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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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es eine normale Frage. Warum machte sie Luce dann unglücklich?
    Weil die Antwort unnötig kompliziert war.
    Weil sie nicht einmal die Antwort darauf kannte.
    Sie berührte das Medaillon an ihrem Hals. Es hüpfte, als Daniel kräftig mit den Flügeln schlug. »Also, wir haben dieselbe Schule besucht, und ich …«
    »Oh, Lucinda!« Dee lachte. »Ich habe doch nur Spaß gemacht. Ich habe mich nur gefragt, ob du die Geschichte eurer ursprünglichen Begegnung ergründet hast.«
    »Nein, Dee«, sagte Daniel entschieden. »Das hat sie noch nicht …«
    »Ich habe gefragt, aber er will es mir nicht sagen.« Luce warf einen Blick in die schwindelerregende Tiefe und fühlte sich von der Wahrheit über diese erste Begegnung so weit entfernt wie von den Städten, über die sie flogen. »Es macht mich verrückt, dass ich es nicht weiß.«
    »Alles zu seiner Zeit, Liebes«, sagte Dee gelassen und schaute geradeaus auf den gewölbten Horizont. »Ich nehme an, du hast zumindest einige deiner früheren Erinnerungen erschlossen?«
    Luce nickte.
    »Großartig. Ich werde mich mit der Geschichte über die früheste Romanze begnügen, an die du dich erinnern kannst. Nur zu, Liebes. Tu es einer alten Dame zuliebe. Es wird uns helfen, die Zeit bis nach Avignon zu vertreiben.«
    Eine Erinnerung blitzte vor Luces Augen auf: Das kalte, feuchte Grab, in dem sie mit Daniel in Ägypten eingeschlossen gewesen war, die Art, wie seine Lippen sich auf ihre gepresst hatten. Sie hatten sich eng aneinandergedrückt, als seien sie die beiden letzten Menschen auf der Welt …
    Aber sie waren nicht allein gewesen. Bill war auch da gewesen. Er hatte dort gewartet und beobachtet, hatte gewollt, dass ihre Seele in einem klammen ägyptischen Grab starb.
    Luce riss die Augen auf und kehrte in die Gegenwart zurück, in der seine roten Augen sie nicht finden konnten. »Ich bin müde«, sagte sie.
    »Dann schlaf«, erwiderte Daniel leise.
    »Nein, ich bin es müde, bestraft zu werden, einfach weil ich dich liebe, Daniel. Ich will nichts mit Luzifer zu tun haben, mit der Waage und den Outcasts und welche anderen Seiten es noch alles gibt. Ich bin keine Schachfigur, ich bin ein Mensch. Und mir reicht’s.«
    Daniel nahm ihre Hand und drückte sie.
    Dee und Roland sahen beide so aus, als wollten sie das Gleiche tun.
    »Du hast dich verändert, Liebes«, bemerkte Dee.
    »Seit wann?«
    »Seit früher. Ich habe dich nie so reden hören. Du vielleicht, Daniel?«
    Daniel schwieg für einen Moment. Schließlich, über die Geräusche des Windes und des Flatterns der Engelsflügel hinweg, sagte er: »Nein. Aber ich bin froh, dass sie es jetzt kann.«
    »Und warum nicht? Es ist eine transdimensionale Tragödie, was ihr durchgemacht habt. Aber du bist ein zähes Mädchen, ein Mädchen mit Muskeln, ein Mädchen, das mir einst erzählt hat, sie würde sich niemals die Haare abschneiden, obwohl sie verflucht war – deine Worte, Liebes – durch verfilzte Knoten, ein Magnet für Dornen, weil dieses Haar ein Teil von ihr war, unauslöschlich an ihre Seele gebunden.«
    Luce sah die alte Frau mit schmalen Augen an. »Wovon reden Sie?«
    Dee legte den Kopf schief und spitzte die rundlichen Lippen.
    Luce sah sie prüfend an, ihre goldenen Augen und ihr weiches rotes Haar, die zarte Art, wie sie beim Fliegen vor sich hin summte. Und dann war es ihr schlagartig klar.
    »Ich erinnere mich an Sie!«
    »Wunderbar«, sagte Dee. »Ich erinnere mich auch an dich!«
    »Habe ich nicht in einer Hütte auf einer freien Ebene gelebt?«
    Dee nickte.
    »Und wir haben über mein Haar geredet! Ich – ich bin auf einer Jagd durch Nesseln gekrochen und hätte das Tier beinahe gehabt … war es ein Fuchs?«
    »Du warst ein ziemlicher Wildfang. Mutiger als einige der Männer in der Prärie, um genau zu sein.«
    »Und Sie«, sagte Luce. »Sie haben Stunden damit verbracht, sie mir aus dem Haar zu zupfen.«
    »Ich war deine Lieblingstante, bildlich gesprochen. Du hast immer gesagt, der Teufel habe dich mit dem dichten Haar verflucht. Ein bisschen dramatisch, aber du warst erst sechzehn – und nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt, wie es nur Sechzehnjährige sein können.«
    »Sie sagten, ein Fluch sei nur dann ein Fluch, wenn ich mich von ihm verfluchen lasse. Sie sagten … ich hätte es in meiner Macht, mich von jedem Fluch zu befreien – dass Flüche der Auftakt zu Segnungen seien …«
    Dee zwinkerte.
    »Dann haben Sie mir gesagt, ich soll es abschneiden. Mein Haar.«
    »Das ist richtig. Aber

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