Engelslust
Amabila geschlafen hatte. Aber nun war er froh, dass Amabila ihn überredet hatte, das Ritual zu vollziehen. Endlich kannte er die Wahrheit. Sein Hass auf die Engel und die Corporation bestand nur noch aus einem dumpfen Gefühl in seiner Brust, das von einem anderen, viel stärkeren Schmerz überlagert wurde: Rowan hatte ihn betrogen!
All die Mühen der letzten Jahre hatten nur dazu geführt, dass er etwas über Rowan erfahren hatte, was er am liebsten nie gehört hätte.
Das Kind … War es etwa niemals seines gewesen? Magnus glaubte, zu er sticken. Er versuchte, die kühle Nachtluft in seine Lungen zu pumpen, schaffte es jedoch nur mit Mühe. Immerhin hatte er dank des Kelches nicht noch ein Leben auf dem Gewissen. Die Dämonin hatte sich erholt – auch wenn Magnus nicht begriff, warum eine Frau aus der Unterwelt und ein Engel …
Magnus zuckte zusammen, als er jemanden neben sich spürte.
»Magnus?«, wisperte es an seinem Ohr. »Soll ich wieder gehen?«
Es war Amabila, sein Engel. Er hatte sie nicht kommen gehört. Schnell wischte er sich mit dem Ärmel seines Umhangs über die Augen, bevor er sich zu ihr umdrehte. Er sah nur ihre Silhouette, wusste aber, dass sie ihn im Dunklen viel besser sehen konnte. Räuspernd suchte er nach ihrer Hand. »Bitte bleib.«
»Wie geht es dir jetzt?«, fragte sie.
Anstatt ihre Frage zu beantworten, brach es aus ihm heraus: »Rowan ist fremdgegangen, weil sie Probleme hatte, mit mir zu schlafen. Deswegen klappte es auch mit unserem Kinderwunsch nicht.«
»Sie hat dich geliebt, aufrichtig«, sagte Amabila. »Aber jeder kann mal einen Fehler machen, einen schwachen Moment haben.« Dachte sie an sich selbst?
Er zog sie näher und flüsterte: »Ich habe Rowan betrogen, mit dir. Obwohl mein Herz nur Rowan gehörte. Zuerst.«
Sanft umfasste Amabila seine Wange. »Aber sie ist tot, Magnus. Das war kein Betrug.«
Doch er hatte viel zu viele schlimme Dinge in der letzten Zeit getan. »Ich bin ein schlechter Mensch. Um meinen Willen zu bekommen, habe ich viele in Gefahr gebracht und … ich habe dich verführt, dich, einen Engel. Sie werden dich …«
»Pst.« Amabila legte ihm einen Finger an die Lippen. »Ich habe gewusst, was ich tat. Ich stand niemals unter deinem Bann. Ich bin eben auch nicht perfekt. Niemand ist das.«
»Doch, das bist du, für mich schon.«
Seufzend erwiderte sie: »Das sagst du nur, weil …«
Magnus zog sie in seine Arme und küsste sie. »Nein, das sage ich nicht nur, weil ich dich liebe.«
Amabila schmolz hörbar unter seinen leidenschaftlichen Küssen dahin. Sie sank gegen seine Brust, als würden ihre Knie nachgeben, und gab süße, keuchende Laute von sich, die nach mehr riefen. Wenn er ihr das doch geben könnte, für immer.
Nur schwer konnte er seine Lippen von ihrem herrlichen Mund lösen, doch er hatte ihr noch viel zu sagen. »So eine Frau wie dich habe ich niemals zuvor getroffen. Du weißt genau, was ich mir wünsche, kennst meine geheimsten Sehnsüchte und hast keine Angst vor meinem …«
»Schwanz?«, sagte sie frei heraus.
Magnus schmunzelte. »Siehst du, das meinte ich.« Aber gleich wurde er wieder ernst, denn eine Frage lag ihm schwer auf dem Herzen: »War es denn mein Kind?«
Gequält schaute Amabila ihn an. Er konnte ihren Gesichtsausdruck trotz der Dunkelheit deuten, denn sie verspannte sich in seinen Armen. »Ist das denn wichtig?«
Magnus nickte. »Für mich schon. Egal, ob es meins war oder nicht, es ist beides schlimm genug zu ertragen. Aber ich muss es einfach wissen, oder ich kann nie damit abschließen.«
»Ja, es war dein Kind, aber es wäre nie auf die Welt gekommen.«
Er fühlte, wie ihm sämtliches Blut aus dem Gesicht wich und seine Knie nachgaben. »Wieso denkst du, dass es nie auf die Welt gekommen wäre?«, fragte er rau und konnte kaum sprechen, so zugeschnürt fühlte sich seine Kehle an. Es war also doch sein Kind, wie er all die Jahre geglaubt hatte. Magnus war erleichtert und zutiefst traurig zugleich. Schwer stützte er sich auf einem Monolithen ab.
»Sein fest vorherbestimmtes Schicksal kann niemand ändern, Magnus. Und das Schicksal des Kindes ist mit dem der Mutter verbunden, solange es noch in ihrem Bauch ist. Für Rowan war es Zeit zu gehen.«
»Und für dich?«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Amabila. »Ich weiß es nicht.«
Magnus hatte nie damit gerechnet, jemals wieder die Liebe zu finden und er wollte sie jetzt auch nicht mehr hergeben. Er hielt Amabila ganz fest, weil er
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