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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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auf den Boden. Luce beugte sich hinunter und las darauf RESERVIERT . Im selben Augenblick kam auch schon ein Junge in ihrem Alter auf sie zu, der einen Kellneranzug mit schwarzer Krawatte trug und ein Silbertablett balancierte.
    »Der Tisch ist reserv…«, begann er.
    »Einen Kaffee, schwarz«, sagte Shelby und fragte dann Luce: »Was willst du?«
    »Ähm, dasselbe«, sagte Luce, die sich unwohl fühlte, so bedient zu werden. »Vielleicht mit etwas Milch.«
    »Schüler mit Stipendien. Müssen solche Sklavendienste leisten, um über die Runden zu kommen.« Shelby verdrehte die Augen, während der Junge forteilte, um ihnen ihre Kaffees zu holen. Sie griff nach dem San Francisco Chronicle auf dem Tisch und schlug ihn gähnend auf.
    Da reichte es Luce auf einmal.
    »Hey, hör mir mal zu«, rief sie und schob Shelbys Arm mit der Zeitung nach unten, damit sie ihr ins Gesicht sehen konnte. Shelby zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Ich war früher auch so eine Schülerin mit einem Stipendium«, sagte Luce, »nicht an meiner letzten Schule, aber davor und …«
    Shelby schüttelte Luces Hand ab. »Soll mich der Teil deines Lebenslaufs jetzt auch beeindrucken? Oder was?«
    Luce wollte gerade fragen, was Shelby von ihrem Lebenslauf denn bisher alles wusste, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
    Francesca, die Lehrerin, die Luce gestern Nacht an der Tür begrüßt hatte, lächelte auf sie herunter. Sie war groß gewachsen und schlank, mit der Haltung einer Königin und stilvoller, natürlich wirkender Eleganz. Sie trug ihre langen blonden Haare mit einem Seitenscheitel und hatte rosa schimmernden Lipgloss aufgetupft. Ihr schwarzes Kleid von raffinierter Schlichtheit hatte einen blauen Gürtel, im selben Blau wie ihre hochhackigen Pumps. Neben ihr musste sich wahrscheinlich jede andere Frau wie ein Trampel vorkommen. Luce wünschte sich, dass sie wenigstens Mascara aufgetragen hätte. Und nicht gerade in ihre schlammverkrusteten Converse-Sneakers geschlüpft wäre.
    »Ach, wie schön, ihr zwei habt euch schon angefreundet!« Francesca lächelte. »Ich wusste doch, dass das zwischen euch beiden klappen würde!«
    Shelby schwieg, raschelte aber deutlich hörbar mit der Zeitung. Luce räusperte sich nur.
    »Du wirst dich in Shoreline bestimmt sehr schnell eingewöhnen, Luce. So soll es nämlich auch sein. Die meisten unserer Schüler mit Sonderbegabung finden sich sofort problemlos zurecht.« Mit Sonderbegabung? »Wenn du Fragen hast, kannst du natürlich immer zu mir kommen. Oder dich Shelby anvertrauen.«
    Das erste Mal an diesem Morgen lachte Shelby. Ihr Lachen war rau und heiser. Für Luce passte es eher zu einem alten Mann, der sein Leben lang starker Raucher gewesen war, als zu einem Teenager, der am Morgen Yoga machte und meditierte.
    Luce spürte, wie sie das Gesicht schmollend verzog. Das Letzte, was sie wollte, war, sich in Shoreline »schnell einzugewöhnen«. Mit diesen verwöhnten Jugendlichen in dieser Schule mit Blick auf den Ozean hatte sie nichts gemein. Sie gehörte nicht hierher. Sie gehörte zu Leuten aus dem wirklichen Leben, die eine Seele hatten anstelle eines Tennisschlägers, und die wussten, wie das Leben war. Sie gehörte zu Daniel. Sie hatte immer noch keine Ahnung, was sie hier eigentlich sollte, außer dass sie vorübergehend hierher in Sicherheit gebracht worden war. Solange Daniel sich um … um diesen Krieg kümmerte. Danach würde er kommen, um sie wieder nach Hause zu bringen. Oder so ähnlich.
    »Ich seh euch dann beide im Unterricht. Genießt das Frühstück!«, rief Francesca über die Schulter zurück, als sie weiterging. »Ihr müsst unbedingt die Quiche probieren!« Mit der Hand gab sie dem Kellner ein Zeichen, dass er beiden Mädchen davon ein Stück bringen sollte.
    Als sie verschwunden war, nahm Shelby einen großen Schluck von ihrem Kaffee und wischte sich dann mit der Hand über den Mund.
    »Ähm, Shelby …«
    »Schon mal was davon gehört, dass man andere in Ruhe frühstücken lässt?«
    Luce setzte abrupt ihre Tasse auf dem Unterteller ab und wartete ungeduldig darauf, dass der verlegene Kellner ihnen die beiden Quichestücke auf den Tisch stellte und wieder verschwand. Am liebsten hätte sie sich woanders hingesetzt. Um sie herum schwirrte es nur so von Gesprächen. Und wenn dort für sie kein Platz mehr war, dann war es immer noch besser, irgendwo allein zu sitzen als hier mit Shelby. Aber was Francesca gesagt hatte, verwirrte sie. Warum hatte sie ihr Shelby als

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