Engelslust
aber stand er wirklich so loyal zu seiner Herrin, wie er vorgab? Leraja wusste nicht, was sie von Shah halten sollte. Xira konnte normalerweise in die Dämonen hineinsehen und erkannte, wenn diese sie betrogen, doch Shahs Fehltritt hatte sie nicht bemerkt. Überhaupt war Shahrukh ein sehr geheimnisvoller und verschlossener Kerl.
Als Shah sie bemerkte, erhob er sich sofort, verbeugte sich hastig und nahm eine demütige Haltung an. »Herrin?«
»Ich bin ’ s, du Dummkopf«, sagte Leraja lächelnd und schnippte ihm Wasser ins Gesicht. Sie wurde auf den ersten Blick oft mit Xira verwechselt.
Er knurrte: »Was willst du?«, und ließ sich wieder zurücksinken, den Kopf gegen den Beckenrand gelehnt.
Wie stellte sie es am besten an, die Frage so zu formulieren, ohne dass Shah etwas ahnte? Ob er von dem Kelch wusste? Immerhin war er Mutters engster Vertrauter. Und in gewisser Weise war er ein Rivale, denn auch Shah war auf den Herrscherplatz scharf. Xira brauchte einen loyalen Nachfolger, der sie unter seinen Schutz nahm. Auch wenn man es ihrer Mutter nicht ansah, aber sie war bereits sehr alt. Sie würde nicht mehr lange ihre vollen Kräfte besitzen, um ihre Stellung zu verteidigen.
»Du schuldest mir noch was, Shah«, bemerkte Leraja wie beiläufig und setzte sich neben ihn. Es machte ihr nichts aus, dass er sie nackt sah. Die Höllenwesen kannten keine Moralvorstellungen oder Scham und Leraja war in dieses System hineingeboren worden. Außerdem wusste sie, dass es niemand wagen würde, sie anzufassen, wenn sie selbst nicht ihr Okay dazu gab; immerhin war sie die Tochter der Herrscherin!
»Ich hab dir schon so oft einen Gefallen getan, irgendwann ist Schluss, du gieriges Weib«, sagte Shah gereizt und schloss seine Mandelaugen.
Wenn Leraja Shah ansah, musste sie unweigerlich an Cain denken. Er hatte zwar einen völlig anderen Körperbau als der Dämon – Cain besaß einen etwas muskulöseren Body, während Shah sehr schlank und athletisch wirkte –, aber sie waren beide schöne Männer. Dennoch gefiel ihr der Engel besser. Weil ich in ihn verschossen bin , fuhr es ihr durch den Kopf.
Leraja erschrak vor ihren eigenen Gedanken, die sie jedoch immer wieder einholten. Ihre Gefühle für Cain waren gefährlich, denn sie vereitelten womöglich ihre Pläne. »Es ist das letzte Mal, dass ich dich um etwas bitte, versprochen.«
Etwas Unverständliches murmelnd, tauchte er unter Wasser. Geduldig betrachtete Leraja seinen attraktiven Körper, der beinahe überall haarlos war, und wartete, bis er wieder nach oben kam. Dann schoss sie sofort los: »Weißt du, wer mein Vater ist?«
Shah strich sich die langen, nassen Haare aus dem Gesicht. »Warum willst du das plötzlich wissen?«
»Du weißt genau, dass ich das schon immer wissen wollte, aber mit Mutter kann ich darüber ja nicht reden. Also, weißt du es?«
»Vielleicht«, meinte Shah, ohne sie anzusehen.
»Vielleicht?« Leraja runzelte die Stirn, ihr Puls klopfte schneller. Am liebsten wäre sie ihm an die Gurgel gesprungen! Aber sie durfte sich nicht anmerken lassen, dass diese Information im Moment das Wichtigste für sie war. »Ich kann auch vielleicht zu Mutter gehen und ihr sagen, dass du …«
»Okay, okay!« Abwehrend hob er die Hände. »Ich kenne ihn. Aber ich darf nicht mit dir darüber sprechen.«
Leraja stockte der Atem. Warum kannte Shah ihren Vater und die eigene Tochter hatte nie etwas über ihn erfahren? »Du kennst ihn?«
»Ich hab ihn nur wenige Male gesehen.«
»Du hast ihn … gesehen ?« Das wurde ja immer besser! »Shah!« Sofort umfasste sie seinen Oberarm, weil er sich gerade von ihr abwenden wollte.
Der Dämon biss sich auf die Unterlippe und fluchte. Er begegnete Leraja zwar mit Respekt, weil sie Xiras Tochter war, aber unter seiner Oberfläche brodelten offensichtlich Angst und Wut. Shahrukh hatte auch allen Grund dazu, denn Leraja hatte ihn in der Hand.
Sie seufzte, da sie für seine ausweglose Situation beinahe ein wenig Mitleid aufbrachte. »Nun gut, dann musst du nichts sagen, nicke einfach oder schüttele den Kopf.«
»Das ist kein Spiel!« Shah drückte sich an Leraja. Sie spürte sein weiches Geschlecht an ihrem Oberschenkel. Er wagte es, sie zu berühren?!
Wollte er sie ablenken? Das gelang ihm fast, weil sie schon wieder an Cain denken musste. Ach, wenn er doch hier wäre!
»Ist Fermion mein Vater?«, fragte sie so kühl wie möglich, unbeeindruckt von seinen Annäherungsversuchen. Noch vor ein paar Tagen hätte sie sich
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