Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
eigentlich damit gerechnet, dass sie ein paar esoterische Daten aus den Engel-Kontrollstudien des Instituts anführen würde. »Ist das Ihr Ernst?«
»Im gleichen Zeitraum«, fügte sie hinzu, »haben mindestens fünfzig weitere Engelträger ebenfalls gegen das Gesetz verstoßen.«
»Und man hat das alles geheim zu halten vermocht?«
»Der Hohe Senat hat es verstanden, die Probleme dezent unter den Teppich zu kehren«, sagte sie. »Es hat sich außerdem herausgestellt, dass die meisten der betreffenden Personen an schwerwiegenden geistigen oder emotionalen Störungen litten, die sie bis dahin zu kaschieren vermocht hatten.«
»Trotzdem«, wandte Kosta ein. »Ist das denn nicht etwas, worüber die Leute Bescheid wissen müssten?«
»Ja, das stimmt«, bestätigte sie ihm. »Und wenn es nach mir ginge, dann würden sie auch davon erfahren.«
»Nach wem geht es also?«, fragte Kosta. »Nach dem Hohen Senat?«
»Es wissen auch nur die wenigsten Hohen Senatoren davon«, sagte sie. »Nur die oberste Führungsriege sowie ein paar hochrangige EmDef-Offiziere. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass sieben Hohe Senatoren in zehn Jahren gar keine so schlechte Quote sein.«
Kosta schnaubte. »Es ist wohl eher so, dass sie ihre Ärsche retten wollen, nachdem sie den Leuten jahrelang erzählt haben, welche Sicherheit die Engel ihnen beschert hätten.«
»Nein, das glaube ich nicht«, sagte Podolak. »Das Problem besteht vielmehr darin, dass die Engel tatsächlich funktionieren – zumindest meistens. Sie haben die Abläufe im Hohen Senat optimiert und die Kriminalitätsrate deutlich gesenkt.«
»Wie deutlich?«
»Substantiell«, sagte Podolak. »In den zwanzig Jahren vor der Einführung der Engel wurden über zweihundert Senatoren angeklagt, verwarnt oder wegen illegaler Aktivitäten oder und ethischen Verhaltens aus dem Amt entfernt.«
»Das ist allerdings signifikant«, räumte Kosta ein.
»Und dieses Muster wiederholt sich bei den Engel-Trägern bei EmDef und auf der lokalen Verwaltungsebene«, fuhr Podolak fort. »Nun wissen Sie also, weshalb man im Moment keine schlafenden Hunde wecken will.«
»Aber Sie sind trotzdem nicht damit einverstanden.«
Podolak seufzte. »Sie haben Recht, die Engel haben den Leuten ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Das Problem ist nur, dass sie sich nun zu sicher fühlen. Die gesunde Skepsis, die eine Bevölkerung ihren gewählten Vertretern entgegenbringen muss, wurde abgeschwächt, wenn nicht gar vollständig eingeschläfert. Auch wenn die Engel perfekt wären, wäre das kein gesunder Zustand. Wie gesagt, es ist ziemlich gefährlich für die Gesellschaft.«
Kosta hatte das Gefühl, als ob man ihm die Kehle zuschnürte. »Ganz zu schweigen von den Pax. Der einzige Grund, weshalb sie uns nicht schon plattgemacht haben, ist der: Unser Hoher Senat hat sie davon überzeugt, dass die Engel eine unüberwindliche Alien-Streitmacht darstellen.«
»Vielleicht«, sagte Podolak. »Wenn es nicht diese Entschuldigung wäre, dann eben eine andere. Die Pax haben einfach Spaß daran, andere Völker zu unterwerfen.«
Kosta ließ den Blick über die Ausrüstungsbox-Stapel schweifen. »Was erwarten Sie also von mir?«, fragte er.
»Das Gleiche, wonach alle guten Wissenschaftler streben«, sagte Podolak. »Ich möchte, dass Sie die Wahrheit herausfinden.«
»Dann wird der Augiasstall in Politik und Gesellschaft ausgemistet – ohne Rücksicht auf Verluste«, sagte Podolak und stand auf. »Gut. Ich glaube, dass Sie und Mr. Gyasi nun gehen sollten. Leider kann keiner von Ihnen beiden so viel Ausrüstung auf einmal hinaus schaffen.«
Sie lächelte kaum merklich. »Das bedeutet, dass ich Sie zum Tor bringen muss. Sie sollten lieber ein paar Gepäckwagen anfordern; Sie werden sie brauchen.«
34
Es war exakt siebzehn Uhr dreißig, und das Stardust Metals-Gebäude war schon fast verwaist, als Chandris Amberson Toomes’ Bürotür erreichte und anklopfte. Toomes erwartete sie offensichtlich schon: Die Tür glitt sofort auf. Chandris straffte sich und trat ein.
Er wartete tatsächlich schon auf sie. Er saß auf der mit Daunen gepolsterten Couch und war mit einer aufwendig bestickten, knöchellangen Robe bekleidet. Chandris vermochte nicht zu sagen, ob er etwas unter der Robe trug oder nicht, aber sie sagte sich, dass sie es wohl schon bald herausfinden würde.
»Sie sind pünktlich«, begrüßte er sie. Er hatte wieder dieses animalische Lächeln aufgesetzt. »Das gefällt mir.«
Er wedelte mit einem
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