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Engelsnacht

Engelsnacht

Titel: Engelsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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Sportfeldes, wo Randy neben Schulleiter Udell stand, den Luce bisher kein einziges Mal zu Gesicht bekommen hatte. Sie kannte ihn nur von dem merkwürdig verschwommenen Porträt, das in der Eingangshalle der Schule hing. Aber jetzt sah sie, dass der Künstler Udell damit einen Gefallen getan hatte. Penn hatte ihr schon erzählt, dass der Schulleiter nur einmal im Jahr auf dem Gelände auftauchte - am Elterntag - und davon keine Ausnahme machte. Er lebte völlig zurückgezogen in seinem Herrenhaus auf Tybee Island, das er nicht einmal verließ, wenn ein Schüler seiner Schule gestorben war. Die dicken Hängebacken des Mannes verschluckten fast sein Kinn und seine Äuglein starrten in die Menge, ohne irgendetwas wahrzunehmen.
    Neben Udell stand breitbeinig Randy, diesmal wieder im Rock und mit weißen Kniestrümpfen. Sie bemühte sich, zu lächeln, was für sie so ungewohnt war, dass es ganz maskenhaft wirkte. Der Schulleiter fuhr sich mit einer Serviette über die breite Stirn. Beide hatten freundliche Gesichter aufgesetzt, aber das schien sie viel Anstrengung zu kosten.

    »Willkommen zum hundertneunundfünfzigsten alljährlichen Elterntag hier in der Sword & Cross«, sagte Udell in ein Mikrofon.
    »Das meint er nicht ernst, oder?«, sagte Luce flüsternd zu Penn. Schließlich hatte der Elterntag wohl kaum bereits vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg stattgefunden.
    Penn verdrehte die Augen. »Bestimmt ein Tippfehler. Und außerdem habe ich ihnen schon ein paar Mal gesagt, dass er sich endlich eine Lesebrille anschaffen soll.«
    »Wir haben einen langen und abwechslungsreichen Tag für Sie vorgesehen, beginnend mit diesem gemütlichen Picknick-Lunch -«
    »Normalerweise haben wir fürs Mittagessen nur neunzehn Minuten Zeit«, sagte Penn zu Luces Eltern, die merklich zusammenzuckten.
    Luce lächelte ihren Eltern zu und formte mit den Lippen: ›Die macht nur Spaß!‹
    »Danach haben Sie mehrere Möglichkeiten zur freien Wahl. Unsere Biologielehrerin Ms Yolanda Toss wird Ihnen in der Bibliothek einen Vortrag über die faszinierende Vielfalt der Flora auf unserem Schulgelände halten. Die Turnlehrerin, Trainer Diante, veranstaltet verschiedene Wettbewerbe für die ganze Familie hier auf dem Sportgelände. Und Mr Stanley Cole bietet Ihnen eine historische Führung zu den Grabmälern auf unserem Heldenfriedhof an. Sie sehen, es wird Ihnen nicht langweilig werden. Ach ja, und natürlich findet am Ende eine Prüfung statt!« Schulleiter Udell grinste breit und zeigte dabei sämtliche Zähne.
    Das war genau die Sorte von einfallslosem und abgestandenem Witz, den die meisten Eltern erwarteten. Wie auf Knopfdruck wurde gelacht. Luce blickte zu Penn. Dieser klägliche Versuch, auf harmlos gute Stimmung zu machen,
verdeutlichte für Luce nur noch stärker, worum es bei dieser Veranstaltung ging: den Eltern ihr schlechtes Gewissen zu nehmen, dass sie ihre Kinder den Erziehungsmaßnahmen der Sword & Cross aussetzten. Auch Harry und Doreen Price lachten, aber sie warfen Luce hin und wieder einen Seitenblick zu, um sich zu versichern, dass sie auch nichts falsch machten.
    Nach dem Mittagessen packten die anderen Familien ringsum ihre Picknicksachen zusammen und zogen sich in verschiedene Winkel des Schulgeländes zurück. Luce hatte den Eindruck, dass sie nur wenig Interesse an den Veranstaltungen zeigten. In die Bibliothek war Ms Toss überhaupt niemand gefolgt, und bisher waren nur Gabbe und ihr Großvater am anderen Ende des Sportplatzes in einen Kartoffelsack geklettert.
    Luce wusste nicht, wohin Molly, Arriane oder Roland mit ihren Familien verschwunden waren, und Daniel hatte sie immer noch nicht entdeckt. Aber sie wusste, dass ihre eigenen Eltern enttäuscht gewesen wären, wenn sie nichts von der Schule zu sehen bekamen und an keinem der von der Schulleitung organisierten Angebote teilnahmen. Die Führung von Mr Cole durch den Friedhof schien da noch das geringste Übel, deshalb schlug sie vor, zum vereinbarten Treffpunkt am Friedhofseingang aufzubrechen.
    Als sie auf dem Weg dorthin waren, schwang sich Arriane von ihrer Bank ganz oben auf der Zuschauertribüne, als wäre sie eine Turnerin, die ihren Abgang vom Schwebebalken machte. Sie landete direkt vor Luces Eltern.
    »Hallooooo«, krähte sie. Ihr Auftritt als durchgeknalltes Mädchen hätte kaum gelungener sein können.
    »Mom und Dad«, sagte Luce und fasste sie um die Schultern, »das ist meine Freundin Arriane.«

    »Und das«, Arriane deutete auf das große Mädchen

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