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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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gewesen, sie hätten es nie verlassen, wäre von dem ursprünglich reichen Angebot noch etwas übrig gewesen. Aus Nimras Herrschaftsgebiet war ein Bericht gekommen, dass die Wesen lebende Beute aus weiter Entfernung wahrzunehmen vermochten und sich zusammenschlössen, falls sich ihnen auf dem Weg zu ihrer Mahlzeit Hindernisse in den Weg stellten. Sie waren ganz und gar nur auf dieses eine fixiert. Im Schiff hatte sich niemand vor ihnen verstecken können. Diese Fixiertheit, empfahl der Bericht, könne genutzt werden, um Fallen aufzustellen.
    Hier aber ging es erst einmal nicht um Fallen oder darum, die Monster irgendwohin zu locken. Hier ging es darum, zu verhindern, dass eins von ihnen lebend den Pier verließ.
    »Los! Los! Los!«, schrie Elena den Kämpfern der Bodentruppe zu, mit der sie unterwegs war. Am Pier hatte sich der Staub der Explosion gelegt, und man konnte sehen, dass einige der Wiedergeborenen von Bord hatten springen können, ehe das Schiff in die Luft flog. Diese Überlebenden machten sich nun daran, an Land zu schwimmen.
    Raphael landete mit zwei gezückten Schwertern neben Elena – warum Energie verschwenden, um Wesen in die Luft zu jagen, denen man genauso gut den Kopf abschlagen konnte? So begann die grässliche Aufräumarbeit, denn der Dreck, den Charisemnon auf ihrer Schwelle abgeladen hatte, musste schleunigst beseitigt werden. Für Elena kam der schrecklichste Moment bei der ganzen Operation, als sie sich direkt mit einem etwa zwölfjährigen Mädchen in einem nassen Sommerkleidchen konfrontiert sah, dessen nackte Haut zerkratzt und dessen Zähne blutbefleckt waren.
    Mit ausgestreckten Krallen, ungezähmten Hunger im Blick, rannte das Mädchen auf Elena zu.

37
    Heißes Blut spritzte gegen Elenas Kampfanzug, als der kleine blonde Kopf ins Wasser rollte. Raphael legte ihr die Hand an die Wange. »Elena!«, herrschte er sie an.
    »Alles in Ordnung, alles in Ordnung.« Sie war eine Sekunde lang wie erstarrt gewesen, unfähig, die Hand gegen ein Kind zu erheben. »Ich hatte vergessen, dass natürlich auch Kinder an Bord waren.«
    Zehn Minuten später waren sämtliche bewegungsfähigen Wiedergeborenen tot. »Wie viele sind im Wasser?«, erkundigte sich Elena bei Illium, der sich gerade mit den Vampirteams in Verbindung gesetzt hatte, die in Booten das Hafenbecken absuchten.
    »Höchstens zwei oder drei Dutzend. Die Explosion des Sire hat die meisten verbrannt, aber wir müssen uns vergewissern, dass von denen, die ertrunken sind, keiner wiederauferstehen kann.« Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, ehe er zu den auf dem Pier aufgereihten Leichen der Ertrunkenen ging, um einer nach der anderen den Kopf abzuschlagen.
    Bei dem Körper eines vier- oder fünfjährigen Jungen zögerte er kurz.
    »Illium?«, fragte sie leise, als er sich neben dem Kind auf ein Knie sinken ließ. Was wäre schlimmer – zu erfahren, dass es vor der Explosion noch am Leben gewesen war oder zu hören, dass es bereits zu den Monstern gezählt hatte?
    Mit ausdrucksloser Miene stand der blaugeflügelte Engel auf, um sein Schwert auf den zarten Hals niedersausen zu lassen. »Er hatte Fleischreste zwischen den Zähnen und unter den Fingernägeln.«
    Wut und Trauer drohten Löcher in ihre Eingeweide zu brennen, als sie sich von Raphael in den Himmel tragen ließ. Sie wollte den Hudson abfliegen und nachsehen, ob Leichen weiter den Fluss hinuntergetrieben waren. Denn ein einziger Wiedergeborener, der zum »Leben« zurückfand, würde ausreichen, um eine tödliche Ansteckungswelle in Gang zu setzen.
    Nach den grauenhaften Schrecken der vergangenen Stunden war Elena wirklich nicht danach, in Raphaels Büro auf umwerfende, seidige, kupferfarbene Flügel zu treffen. Ihr Erzengel hatte sich um eine brenzlige Situation in einem anderen Teil seines Territoriums kümmern müssen und war eine halbe Stunde vor ihr in den Turm zurückgekehrt, während sie beim Aufräumteam geblieben war, bis absolut sicher davon ausgegangen werden konnte, dass die Bedrohung durch Wiedergeborene ausgeschaltet war.
    Elena war müde und schmutzig und wollte nur noch duschen, von ihrem Gemahl in den Arm genommen werden, essen und schlafen und zwar genau in dieser Reihenfolge. Stattdessen musste sie mit ansehen, wie diese Superheuchlerin, Superkriegerin Tasha ihre Hand auf Raphaels Arm legte und sich ganz dicht an Elenas Mann herandrängte, der immer noch seinen blutbespritzten ledernen Kampfanzug trug. Sie hatte das Gesicht erwartungsvoll nach

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