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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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war mit seiner Jogging-Runde fertig und lief ins Haus, um zu duschen. Er hatte abends um acht eine Verabredung.
    30. April
    8:45 Uhr
    Ich sah Tammy Lewis lächelnd an. Die hübsche, grünäugige Blondine hatte nicht nur viel Sinn für Humor, sondern auch eine scharfe Zunge. Sie arbeitete seit zwölf Jahren am Bezirksgericht, saß dort an Prozesstagen meist neben Richter Leonard Green und sorgte für einen reibungslosen Ablauf der Verhandlung. Die vier Verwaltungsbezirke, in denen ich anwaltlich tätig war, wurden von zwei Strafrichtern betreut: Iwan, dem Schrecklichen, und Leonard Green, der Tanzmaschine. Diesen Namen hatte ich mir für Green ausgedacht, weil er vor einigen Jahren auf einer Weihnachtsfeier betrunken auf dem Tisch getanzt hatte. Die Strafsachen, mit denen sie befasst waren, wurden den beiden Richtern nach einem Zahlenschlüssel zugewiesen. Green bearbeitete die geraden Aktennummern, Glass die ungeraden. Angel hatte eine gerade Aktennummer.
    »Guten Morgen, Tammy«, sagte ich. »Gut vorbereitet?«
    »Wieso das?«
    »Weil ich Angel Christians Verteidigung übernommen habe.«
    Tammy verdrehte die Augen. »Im Ernst? Da haben Sie sich aber was angetan. Sie sollten sich lieber Gedanken darüber machen, ob Sie selbst gut vorbereitet sind. Seine königliche Hoheit möchte Ihre Mandantin nämlich als Erster verarzten. Das Mädchen ist schon ungefähr seit einer Stunde hier. Sie wartet in der Gerichtszelle. Außerdem sind im Gerichtssaal bereits drei Fernsehteams in Stellung gegangen, und dann sind da noch mindestens fünf Pressefotografen und jede Menge Reporter. Für kostenlose PR ist also gesorgt.«
    Der Medienandrang im Gerichtssaal war mir überhaupt nicht recht. Sobald eine Fernsehkamera in der Nähe war, führte Richter Green sich nämlich besonders widerwärtig auf. Er war der Meinung, dass die wahlberechtigte Öffentlichkeit von einem Richter ein Höchstmaß an Härte erwarten konnte. Sobald die Medien ein gesteigertes Interesse an einem Verfahren bekundeten, fühlte er sich daher verpflichtet, möglichst brutal aufzutreten, um die Ressentiments seiner potentiellen Wähler zu bedienen.
    Ich benutzte den Gang, der parallel zum Gerichtssaal verlief. Vor dem Sitzungssaal blieb ich kurz stehen und steckte den Kopf zur Tür hinein. Richter Green hatte noch nicht auf der Bank Platz genommen. Ich war im Laufe der Jahre schon des Öfteren ziemlich unangenehm mit Green aneinandergeraten. Der Mann war in meinen Augen eine aufgeblasene Niete. Er wiederum sah in mir einen streitsüchtigen Neandertaler. Vermutlich hatten wir beide – jeder auf seine Weise – nicht ganz unrecht.
    Die Geschworenenbank war eng mit TV-Kameraleuten, Pressefotografen und Reportern besetzt. Als ich durch die Tür hereinkam und zum Tisch der Verteidigung ging, fingen sie an zu tuscheln. Sechs uniformierte Beamte des Sheriffs von Washington County sicherten den Gerichtssaal. So viele Uniformierte wurden sonst nur bei gemeingefährlichen Schwerverbrechern aufgeboten, eine Voraussetzung, die Angel gewiss nicht erfüllte. Auch die Galerie war fast vollständig besetzt. Ungefähr hundert Personen hatten dort Platz genommen. Die meisten von ihnen waren selbst Beschuldigte, die ihre Angehörigen mitgebracht hatten. Sie warteten mehr oder weniger verzagt auf ihren eigenen Auftritt vor Gericht und hofften wohl, dass die Presse bis dahin längst wieder abgezogen sein würde.
    Staatsanwalt Deacon Baker stand in der Nähe der Geschworenenbank und sprach mit einem Fernsehreporter aus Bristol. Baker zeigte sich nur äußerst selten persönlich vor Gericht und nahm an den Hauptverhandlungen so gut wie nie teil, allerdings nutzte er jede Gelegenheit, um sich vor den Medien über die Vorzüge einer wehrhaften Justiz auszulassen. Am Tisch der Staatsanwaltschaft saß Frankie Martin, Bakers neuer Assistent, ein ebenso brillanter wie unreifer junger Mensch, der in einer Akte blätterte.
    Um Punkt neun Uhr trat der Gerichtsdiener Wilkie Baines vor die Richterbank und blickte in den Gerichtssaal. Dann ging die Tür auf, die Greens Amtsräume mit dem Gerichtssaal verband, und der Richter hielt feierlich Einzug. Sein sorgfältig frisiertes silbergraues Haar war frisch geschnitten, und hinter ihm bauschte sich seine Robe.
    »Bitte erheben Sie sich«, rief Baines in bester Stadtschreier-Manier. »Die Sitzung der Strafkammer von Washington County, die unter dem Vorsitz des Ehrenwerten Richters Leonard P. Green tagt, ist eröffnet. Ich bitte um Ruhe.«
    Green stieg

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