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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Murgia
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Eingeweihten wussten. Claire gab mir mit schiefem Lächeln eine kleine Karte. Ich sah auf das Bild und hätte das Ding gerne zerrissen. Im Dunkeln sah es halbwegs echt aus, und ich folgte den anderen widerwillig in die Dunkelheit.

KAPITEL 13

    Ich stolperte ständig, obwohl ich mir Mühe gab, den Wurzeln und Löchern im dunklen Waldboden auszuweichen. Mein letztes Abenteuer in so einer Umgebung war völlig anders verlaufen, sehnsüchtig dachte ich an den verzauberten Ort, an den Garreth mich gebracht hatte.
    Das laute Surren von Reifen auf dem Asphalt der Straße hinter uns wurde immer leiser. Dass die Musik auf dem Parkplatz so deutlich zu hören gewesen war, hatte mich irregeführt. Ich hatte angenommen, der Rave wäre ganz in der Nähe, doch das stellte sich als falsch heraus. Wir marschierten viel länger, als mir lieb war, und entfernten uns immer weiter von jeglicher Zivilisation, was mich zunehmend nervös machte.
    Die Nachhut behielt mich ständig im Auge, sonst hätte ich wahrscheinlich einen Fluchtversuch unternommen. Brynn folgte mir so dicht auf den Fersen, als hätte sie einen siebten Sinn für meine Fluchtfantasien. Ich stellte mir verschiedene Szenarien vor, malte mir aus, dass es plötzlich stockfinster werden würde, damit ich unbemerkt verschwinden könnte. Oder dass mit etwas Glück Brynnmit Schwung einen Ast ins Gesicht kriegen würde, sodass ich wegrennen könnte.
    Meine Hand brannte geradezu darauf, so einen Ast zu finden, aber ich hatte kein Glück. Ich spürte, wie Brynns eisiger Blick mir ein bleibendes Loch in den Rücken fräste. Glaubte Claire echt, ich würde mich hier amüsieren? Als ich gerade so richtig die Nase voll davon hatte, durch die Dunkelheit zu stolpern und mir an Dornbüschen alles aufzureißen, kam ein verlassenes Lagerhaus in Sicht.
    Das wuchtige Gebäude wirkte durch die blitzenden Lichtstrahlen und wummernde Musik, die aus den dunklen Öffnungen quollen, regelrecht bedrohlich, fast wie eine Betonfestung. Am Eingang wartete bereits eine lange Schlange, zu meiner Erleichterung kannte ich niemanden. Brynn und ihre Truppe waren an der Carver Highschool so ziemlich die Einzigen, die überhaupt bei solchen Veranstaltungen aufkreuzten.
    Brynn quittierte ihren Dienst als mein Babysitter und schob sich geschmeidig an die Spitze der Schlange vor. Sie flirtete mit dem Türsteher an der Eingangstreppe, aus der geöffneten Tür flackerte das Licht des Stroboskops und zuckte über ihre Haut.
    Geistesgegenwärtig nutzte ich ihre kurze Abwesenheit. »Claire! Komm, lass uns abhauen!«
    Claire sah mich so abwesend an, dass ich sie am liebsten geschüttelt und zum Auto zurückgezerrt hätte. Ich rieb mir die Arme, um warm zu bleiben. Ob sich da gerade eine Erkältung ankündigte?
    »Claire, bitte. Ich will nach Hause.«
    Aber als sie endlich den Mund aufmachte, um zu antworten, ertönte stattdessen Brynns Samtstimme. »Sie will aber noch nicht gehen. Stimmt’s, Claire?« Sie trat zu uns und schob besitzergreifend ihren Arm durch den von Claire.
    Ich streckte die Hand aus und legte sie auf Claires Arm. Bei der Berührung zuckte ich zurück: ihre Haut war wie Eis. Vielleicht kriegte nicht ich eine Erkältung. Vielleicht war Claire krank.
    »Claire, lass uns zum Auto zurückgehen und Kaffee holen wie immer. Mein Kopf hält das nicht durch.« Ich deutete auf das vibrierende Gebäude.
    »Oooh. Hast du Kopfweh, Teagan?«, unterbrach Brynn. »Oder machst du dir Sorgen um deinen engelhaften Ruf?«
    Ich verabscheute ihren spöttischen Tonfall und ignorierte ihre Worte. Das weckte das Interesse von Sage, Emily und Lauren, die aufhörten, die Leute in der Schlange anzugaffen, und sich stattdessen unserem Disput auf dem Rasen zuwandten.
    In dem Moment kam Ryan auf uns zu, und ich begriff, dass er der Anführer der kleinen Gruppe war, nicht Brynn. Darauf war ich nicht vorbereitet, ich bekam es mit der Angst, weil ich nicht mehr einschätzen konnte, was hier tief im Wald noch alles passieren würde. Als aus Sekunden endlose, quälende Minuten wurden, kam mir der Gedanke, dass wir gar nicht wegen des blöden Raves hier waren, sondern aus einem ganz anderen Grund.
    Ryan stellte die Lampe vor sich auf den Boden, sodass das Licht seine Gestalt riesenhaft vergrößerte. Unwillkürlich machte ich einen Schritt zurück. In dem unheimlichen Licht der Lampe sahen seine Augen noch dunkler aus als Brynns, Pupille und Iris gingen ineinander über. Mir stockte der Atem. Seine Augen wirkten verloren … leer …

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