Engelsstern
Marionette«, flüsterte er und starrte aus dem Fenster. »Ohne das Lebenslicht des Schutzengelskann Hadrian mit dem Menschen machen, was immer er will.«
Das reichte. Ich wusste jetzt, was ich in Claires Auto und im Wald miterlebt hatte. Es schien zu spät zu sein für die anderen, vielleicht ausgenommen Lauren. Aber am Ende würde es auch sie treffen. Mir blieb nur die Hoffnung, dass sich irgendwie alles rückgängig machen ließe, allerdings hatte ich keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Hadrian wurde immer mächtiger, und wir konnten ihn nicht aufhalten.
Garreth legte den Gang ein, und der Wagen kam ins Rollen. Wir schwiegen, im Geiste ließ ich wieder und wieder den Abend ablaufen, um zu verstehen, was ich erlebt und was das zu bedeuten hatte. Ich griff nach Garreths warmer Hand und zog sie in meinen Schoß, wie um ihn festzuhalten. Hadrian würde ihn nicht in die Finger kriegen, das würde ich nicht zulassen. Hadrian würde mir meinen Schutzengel nicht entreißen. Unter meinen Fingerspitzen spürte ich die Linien in seiner Hand. Sein Zeichen.
»Hadrians sieht anders aus.«
»W as?«
Garreth sah mich an. »Hadrians Zeichen. Es sieht anders aus. Es besteht aus zwei übereinanderliegenden Quadraten.«
Dank meiner Neugier und Internetrecherche wusste ich, wovon Garreth sprach, als ob mir dieses Wissen bestimmt war. Wenn ich mich richtig erinnerte, symbolisierte der Stern aus zwei Quadraten Trennung und Konflikt und zeigte nicht nur, welche Art von Schutzengel Hadrian war, sondern stand vielmehr für … seine Absichten.
Ich legte meinen Kopf auf Garreths Schulter. Endlich hatte ich begriffen. Wenn Hadrian tatsächlich Ryans Schutzengel unter seine Kontrolle gebracht hatte, dann beobachtete er mich schon länger, als ich geahnt hatte.
Und ich hatte gerade meine beste Freundin schutzlos in den Klauen des unvorstellbar Bösen zurückgelassen.
KAPITEL 14
An Schlaf war zwar nicht zu denken, aber ich machte doch die Augen zu, als Garreth mich nach Hause fuhr. Gerne hätte ich mich irgendwohin geträumt, wo der finstere Wald gar nicht existierte. Aber dunkle Gesichter und böse Worte schwirrten mir durch den Kopf und hielten mich wach, dabei wären Schlaf und Vergessen eine Erlösung gewesen. Ich kuschelte mich an Garreths Schulter und atmete tief seinen beruhigenden Geruch ein, als wäre das die einzige Luft, die ich zum Leben brauchte.
Es war schon sehr spät, als wir bei mir zu Hause eintrafen. Ich nahm den Hintereingang und drehte den Schlüssel so leise wie möglich im Schloss um. Auf Zehenspitzen schlich ich an meiner Mutter vorbei, die im Wohnzimmer auf dem Sofa eingeschlafen war, und machte den Fernseher aus. Sie lag entspannt auf der Couch und atmete tief, es war also nicht davon auszugehen, dass sie demnächst aufwachen würde.
Einen Augenblick lang war ich allein. Völlig gegen jede Gewohnheit hatte ich Garreth gebeten, sich in mein Zimmer zu schleichen – ich wollte jetzt nicht allein seinund im Geist den ganzen Abend immer wieder von Anfang bis Ende durchspielen. Dafür war ich zu mitgenommen. Also sollte er tun, was er ohnehin immer tat … mich beschützen, in diesem Fall vor meinen eigenen Gedanken. Er hatte versprochen zu kommen, sobald er den Jeep irgendwo außer Sichtweite um die nächste Ecke geparkt hatte. Von Müdigkeit überwältigt, dachte ich nicht weiter darüber nach, wie er wohl reinkommen würde. Er würde schon einen Weg finden, also trottete ich nach oben.
Dort zog ich die Jeans und das braune Sweatshirt aus, das ich anhatte, und stopfte beides in den Wäschekorb im Schrank. Bevor meine Mutter die Sachen in die Waschmaschine tat, würde ich die ekligen Kletten noch abpulen müssen. Ich ersetzte die dreckigen Klamotten durch eine warme Flanell-Schlafanzughose und ein T-Shirt und schrieb schnell eine SMS an Claire, auch wenn sie die wohl nicht so bald lesen, geschweige denn beantworten würde. Ich wollte wissen, wie es ihr ging, und sie vor allem wissen lassen, dass ich mir Sorgen machte. Ryans schwarze Augen blitzten vor meinem inneren Auge auf, mein Daumen flog über die Tastatur. Bloß weg mit diesen schwarzen, bohrenden Augen.
ALLES OK? SZ
Ich wartete. Nichts. Ich griff wieder zum Handy.
WAS IST MIT B & R?????? HASSEN MICH!
Schweigen im Walde.
WO BIST DU?
Ich sah auf die Uhr. Eins vorbei. Ich hätte lieber mit ihr gesprochen als ihr geschrieben, aber bestimmt war sieimmer noch mit Brynn und Ryan unterwegs. Und dann konnte sie mit Sicherheit nicht
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