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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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und hörte nichts als das Fauchen eines nächtlichen Jägers, dessen Beute noch andere Opfer gewarnt hatte, bevor sie ihm durch die Lappen geflattert war.
    Unwillkürlich musste Pieplow lächeln. Über den cleveren Beutevogel und über seinen eigenen Kinderschrecken.
    Er wandte sich nach links, dem Pfad zu, der sich zwischen verfilztes Buschwerk senkte, bevor er aufstieg und den Blick freigab auf den Platz, an dem Wanda gestorben war.
    Oder, genauer gesagt, an dem ein Unglück begonnen hatte, dessen Hergang niemand kannte.
    Außer dem Täter. Vorausgesetzt, es gab ihn.
    Pieplow machte einen Schritt auf die Kliffkante zu.
    Dort musste Wanda gestanden haben. Er sah sie vor sich in ihrer hellen Hose und der talarweiten Bluse. Die Arme ausgebreitet, als wolle sie ihn segnen. Oder warnen.
    Wovor?
    Ihr näher zu kommen? Sie vor sich herzutreiben? Auf die Kliffkante zu und in die Tiefe.
    Pieplow wich zurück. Kniff die Augen zu und schüttelte den Kopf, um das Trugbild zu vertreiben. Sein Herz trommelte und in seinen Ohren rauschte die Ahnung von Gefahr.
    Das Knacken trockener Zweige kam von der Seite. Sehr laut in der Stille und sehr massiv. Als bräche ein Bär durch das dürre Strauchwerk links von ihm. Groß und schwarz. Mit einem kehligen Laut, den Pieplow noch hörte, bevor er zu Boden ging und den Knall noch spürte, mit dem sein Hinterkopf aufschlug.
     
    Ein rhythmisches Klatschen holte ihn aus der Dunkelheit zurück. Schnell und fest traf es sein Gesicht. Rechts. Links. Rechts. Links.
    Pieplow stöhnte.
    »Scheiße, Mann, Scheiße! Wach auf, Alter! Na, los, mach schon. Oh, Scheiße, verdammt!«
    Als Pieplow die Augen öffnete, hörte das Klatschen auf. Das Fluchen nicht.
    »Zur Hölle, Mann, Scheiße. Tut mir echt leid. Aber ich dachte...«
    »Halt doch bloß mal die Klappe!« Pieplow wollte nicht wissen, was Dennis Zorowski dachte. Jedenfalls nicht sofort. Erst wollte er zu sich kommen und abklären, ob sein Kopf so weit in Ordnung war, dass er ein Gespräch mit Zorro aushielt. Dennis Zorowski, polizeibekannt seit seiner Schulzeit. Die lag, Pi mal Daumen, gut zwanzig Jahre zurück und hatte bereits damals erste Verwilderungstendenzen erkennen lassen. Pausenhofschlägereien, Sachbeschädigung, Trunkenheitsdelikte schon vor der Jugendweihe. Was man so machte außer nichts.
    Lieblingsfarbe Schwarz, und, nomen est omen, immer bereit, sich für den Rächer aller Enterbten zu halten. Zorro. Nicht nur die Eltern waren erleichtert, als er seine erste Heuer bekam und es in den Jahren danach immerhin bis zum Bootsmann brachte.
    Warum und wieso er abgemustert hatte, wusste niemand genau. Zwei oder drei Jahre musste das her sein. Seitdem lungerte er auf der Insel herum, war immer auf Krawall gebürstet und für jeden Raufhandel zu haben.
    Pieplow kramte die Taschenlampe hervor und beleuchtete seine Fingerspitzen. Kein Blut. Immerhin. Er legte Zeige- und Mittelfinger wieder auf die Stelle seines Hinterkopfs, die zu einer eiförmigen Wölbung schwoll, und musterte Zorro, wie er neben ihm hockte. Die muskulösen Arme mit den Ellenbogen auf die Knie gestützt, der bullige Oberkörper schuldbewusst vornübergebeugt.
    »Tut mir echt leid, Sheriff!«
    Wer das R in ›Sheriff‹ so rollen ließ wie Zorro, sollte sich tatsächlich nicht als anonymer Tippgeber betätigen.
    »Hör auf mit diesem dämlichen ›Sheriff‹!«
    »Alles klar, She... Chef.« Zorro bekam gerade noch die Anredekurve und klang zerknirscht.
    »Jetzt sag schon, was du dir bei dieser Aktion gedacht hast. Wir hätten beide über den Jordan gehen können. Ist dir das eigentlich klar?«
    »Klar ist mir das klar. Aber woher sollte ich denn wissen, dass du dich hier mitten in der Nacht herumtreibst?«
    »Ich treibe mich nicht herum. Ich überprüfe etwas.«
    »Ach, und was, wenn ich fragen darf?«
    »Es geht dich zwar überhaupt nichts an, aber gut – die Lichtverhältnisse zur Zeit des Unfalls.« Pieplow hatte schon lange nicht mehr mit so viel Vergnügen gelogen.
    »Du meinst Wanda, oder?«, vergewisserte sich Zorro.
    »Natürlich. Wen denn sonst?«
    »Das war kein Unfall. Das war Mord.«
    Gewiss doch, dachte Pieplow. Warum sollte ausgerechnet Zorro etwas anderes behaupten als seine Zechkumpane. Andererseits... fragen kostete nichts: »Wie kommst du darauf?«
    »Ich weiß es eben.«
    »Verrätst du vielleicht auch, woher?«
    »Na ja... also«, druckste Zorro. Er sah sich um, als könne es ungebetene Zuhörer geben. »Sie hat’s mir gesagt.«
    »Wanda?«, fragte

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