Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Murgia
Vom Netzwerk:
rumhängt.«
    »Genau. Wie gesagt, untypisches Verhalten.« Jetzt seufzte Garreth. Langsam kamen wir in bewohntes Gebiet zurück. Ich sah die Lichter einer Tankstelle vor uns und fühlte die Anspannung nachlassen, obwohl die Kopfschmerzen, die sich beim Rave eingestellt hatten, jetzt ihr volles Unwesen trieben. Dann kam mir ein Gedanke.
    »Garreth, wie ist Hadrian?«
    Er hielt an und betrachtete mich eindringlich.
    »Nun, er strahlt eine gewisse Würde aus, auch wenn das schwer zu glauben ist. Hadrian umgibt eine Art Aura, wenn man in seiner Nähe ist. Man ist von ihm überwältigt … fasziniert.«
    Aus unerfindlichen Gründen beunruhigte mich das sehr. Die Bilder des eben überstandenen Abends, die ich am liebsten aus meinem Gedächtnis verbannen wollte, mischten sich mit der Erinnerung an schwarze Flügel, die gelegentlich durch mein Zimmer flatterten. Da gab es eine Verbindung, aber ich bekam sie nicht zu fassen. Die Teile gehörten irgendwie zusammen, aber es fehlten noch welche … oder vielleicht lagen sie schon da, mussten aber noch eingesetzt werden.
    Eine absurde Frage lag mir auf der Zunge. Es ging um Ryan, er hatte irgendeine Verbindung zu Hadrian, die ich nicht verstand. Ich dachte daran, wie Ryan mich von oben bis unten gemustert hatte. Das war ganz klar ein Psychospiel gewesen, aber ich hatte mich eher entmutigt und bedroht als eingeschüchtert gefühlt. Nein. Ich bekam das Puzzle einfach nicht zusammen. Ryan und Hadrian konnten unmöglich ein und dieselbe Person sein. Doch falls …
    Nimm den Schlüssel. Steck ihn ins Loch. Dreh um. Sesam öffne dich.
    »Garreth, kann es sein, dass Hadrian Ryan manipuliert?«
    Mein Herz schlug heftig, und ich sah ihn eindringlich an. Noch die kleinste Reaktion auf meine Frage war jetzt wichtig.
    »Ja. Ich glaube, dass Hadrian hinter den Schutzengeln der Menschen her ist, die dir nahestehen, um an dich heranzukommen.«
    Mir wurde schlecht.
    »W ie? Wie macht er das?«
    Garreth wandte sich mir in dem engen Jeep zu und sah mich gespannt an.
    »Für Hadrian ist das ein Spiel, das er mit allen Mitteln gewinnen will. Wir Schutzengel sind nicht menschlich. Wir haben starke Gefühle, aber unsere Grundstruktur ist zerbrechlich. Wie kann ich dir das erklären? Wir sind lebendige Seelen, die zwischen verschiedenen Formen hin- und herwechseln. Hadrian kann uns überwältigen, wenn wir am schwächsten sind, nämlich wenn wir gerade mit unseren Schützlingen beschäftigt sind. Wenn wir sie beschützen oder eine Entscheidung beeinflussen – das Schicksal verändern.«
    »Ich hätte gedacht, dann wäre ein Schutzengel am stärksten«, unterbrach ich ihn.
    »Im Gegenteil. Dann sind wir verwundbar.«
    Darüber musste ich nachdenken. Garreth war also jetzt verwundbar, weil er mit mir zusammen war. Ich brachte ihn in Gefahr.
    »Und was passiert mit einem Menschen, dessen Schutzengel überwältigt wird?«
    Garreth warf mir einen widerstrebenden Blick zu.
    »W enn sein Schutzengel überwältigt wird, verändert sich der Mensch sofort körperlich und geistig. Diese Veränderung ist so drastisch, dass sie nur vergleichbar ist mitdem Moment, in dem eine Seele einen sterbenden Körper verlässt.«
    Er beobachtete meine Reaktion und fuhr fort. »Sogar die Körpertemperatur fällt ab, weil die schützende Wärme des Engels nicht mehr da ist. Stattdessen breiten sich Kälte und Bösartigkeit aus.«
    »Fühlst du dich deshalb so warm an? Wie neulich, als du mir was von deinem inneren Licht abgegeben hast?«
    Er nickte. »Ich bin ganz anders strukturiert als du. Ein Schutzengel scheint nur aus Fleisch und Blut zu sein, auch wenn man ihn anfassen kann, und unsere Körpertemperatur ist höher als die von euch Menschen.«
    Garreth sah mich aufmerksam an. Sein Gesichtsausdruck war weich, aber dahinter lag Schmerz verborgen. Er nahm meine Hand in seine.
    »Dieser kleine Lebensfunke in dir, der dir sagt, was richtig und was falsch ist, der dich davon abhält, falsche Entscheidungen zu treffen, der dich vor Gefahr schützt. Stell dir vor, dieser Funke wird dir plötzlich entrissen. Dann fühlst du nur noch Leere und Ratlosigkeit, und dieses Gefühl ist so unerträglich, dass es dich in den Wahnsinn treibt.«
    Es war unvorstellbar, dass Garreth mir entrissen werden könnte. Was das anrichten würde, war nicht mit Worten zu beschreiben. Garreth war so sehr Teil von mir, es wäre, als würde man mich in der Mitte aufschlitzen.
    »Ist der Schutzengel entrissen, wird der Mensch zu einer willenlosen

Weitere Kostenlose Bücher