EngelsZorn - Im Blutrausch
zurück.
Es war das Einzige, was er zum Fesseln gefunden hatte. Daraufhin legte er Forts Arme auf den Rücken und klebte mit dem Klebeband dessen Handgelenke zusammen. Anschließend wickelte er einen Streifen vom Klebeband noch um Forts Füße. Als er fertig war, griff er nach der Waffe, entnahm sie ihm aus dem Halfter und steckte sie in seine Manteltasche. Er bückte sich abermals zu Fort hinunter, packte ihn an seinem schwarzen Haar, hob seinen Kopf leicht an und ließ ihn dann, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass er immer noch besinnungslos war, wieder unsanft auf den harten Fußboden zurückfallen.
Nun stieg er über ihn hinweg und machte sich auf den Weg nach oben.
13
Es hatte gerade das vierte Semester seines Medizinstudiums an der Sorbonne Université Paris V – René Descartes in Paris begonnen. Nur von einem einzigen Gedanken wurde Jean angetrieben; nämlich dem, ein großartiger Chirurg zu werden. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann dieser Wunsch das erste Mal in ihm aufgekommen war, aber ab diesem Zeitpunkt hatte er sein Leben der Medizin verschrieben. Schon die ersten Frösche hatte er in der achten Klasse mit großer Begeisterung seziert. Es waren nur wenige Wochen dieses Schuljahres vergangen, als ihn seine Mitschüler bereits begonnen hatten, für einen Sonderling zu halten. Sie hatten sich bewusst von ihm ferngehalten. Auch seine Freunde hatten angefangen, seine Vorliebe für das Sezieren äußerst merkwürdig und befremdend zu finden. Nachdem er sich an der Sorbonne eingeschrieben hatte, war er schon nach nur wenigen Wochen einer der besten und begabtesten Studenten der Universität geworden. Er war sehr beliebt bei seinen Professoren sowie seinen Kommilitonen.
Jean hatte ein längliches, sehr ebenmäßiges, dennoch etwas kantiges Gesicht. Schon seit geraumer Zeit hatte er jeden Morgen seinen Bartwuchs im Spiegel beobachtet und sich nur jeden dritten Tag rasiert. Seine Freunde hatten sich oft über ihn lustig gemacht. „Mann, hey, rasier‘ dich endlich mal wieder! Weißt du nicht, dass ein Dreitagebar t mega-ou t ist? Um mega-i n zu sein, muss man sich in deinem Gesicht spiegeln können! Dummkopf. Wenn du auch so megacool sein willst wie wir, dann rasier‘ dich gefälligst, Mann!“, hatten ihm seine Freunde oft vorgehalten. Aber es war ihm egal gewesen. Er war stolz auf seinen Dreitagebart, der ihm übrigens überaus männliche Gesichtszüge verlieh. Jean sah dadurch älter aus, als er tatsächlich war. Er hatte volle, blutrote Lippen, die sich deutlich aus seinem Gesicht hervorhoben und ihm ein strahlendes Lächeln verliehen. Sein dunkelbraunes, gewelltes, kurzes Haar bedeckte seinen Nacken. Eine Haarlocke ließ er immer absichtlich in die Stirn fallen. Jeans dunkle Augenbrauen waren sehr dicht und schmückten seine rehbraunen Augen. Seine überaus langen Wimpern hatte er von seiner Mutter in die Wiege gelegt bekommen. Jean hatte eine längliche und sehr schmale Nase, die dennoch nicht zu groß in seinem markanten Gesicht wirkte. Sein Gesichtsausdruck hatte etwas Geheimnisvolles an sich. Er hatte zudem einen schmalen, langen Hals. Über seinen am Kopf eng anliegenden Ohren hingen vereinzelt ein paar lockige Strähnen seines gewellten, dichten Haares und immer, wenn er nervös wurde, strich er sie sich nach hinten. Seine hochgewachsene, muskulöse Statur verdankte er seinem Vater. Die Kleidung, die er trug, gefiel seiner Mutter ganz und gar nicht. „Musst du schon wieder deine schwarze Lederhose anziehen, Jean? Und dann noch das schwarze Hemd dazu! Du siehst aus, als gingest du auf eine Beerdigung!“, hatte seine Mutter ihn oft gescholten. Jean war überaus attraktiv und hatte die besten Voraussetzungen dafür, Frauen anzusprechen. Er hätte sich in der Tat jeden Tag eine andere an Land ziehen können. Doch für Frauen hatte er keinen Blick übrig, sie interessierten ihn einfach nicht und dafür fehlte ihm auch jegliche Zeit. Verabredungen schlug er grundsätzlich aus. Gedemütigt erzählten die zurückgewiesenen Studentinnen dann ihren Freundinnen, dass er mit Sicherheit vom anderen Ufer sei. Jean verfolgte jedoch seit Beginn seines Studiums nur ein einziges Ziel. Er wollte Arzt werden. Um dies erreichen zu können, hatte er nächtelang über seinen Medizinbüchern verbracht und förmlich den Inhalt daraus in sich aufgesaugt.
Seine Jugendfreunde hatten ihn oft gedrängt, sich endlich ins Pariser Nachtleben zu stürzen. „Vergnüge dich lieber mal mit
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