Engelsleid (German Edition)
also wahrscheinlich niemand hören.
» Ich warte, Laura. «
Mit gelangweilter Stimme gab sie ihm Antwort. » Luzifer ist der Anführer der gefallenen Engel . W ie die anderen heißen? Ke i ne Ahnung. Und ich weiß auch nicht, warum ihr aus dem Himmel abgehauen seid. «
Azaradeel gab ein halbwegs zufrieden klingendes Grunzen von sich. » Wenigstens etwas. Wobei ich mich von Luzifer dista n ziere, aber das ist im Augenblick unwichtig. «
» Aha. « Sie würde ihn hinhalten und ermüden, indem sie Int e resse bekundete. » Und – wie viele von euch gefallenen Engeln gibt es? «
» Zweihundert. «
Laura begann , glucksend zu lachen. » So viele? Wow. Wie vi e le sind denn dann im Himmel übrig geblieben, die noch Gutes tun und Hosianna singen? « , entfuhr es ihr.
» Hunderttausende. «
» Na, das muss ja ein ganz schönes Gedränge und Getöse im Himmel sein. Kein Wunder, dass ihr euch abgesetzt habt. Selbst im Himmel geht wohl mal der Platz aus. «
» Du solltest dich darüber nicht lustig machen. «
Laura musterte sein Gesicht. Er war nicht wirklich verärgert, sondern wirkte eher traurig. Wie weit durfte sie gehen? Wie sehr durfte man einen Psychopathen in die Enge treiben? Sie wusste immer noch nicht, wie sie ihm entkommen würde.
» Ich glaube nicht an diesen Blödsinn. Das sind Märchen für Erwachsene und entstammen einer Zeit, als das Volk zu ungebi l det war, um zu lesen und zu denken. «
» Da liegst du völlig falsch. «
Es war bestimmt nicht klug, den Kerl zu provozieren, aber sie konnte nicht anders. Es war einfach zu lächerlich, was er hier abzog. » Okay, was hast du denn angestellt, Azaradeel, dass man dich aus dem Himmel geworfen hat? «
Er sah mit ernster Miene auf sie herab.
Seine Nähe war bedrohlich. Würde er nun doch über sie he r fallen oder sie schlagen? Instinktiv und zur Abwehr bereit ballte sie ihre Hände zu Fäusten.
» Man hat mich nicht rausgeworfen. Uns war tatsächlich langwe i lig. Immer nur singen, beten, herumschweben und von oben dem abwechslungsreichen Treiben auf der Erde zusehen, das ist ziemlich frustrierend. Es gab so hübsche Menschenkinder hier unten. Ich wol l te unbedingt auch eine Frau haben, auch lieben dürfen. Und meine Gene weitergeben, mit der Frau meines He r zens ein Kind zeugen. «
Au weh, jetzt war die Sache klar. Dieser Poet der Liebe wollte mit ihr ein Kind zeugen. Scheiße.
Er schüttelte den Kopf. » Falsch kombiniert, Sherlock Holmes. Ich will kein Kind von dir. Ich habe schon ein Kind. «
Laura fröstelte. Sein Blick fixierte sie, als würde er in ihren Kopf eindringen. Es gelang ihr nicht, sich aus diesem Bann zu lösen. Zu allem Überfluss wurde das Strahlen nun noch heller und sie blinzelte, bis sie sich daran gewöhnt hatte. Merkwürdig, e i gentlich kam das Licht gar nicht hinter seinem Rücken hervor. Es umrahmte seine Haare, drang aus dem Kragen, aus den Ärmeln, aus den Hosenbeinen. Und es sah fast aus, als würde es seine Kleidung durchdringen.
» Ich werde dir beweisen, dass ich ein Engel bin. Frag mich etwas, was nur du wissen kannst, und deine verstorbene Mutter, Gott hab sie selig. «
War da eben ein bedauernder Unterton in seiner Stimme g e wesen, oder hatte sie sich verhört? Laura runzelte die Stirn. Hatte er etwa wirklich ihre Mutter gekannt? Aber woher wusste er, wer sie war und vor allem: wie hatte er sie hier gefunden? Außer Nina und Theo hatte keiner Kenntnis von ihrer Reise. Und Dominic.
» Tu es! Was weiß niemand, außer deiner Mutter und dir? «
Laura zuckte unter seinem strengen Ton zusammen. Geduld war wohl nicht seine Stärke. » Also gut, meinetwegen. Aber ich muss erst darüber nachdenken. «
Laura atmete auf, als er einen Schritt zurück trat, und dann a n fing, hin und her zu gehen , wä h rend sie überlegte. Eigentlich war sie gar nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen und über eine solche Frage nachz u denken. Sie folgte ihm mit den Augen, bis er sich mit verschrän k ten Armen gegen eine antike Kommode lehnte und dort auf ihre Antwort wartete. Seine Miene war vollkommen au s druckslos.
Also gut. In letzter Zeit war so viel geschehen, und es gab so viele unbeantwortete Fragen, die auch dieser Schlauberger nicht würde beantworten können, nicht einmal dann, wenn er ihre Mu t ter gekannt hatte. Am besten, sie ging auf dieses Spiel ein und gewann Zeit. Sie würde ihm die schwierigste aller Fragen stellen, nämlich jene, die sie im Augenblick am meisten bewegte.
» Okay, du
Weitere Kostenlose Bücher