Engelsrache: Thriller

genau.«
    Schließlich beruhigten wir uns wieder, und Erlene sah mich ernst an.
    »Sie müssen mich unbedingt vertreten, mein Lieber, machen Sie das? Sie müssen das Ding für mich durchziehen.«
    Ich wischte mir mit dem Handrücken eine Träne aus dem Auge. »Kann ich nicht, Erlene. Sonst komme ich in einen Interessenkonflikt.«
    »Wieso denn das? Das Gericht hat Angel doch freigesprochen. Das Verfahren gegen sie ist zu Ende. Kein Mensch kann sie mehr belangen, egal, was passiert. Wenn Sie den Herrschaften das Video zeigen, erledigt sich doch alles ganz von selbst. Oder sehen Sie das anders?«
    »Keine Ahnung. Aber ganz so leicht dürfte es vermutlich doch nicht werden. Nichts ist je so einfach.«
    »Ach, kommen Sie schon, mein Lieber. Das machen Sie doch mit links. Schließlich sind Sie der Beste. Übrigens: Wie Sie das mit Ihrer Schwester durchgezogen haben, das war absolut brillant. Als Angel mir davon erzählt hat, dachte ich, ich fall um.«
    »Das war eigentlich gar nicht so geplant. So raffiniert wie Sie bin ich nämlich noch lange nicht.«
    »Ach, reden Sie doch keinen Unsinn, Darling. Und was ist nun? Übernehmen Sie die Verteidigung?«
    Ich dachte noch einmal nach. Was Angel betraf, hatte Erlene recht. Niemand konnte sie mehr belangen. Da mir das Schweigegebot zudem untersagte, auch nur eine Silbe über ihr Geständnis verlauten zu lassen, konnten sich in der Hinsicht eigentlich keine Probleme ergeben. Außerdem gab es ja noch das Video, das Landers bei seiner illegalen Durch-suchung zeigte. Das Auto und alle damit in Zusammenhang stehenden Ermittlungsergebnisse waren deshalb für das Verfahren gegenstandslos. Das hieß, es würde überhaupt nicht zu einem Verfahren kommen. Es stand also nicht zu befürchten, dass Angel noch einmal in den Zeugenstand treten musste. Da Angel mir erzählt hatte, was in der Mordnacht passiert war, wusste ich außerdem, dass Erlene Tester nicht umgebracht hatte.
    Mein Gott, dachte ich, wenn ich das Mandat übernehme, ist Erlene mein erster unschuldiger Mandant überhaupt. Endlich!
    »Man wird Sie hier noch eine Weile festhalten«, sagte ich. »Halten Sie das aus?«
    »Die Million für die Kaution könnte ich natürlich locker aufbringen«, sagte sie. »Aber dann wollen die Schnüffler vom Finanzamt bestimmt wissen, woher ich so viel Geld habe. Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen, mein Lieber. Ich komme schon zurecht.«
    »Und natürlich werden die Medien über Sie herfallen.«
    »Kein Problem, mein Lieber. Für die Heilsarmee komme ich ohnehin nicht mehr infrage.«
    »Man wird Sie als knallharte Bordellbetreiberin hinstellen, die sich an jungen Mädchen und geilen Männern bereichert.«
    »Das werden Sie schon irgendwie hinbiegen – gegen angemessene Honorierung natürlich.«
    Die Frau hatte wirklich Charme, von ihrem fetten Bankkonto ganz zu schweigen. Ich schüttelte langsam den Kopf und musste grinsen.
    »Na gut«, sagte ich dann. »Sie haben jetzt einen Anwalt. Aber billig wird das nicht.«

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