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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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eine Seite gewählt hatten. Sie ließ Daniel weitersprechen, als er bereit war.
    »Der Himmel hat jeden verbannt, der sich nicht auf seine Seite gestellt hat. Erinnerst du dich, wie ich dir erzählt habe, dass einige Engel nie die Gelegenheit bekommen haben zu wählen? Sie gehörten zu den letzten beim Namensaufruf, zu den höchsten. Nach dem Sturz war der Himmel der meisten seiner Erzengel beraubt.« Er schloss die Augen. »Die Waage, die durch puren Zufall loyal erschienen war, trat in die Bresche.«
    »Weil also die Waage als Erste dem Himmel den Treueeid geleistet hatte …«, begann Luce.
    »War sie der Ansicht, sie hätte ein höheres Maß an Ehre«, beendete Daniel ihren Gedanken. »Seither haben sie selbstgerecht behauptet, dem Thron zu dienen, indem sie als himmlische Bewährungshelfer auftreten. Aber die Position haben sie selbst erfunden, sie wurden nicht bestimmt. Als die Erzengel nach dem Sturz fort waren, hat die Waage das Machtvakuum ausgenutzt. Sie haben sich selbst eine Rolle gegeben und sie haben den Thron von ihrer Wichtigkeit überzeugt.«
    »Sie haben auf Gott Einfluss genommen?«
    »Mehr oder weniger. Sie haben gelobt, die Gefallenen wieder in den Himmel zu bringen, jene Engel zurückzuholen, die vom Weg abgekommen waren, sie wieder in die Herde zurückzuführen. Sie haben uns einige Jahrtausende lang gedrängt, uns wieder auf die ›richtige‹ Seite zu stellen, aber irgendwann haben sie den Versuch aufgegeben, unsere Ansichten verändern zu wollen. Jetzt versuchen sie meistens nur noch, uns das Leben schwer zu machen.«
    Zorn sprach aus seinem stählernen Blick, und Luce fragte sich, was im Himmel so schlimm sein konnte, dass Daniel in seinem selbst gewählten Exil blieb. War der Friede des Himmels nicht seinem jetzigen Leben vorzuziehen, während alle darauf warteten, dass er sich entschied?
    Daniel lachte verbittert. »Aber die Engel, die ihre Flügel wert sind und in den Himmel zurückgekehrt sind, brauchen dafür die Waage nicht. Frag Gabbe, frag Arriane. Die Waage ist ein Witz. Sie hatte aber trotzdem ein oder zwei Erfolge.«
    »Aber nicht in deinem Fall?«, fragte sie. »Du hast keine Seite gewählt. Und deshalb sind sie hinter dir her, oder?«
    Eine überfüllte rote Straßenbahn fuhr unten um den runden Platz und bog dann in eine enge Straße ab.
    »Sie sind seit Jahren hinter mir her«, bestätigte Daniel, »und verbreiten Lügen und zetteln Skandale an.«
    »Und doch hast du dich nicht zum Thron bekannt. Warum eigentlich nicht?«
    »Ich habe es dir gesagt. So einfach ist das nicht«, erwiderte er.
    »Aber du wirst natürlich nicht mit Luzifer paktieren.«
    »Nein, aber … ich kann nicht in ein paar Minuten die Argumente von Jahrtausenden erklären. Es wird durch Faktoren, die nicht in meiner Macht stehen, verkompliziert.« Er wandte den Blick ab, richtete ihn auf die Stadt, dann ließ er ihn auf seine Hände fallen. »Es ist eine Beleidigung, zur Wahl aufgefordert zu werden, eine Beleidigung für deinen Schöpfer, dass man die Unermesslichkeit seiner Liebe auf die kleinen, unbedeutenden Grenzen einer Geste während des Namensaufrufs reduzieren soll.« Er seufzte. »Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich zu aufrichtig.«
    »Nein …«, begann Luce.
    »Wie dem auch sei, die Waage. Sie ist ein himmlischer Bürokrat. Ich stelle sie mir vor wie einen Verein von Highschooldirektoren, die Papiere herumschieben und geringfügige Verstöße gegen Regeln bestrafen, die niemanden interessieren und an die niemand glaubt, und das alles im Namen der ›Moral‹.«
    Wieder schaute Luce über die Stadt, die sich in den Mantel der Nacht hüllte. Sie dachte an den Konrektor in Dover mit dem sauren Atem, an dessen Namen sie sich nicht erinnern konnte, der sich nie für ihre Seite der Geschichte interessiert hatte, der die Papiere für ihren Schulausschluss nach dem Feuer unterzeichnet hatte, in dem Trevor umgekommen war. »Ich bin von solchen Leuten verletzt worden.«
    »Das sind wir alle. Sie reiten auf den albernen Regeln herum, die sie für gerecht halten. Keiner von uns mag sie, aber leider hat der Thron ihnen die Macht gegeben, uns zu überwachen, uns ohne Grund zu verhaften, uns für Verbrechen durch eine Jury zu verurteilen, die sie gewählt haben.«
    Luce schauderte wieder, diesmal nicht wegen der Kälte. »Und du glaubst, sie haben Arriane, Roland und Annabelle? Warum? Warum sollten sie sie festhalten?«
    Daniel seufzte. »Ich weiß, dass sie Arriane, Roland und Annabelle haben. Ihr Hass macht

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