Engelslieder

nicht benutzen.”
    Er sah Autumn eindringlich an. “Wir müssen die Polizei anrufen. Sie sollen so schnell wie möglich herkommen und sich um die Mädchen kümmern. Ich rufe Burt Riker an, um das FBI wissen zu lassen, dass wir Ginny Purcell gefunden haben. Und Doug Watkins. Ich will ihm sagen, was hier los ist. Vielleicht kann die Polizei ja ihren Hubschrauber einsetzen. Wenn sie schnell genug hier sind, können wir Beecher aufhalten, bevor er die Blockhütte erreicht.”
    Autumn schüttelte den Kopf. “Das geht nicht, Ben. Der Berg ist vollständig von Wald bedeckt. Der Pfad ist der einzige Weg nach oben. Er ist steil und liegt versteckt unter Bäumen. Da kommt kein Hubschrauber hin.”
    Ben fuhr sich mit der Hand durch die Haare. “Dann gehe ich selbst. Du bleibst hier und wartest auf die Polizei, und ich besorge mir eine Ausrüstung und folge Beecher. Wenn ich die ganze Nacht und morgen den ganzen Tag durchwandere, kann ich ihn noch einholen, bevor er an der Hütte ankommt.”
    “Du kannst da nicht im Dunkeln hoch – das ist viel zu gefährlich! Dann wirst du niemals ankommen! Du wirst bis morgen früh warten müssen, und dann komme ich mit.”
    “Wenn ich warte, dann habe ich keine Chance, ihn noch rechtzeitig zu erwischen.”
    “Du hast keine Wahl, außer …”
    “Außer was?”
    “Moment mal – es gibt
natürlich
noch einen anderen Weg zum Gipfel. Mein Vater und ich sind ihn einmal geklettert, aber du hast nicht genügend Erfahrung dafür.”
    “Du hast den Angel’s Peak erklommen?”
    “Nicht an der Front, dazu war das Wetter zu schlecht. Wir haben einen anderen, etwas leichteren Weg nach oben genommen.” Ihr Herz begann schnell zu klopfen. Wenn sie die Route schafften, könnten sie noch vor Eli an der Hütte ankommen. “Wir haben damals zehn Stunden bis nach oben gebraucht. Es gibt schon einige ziemlich harte Abschnitte, aber vielleicht …”
    “Vielleicht gibt es nicht. Ich schaffe die Route schon, wir müssen nur noch die Ausrüstung besorgen. Die Rückfahrt ist zwar lang, aber so einen Berg können wir mit Sicherheit nicht ungesichert besteigen.”
    Trotz der Umstände musste Autumn grinsen. “Meine Ausrüstung liegt hinten im Auto, und ich habe immer einen Extragurt und so weiter für einen zweiten Kletterer dabei. Man weiß nie, ob man auf einem Ausflug nicht vielleicht an einem netten Hügel vorbeikommt, also bin ich gern vorbereitet. Die Ausrüstung ist zwar nicht so schick wie deine, aber ich warte sie regelmäßig. Sie ist sicher und zweckmäßig.”
    Einen Moment lang lächelte auch Ben. “Ich wusste schon, warum ich mich in dich verliebt habe. Komm, wir sehen uns die Sachen mal an. Wenn wir alles haben, was wir brauchen, machen wir uns auf den Weg, sobald die Polizei hier ist.”
    Autumn ignorierte den “Warum ich mich in dich verliebt habe”-Teil seiner kurzen Ansprache. Jetzt war nicht die Zeit, um über die Bedeutung seiner Worte zu spekulieren. Es war weder der richtige Zeitpunkt, darauf zu reagieren, noch, sich den Kopf zu zerbrechen, was sie besser tun oder lassen sollte.
    Eine Kletterroute wartete auf sie, eine anstrengende, zermürbende Tour die östliche Bergwand hinauf, den gesamten Weg hoch zum Gipfel von Angel’s Peak, und sie war sich nicht sicher, ob Ben damit nicht überfordert wäre.
    “Ich war ab und zu mit Jess Peters klettern”, erzählte er ihr, als lese er ihre Gedanken. “Immer wenn ich ein wenig Freizeit hatte. Inzwischen bin ich vertraut mit der Ausrüstung und dem Gefühl, an einem Berg zu hängen.”
    “Jess ist ein ausgezeichneter Kletterer.” Sie war schwer beeindruckt, ein wenig erleichtert und etwas optimistischer. “Aber du warst noch nie so lange am Stück unterwegs. Es ist gefährlich, Ben. Bist du sicher, dass du das riskieren willst?”
    “Was für eine Frage.”
    Natürlich, er hatte recht. Ben liebte seine Tochter. Nun, da sie das Haus und die Frauen gefunden hatten, war klar, dass Molly noch lebte. Wenn sie sie nicht rechtzeitig fänden, würde Eli Beecher sie noch zu Gott weiß was für kranken Sexpraktiken zwingen. Sie mussten die Blockhütte unbedingt vor Beecher erreichen, und das hier war ihre einzige Chance. Eine geringe Chance, die auf einem Aufstiegsszenario basierte, bei dem nichts schiefgehen durfte.
    Bei den vielen Dutzend Klettertouren, die sie über die Jahre gemacht hatte, hatte sie so etwas noch nie erlebt.

29. KAPITEL
    D as Schrab-Schrab-Schrab eines Helikopters kündigte die Ankunft der Polizeieinheit von Warren