Engelsrache: Thriller
den ganzen Nachmittag die Papiere dort durchgesehen. Inzwischen weiß ich ungefähr, was die Staatsanwaltschaft gegen Angel in der Hand hat. Es gibt da allerdings noch ein paar Dinge, die ich mit Ihnen besprechen muss. Besitzen Sie zufällig eine rote Corvette?«
Verdammt und zugenäht. Warum musste der Mann so direkt fragen.
»Wie bitte?«
»Besitzen Sie zufällig eine rote Corvette?
»Wieso – nein, mein Lieber, natürlich nicht.«
»Oder lassen Sie mich die Frage anders formulieren. Waren Sie an dem Tag, als es Tester erwischt hat, im Besitz einer roten Corvette?«
Auch wenn Erlene sich mit Mr Dillard prächtig verstand, musste er ja nicht alles wissen.
»Wieso?«, fragte sie.
»Weil eine Zeugin der Polizei erzählt hat, dass Sie eine rote Corvette besitzen, die allerdings seit der Mordnacht verschwunden ist. Außerdem hat die Zeugin ausgesagt, dass Sie und Angel den Club an dem Abend unmittelbar nach Tester verlassen haben und dort nicht mehr aufgetaucht sind. Und dann gibt es noch eine Zeugin, die gesehen hat, wie gegen Mitternacht eine Frau vor Testers Motel aus einer roten Corvette gestiegen ist.«
»So, so. Wer erzählt denn so was?« Natürlich wusste sie genau, dass Julie Hayes sie bei der Polizei verpfiffen hatte.
»Und – stimmt das?«
»Kann ich mich darauf verlassen, dass alles, was wir hier sprechen, unter uns bleibt, mein Lieber?«
»Sie sind nicht meine Mandantin, Erlene. Ich bin Ihnen gegenüber nicht an meine Schweigepflicht gebunden. Überlegen Sie sich also gut, was Sie sagen.« Erlene lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und holte tief Luft. Sie wirkte plötzlich nervös. »Können Sie mir sagen, wer die Zeuginnen sind?«, fragte sie.
»Die eine ist eine gewisse Sheila Hunt, die in dem Motel an der Rezeption arbeitet. Sie hat ausgesagt, dass sie gegen Mitternacht gesehen hat, wie draußen zunächst Tester und danach eine Corvette vorgefahren sind. Dann ist angeblich auf der Beifahrerseite eine Frau ausgestiegen und mit Tester die Treppe hinaufgegangen. Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass es in der Nacht stark geregnet hat. Jedenfalls hat die Frau offenbar eine Art Kapuzenmantel oder ein Cape angehabt. Deshalb konnte die Zeugin sie nicht genau erkennen. Sie hat auch nicht gesehen, wie die Frau wieder weggegangen ist. Außerdem konnte sie weder das Autokennzeichen angeben, noch hat sie gesehen, wer das Auto gefahren hat.«
»Das klingt ja nicht sehr beeindruckend.«
»Ist es auch nicht. Es sei denn, die Corvette taucht plötzlich irgendwo auf. Ist das zu befürchten?«
»Und wer hat der Polizei erzählt, dass ich eine Corvette haben soll?«, fragte Erlene.
»Eine Ihrer Mitarbeiterinnen, mit der die Polizei an dem Abend nach der Razzia gesprochen hat. Angeblich haben Sie bis zum Tag des Mordes eine rote Corvette gefahren, die seither verschwunden ist.«
»Das kann nur Julie Hayes gewesen sein, habe ich recht?«
Mr Dillard nickte.
»Hat eines von den anderen Mädchen diese Aussage bestätigt?«, fragte Erlene.
»Nein. Nur diese Julie.«
»Und was schließen Sie daraus, mein Lieber?«
»Daraus schließe ich, dass entweder diese Julie Hayes lügt oder alle anderen.«
»Und was glauben Sie?«
»Ich glaube, mir wäre es am liebsten, wenn Sie mir sagen, dass das Mädchen lügt.«
Erlene lächelte. Dieser Mr Dillard war nicht nur verdammt attraktiv, er war dazu noch die Güte selbst.
»Stimmt. Das Mädchen lügt wie gedruckt.«
Dann erzählte Erlene von Julie und ihrem Drogenpro-blem und vergaß auch nicht, den Fimmel des Mädchens für Gus zu erwähnen. Sie erzählte, wie Julie, Angel im Schlepptau, mit dem Bus aus Texas zurückgekommen war und dass sich die beiden Mädchen dort am Busbahnhof kennengelernt hatten. Angel hatte damals nicht nur kein Gepäck, sondern nicht mal eine Handtasche bei sich gehabt. Daraus hatte Julie geschlossen, dass Angel von zu Hause weggelaufen war. Da Angel so hübsch war, hatte Julie zu ihr gesagt, dass sie doch mitkommen und in Erlenes Club arbeiten sollte. Erlene hatte Julie am Busbahnhof erwartet, und Angel war mit ausgestiegen.
»Können Sie sich vorstellen, dass Julie Ihnen und Angel einen Mord anhängen will, weil sie eifersüchtig ist?«, fragte Mr Dillard.
»Zutrauen würde ich es ihr. Sie hat einen Haufen Schwierigkeiten. Ich habe sogar mehrfach gehört, wie sie sich mit ihren Vorstrafen gebrüstet hat. Und zu Gus hat sie öfter gesagt, dass ihr Vorstrafenregister so lang ist wie sein Schniedelwutz.«
»So lang wie was?«
»Wie
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