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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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ein wenig nervös.
    »Da wir gerade von der dritten Reliquie sprechen« – Dee warf einen Blick auf eine schmale goldene Armbanduhr, die in dem Gewirr ihrer Perlarmbändern verborgen war – »hatte nicht jemand erwähnt, dass ihr es ziemlich eilig habt, weiterzukommen?«
    Es folgte ein Lärm von Teetassen, die auf die Unterteller zurückgestellt wurden, Stühlen, die zurückgeschoben wurden, und Flügeln, die sich rauschend um den Tisch entfalteten. Plötzlich wirkte das gewaltige Esszimmer kleiner und heller, und Luce verspürte das vertraute Kribbeln, das sie beim Anblick von Daniels ausgebreiteten Flügeln überfiel.
    Dee fing ihren Blick auf. »Sieht schön aus, nicht?«
    Statt zu erröten, dass sie dabei ertappt worden war, wie sie Daniel anschaute, lächelte Luce nur, denn Dee war auf ihrer Seite.
    »Wohin, Käpt’n?«, fragte Arriane Daniel und stopfte sich die Taschen des Overalls mit Scones voll.
    »Zurück zum Berg Sinai, richtig?«, fragte Luce. »Sollten wir uns dort nicht mit Cam und den anderen treffen?«
    Daniel warf einen Blick zur Tür. Er runzelte erregt die Stirn. »Eigentlich wollte ich es nicht erwähnen, bis wir die zweite Reliquie gefunden haben, aber …«
    »Komm schon, Grigori«, sagte Roland. »Lass hören.«
    »Bevor wir das Museum verlassen haben«, begann Daniel, »hat Phil mir erzählt, dass er eine Nachricht von einem der Outcasts erhalten habe, die er nach Avignon geschickt hatte. Cams Gruppe ist abgefangen worden …«
    »Die Waage?«, fragte Dee. »Hängt sie immer noch Fantasien über ihre Wichtigkeit im kosmischen Gleichgewicht nach?«
    »Es ist nicht sicher«, entgegnete Daniel, »obwohl es wahrscheinlich zu sein scheint. Wir werden Kurs auf die Pont Saint-Bénézet in Avignon nehmen.« Er warf Annabelle einen Blick zu, deren Gesicht scharlachrot anlief.
    »Was?«, rief sie. »Warum dahin?«
    »Meine Randbemerkungen in meinem Buchlegen die Vermutung nahe, dass es der ungefähre Ort der dritten Reliquie ist. Es hätte Cams, Gabbes und Mollys erster Halt sein sollen.«
    Annabelle wandte den Blick ab und sagte nichts mehr. Die Stimmung wurde ernst, als die Gruppe aus dem Speisezimmer ging. Luce war nervös vor Sorge um Cam, Gabbe und Molly und sah sie im Geiste schon wie Arriane und Annabelle in die schwarzen Umhänge der Waage gefesselt.
    Die Engelsflügel raschelten an den schmalen Ziegelsteinwänden entlang, während sie durch den endlosen Flur zurückgingen. Als sie die Holztür erreichten, die nach draußen führte, schob Dee die Eisenscheibe über dem Spion beiseite und spähte hinaus.
    »Mmmh.« Sie ließ das Guckloch zu schwingen.
    »Was ist los?«, fragte Luce, aber da hatte Dee die Tür bereits geöffnet und bedeutete allen, das eigenartige braune Haus zu verlassen, dessen Seele so viel reicher war, als es sein Äußeres vermuten ließ.
    Luce ging als Erste und wartete unter dem Vordach – das im Grunde nur ein Haufen bereiften Strohs war –, auf die anderen. Die Engel quollen zur Tür hinaus, immer einer nach dem anderen – Daniel, der seine weißen Flügel zurückwölbte, als er mit der Brust voran hinaustrat, Annabelle, die rasch ihre dicken silbernen Flügel anlegte, Roland, der die goldenen marmorierten Flügel vor dem Körper zusammennahm und wie einen unsichtbaren Schild hielt, und Arriane, die unbekümmert hindurchrauschte und eine Kerze verfluchte, die unbemerkt an der Tür gestanden und ihr eine Flügelspitze versengt hatte.
    Anschließend standen die Engel zusammen auf dem Rasen und dehnten die Flügel, dankbar, wieder draußen an der frischen Luft zu sein.
    Luce fiel auf, dass es dunkel war. Sie war sich sicher, dass es kurz vor Sonnenaufgang gewesen war, als sie die Stiftsbibliothek betreten hatten. Die Kirchenglocken hatten noch einmal geläutet und vier Uhr verkündet, und der Himmel hatte seine Hand nach dem kostbaren Gold der Morgendämmerung ausgestreckt.
    Waren sie nur eine Stunde bei Dee im Haus gewesen? Warum war der Himmel jetzt von einem dunklen nachtschwarzen Blau?
    Lichter brannten in den weißen steinernen Stadthäusern. Leute waren hinter den Fenstern zu sehen, die Eier brieten und Kaffee einschenkten. Männer mit Aktentaschen und Frauen in eleganten Kostümen kamen aus den Haustüren und stiegen, ohne auch nur einmal auf die Versammlung von Engeln in der Mitte der Straße zu achten, in Autos und fuhren davon, zur Arbeit, wie Luce vermutete.
    Sie erinnerte sich daran, dass Daniel ihr erklärt hatte, dass die Wiener sie nicht sehen konnten,

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