten, wo ich normalerweise neben Leonie saß. Dabei kam ich an Jonas vorbei. Der zog seinen knallroten Kopf zwischen die Schultern und sah nicht auf. Er sagte auch nichts; nicht mal: »Warst ’ne tolle Maria«, oder »Macht Spaß, mit dir auf der Bühne zu stehen«.
    Er tat so, als wäre er am liebsten unsichtbar.
    Mir war klar, dass nur Lilli und ihre allerbesten Freundinnen die Karte geklaut haben konnten. Den ganzen Nachmittag lang hatten sie dazu Zeit gehabt; im Saal war es dämmrig, in der Nähe der Taschen saßen sie auch, die Leute vom Chor und Orchester blickten auf die Noten, und alle anderen interessierte nur das, was auf

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