EngelsZorn - Im Blutrausch
fünf Minuten und Isabelle schlief ein.
Am Morgen wurde sie vom Arzt geweckt. „Mademoiselle Dion, schlafen Sie noch?“
Isabelle sah zu ihm auf und rieb sich die Augen.
„Sébastian de Valence hat Fortschritte gemacht. Sein Zustand hat sich gravierend verbessert. Er kann wieder selbstständig atmen. Wir haben gestern die Beatmungsmaschine abgestellt.“
Isabelle sprang auf und umarmte den Arzt. „Sie konnten mir keine schönere Nachricht überbringen!“, stieß sie leise aus. Als der Arzt das Zimmer wieder verlassen hatte, beugte sich Isabelle über Sébastian. „Hast du gehört?! Du kannst wieder alleine atmen. Es wird nun endlich Zeit aufzuwachen!“, flüsterte sie in sein Ohr. Sie küsste ihn zum Abschied zärtlich auf seine Lippen.
Dann verließ sie das Zimmer.
Fort schlief diesmal nicht, als sie auf ihn zuging, sondern winkte sie aufgeregt zu sich in den Wagen.
„Was ist denn los, David?“
„Charon ist nicht der Mörder! Er hat ein Alibi. Er war i m L’Helium.. . den ganzen Sonntag, und zwar bis spät in die Nacht. Er wurde dort gesehen...“
„Ich kenne diese Bar. Dort war er früher fast jeden Abend.“ Da s L’Heliu m war eine gut besuchte Bar im Marais-Viertel in der Rue des Haudriettes.
„Der Barkeeper und mehrere Stammgäste können bezeugen, dass Charon den ganzen Abend über dort gewesen ist... Léon hat mich vor knapp einer Stunde angerufen.“
„Das heißt jetzt wohl, dass der Mörder immer noch auf freiem Fuß ist, nicht wahr?“
„Und ob! Ich hoffe nur, dass die Presse nicht Wind davon bekommt... was uns jetzt noch fehlen würde, wäre ein großer Artikel über das Ganze in der La Vitesse-Lumière... ich hab‘ Léon gesagt, dass ich ihn anruf‘, wenn Sie aus dem Krankenhaus herauskommen. Er will nämlich, dass wir uns gleich bei Ihnen treffen... Schlumberger soll bereits seit heute früh toben.“
Fort kramte einen handgeschriebenen Zettel aus seiner Hosentasche heraus. Dumas hatte ihm am gestrigen Tag noch schnell seine Nummer aufgeschrieben, bevor sie sich getrennt hatten. Er hatte seit ein paar Wochen eine neue Mobilnummer, die Fort noch nicht bekannt war. In der Aufregung hatte Fort jedoch vollkommen vergessen, dass Dumas’ Nummer bereits in seinem Mobiltelefon unte r ‚empfangene Anrufe‘ abgespeichert worden war. Fort tippte die Nummer ein. Anschließend legte er den Zettel auf die Armatur seines Renaults. Er wollte ihn erst wieder beim Aussteigen in die Hosentasche zurückstecken. Nach dem Gespräch mit Dumas sagte er: „In einer Viertelstunde treffen wir uns mit ihm in Ihrer Wohnung.“ Er schmiss sein Handy ins Handschuhfach.
„Okay.“
„Wie geht‘s Ihrem Verlobten?“ Fort sah zu ihr hinüber.
Ihre Miene hellte sich schlagartig auf. „Er kann wieder selbstständig atmen, David. Ist das nicht eine tolle Neuigkeit?“ Isabelles Augen funkelten vor Freude.
„Ja.“ Fort fühlte einen Stich in der Brust. Er hatte Panik vor dem Tag, an dem er sie verlieren würde. Er wusste, dass dieser Tag käme, wenn de Valence aus seinem Koma wieder erwachen würde. Insgeheim wünschte er sich, dieser Tag käme aber nie. ‚... oh Mann, wie kann ich mir nur seinen Tod wünschen? Was bin ich nur für ein Mensch?! Bin ich wirklich schon so tief gesunken?! Fuck it!...‘ Forts Gedanken überschlugen sich. Er sah Isabelle an. ‚... was Gott verflucht machst du nur mit mir? ... ich bin hoffnungslos verloren! Kann mir denn niemand helfen! Mich vor dir beschützen? Oh Mann, Isabelle, was machst du nur aus mir? Einen Meuchelmörder? Nein, niemals! Soweit sinke ich nicht. Ich bin kein Mörder!... oder doch? Könntest du mich überhaupt so lieben wie ihn? Könnte ich ihm jemals das Wasser reichen?...‘ Er sah ihr in die Augen. ‚... wahrscheinlich nie...‘ Resigniert wandte er seinen Blick aufs Lenkrad. Fort ahnte, dass ihn Isabelle niemals so lieben könnte und er immer weit hinter de Valence stehen würde, selbst nach dessen Tod. Da er jedoch sein Glück nicht auf ihrem Unglück aufbauen wollte, wünschte er sich genau in diesem Moment ein zweites Mal, sie hätte ihn erschossen, als sie die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Die seelischen Qualen waren unerträglich. ‚... ich wünschte, ich wär‘ tot... bitte gib‘ mir mein Herz zurück... hörst du? Gib‘ es mir wieder, bevor du aus mir noch einen Mörder machst...‘, dachte er und sah durch die Windschutzscheibe. ‚... ich liebe dich... soll ich’s dir sagen?... David, du Idiot! Als
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