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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Murgia
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noch nie etwas vor ihr geheim halten können und befürchtete, sie würde jede Lüge sofort durchschauen. Es war klar, dass sie irgendwann fragen würde, wie mein Tag verlaufen war, nachdem ich ihn so aufgekratzt begonnen hatte. Mit Sicherheit würde sie das wissen wollen. Ich entschied mich für die Teilwahrheit. Soweit möglich.
    »Ich war nach der Schule noch Kaffeetrinken und dann ein bisschen im Park. Das Wetter war zu schön, um drinnen zu hocken.«
    »Hmmm. Klingt gut. Das Essen sieht übrigens lecker aus.«
    Hoffentlich würde sie es gut sein lassen und keine weiteren Details über meinen angeblich stinknormalen Nachmittag hören wollen. Ich hatte zwar ein leicht schlechtes Gewissen, weil ich die eigentlich wichtigen Teile unterschlagen hatte, aber die ganze Wahrheit hätte die Büchse der Pandora geöffnet. Dafür war ich noch nicht gewappnet.
    Wir aßen schweigend, was bei uns weitaus normaler war als das Geplapper heute Morgen. Die Zeit verging, während wir beide unseren Gedanken nachhingen.
    »Ich wasche ab, Mom.« Ich nahm den Teller und ging zur saucenbesprenkelten Arbeitsfläche. Ich war wirklich keine sehr ordentliche Köchin. Leicht verlegen stellte ich die kleinen Gewürzdosen wieder ins Regal, die mitten in den um das Schneidebrett herum versprengten Baguettekrumen gestanden hatten.
    »Danke, Schatz. Das war lecker.« Meine Mutter stand etwas steifbeinig auf und lachte über den Saustall. Sie schüttelte den Kopf. »Da hast du ja was zu tun. Soll ich dir nicht doch helfen?«
    »Nee, geht schon. Ich hab sonst nichts vor.«
    In Wahrheit hatte ich immer noch ein schlechtes Gewissen. Und mit kochen und abwaschen konnte ich das etwas beruhigen.
    Die Küche war in Rekordzeit wieder sauber. Nach einem letzten prüfenden Blick war ich sicher, dass meine Mutter mir einen Orden verleihen würde. Ich lief leise die Treppe rauf in mein Zimmer und hatte schon nichts anderes mehr im Kopf als meinen Nachmittag mit Garreth.
    Es war Freitagabend. Normale Mädchen in meinem Alter machten sich jetzt ausgehfertig, ich aber wollte bloßmeine ausgeleierte Trainingshose anziehen, den iPod auf Shuffle stellen und an den Jungen mit den blauen Augen denken, mit dem ich den Nachmittag verbracht hatte.

KAPITEL 6

    Die Absicht, mich noch einmal durch den Nachmittag mit Garreth zu träumen, war nur noch ferne Erinnerung. Im Zimmer war es stockdunkel. Ich hing mit dem Oberkörper über dem Schreibtisch, war schweißgebadet und völlig benommen. Es musste Stunden her sein, dass ich nach oben gekommen war.
    Ich schlurfte zum Bett, ließ mich auf die Decke fallen und versuchte, mich zu erinnern. In der Nacht nach Garreths Auftauchen hatten sich meine merkwürdigen Träume nicht wiederholt. Ich hatte gehofft, das würde auch so bleiben, war aber jetzt eines Besseren belehrt worden. Zwar hatte ich keine Erinnerung mehr an den Traum, spürte aber noch nackte Panik auf meiner Haut. Und Augen, die mich beobachteten, nach denen ich immer gesucht hatte, von denen ich wusste, dass es sie irgendwo gab … aber sie blieben verschwommen und vage.
    Der Traum war wie die anderen gewesen: Etwas lauerte mir auf, saß mir im Nacken … nur diesmal war ich nicht die Einzige, die beobachtet wurde. Garreth war mit in meinem Traum und beschützte mich vor der unsichtbaren Macht von … ach … wenn ich mich nur erinnern könnte!
    Ich setzte mich auf und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich war todmüde. Der Traum schien mehr eine Erinnerung als nur ein Traum zu sein, auch wenn das unmöglich war. Seine Schatten vernebelten weiterhin jeden klaren Gedanken.
    Meine Bettdecke fühlte sich eiskalt an, aber mir war warm, als ob mich jemand die ganze Nacht lang im Arm gehalten hätte. Eine vertraute Wärme, die mich schon früher als Kind nach Albträumen getröstet hatte. Damals griff ich ständig nach den Händen meiner Mutter, um zu sehen, ob sie tagsüber so warm waren wie nachts immer. Denn wer außer ihr sollte in mein Zimmer kommen und mich trösten? Meine Mutter amüsierte sich über meine beharrliche Überzeugung, weil ihre Hände immer kalt waren. Sie hatte eine andere Theorie: Wenn sie nicht da sein konnte, würde mein Schutzengel bei mir bleiben.
    Das leuchtete mir vorübergehend ein und half beim Schlafen, als ich noch klein und ängstlich war. Aber irgendwann war ich zu alt für solche Geschichten, auch wenn die Träume immer wiederkamen.
    Doch erst in letzter Zeit hatte ich erneut richtig Angst bekommen. Natürlich kam ich mir

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