EngelsZorn - Im Blutrausch
dem Namen leben, den ihr der Süße verpasst hat. Hast du gesehen, was für einen Klunker er ihr geschenkt hat?“
„Den Brillanten?“ Chloé sah sie fragend an.
Cécile nickte. „Der ist vo n Cartier . Ich hab‘ die Schachtel in Maries Zimmer gesehen. Weißt du, Kleines...“, hatte Cécile liebevoll zu Chloé gesagt, „... schöne Frauen haben’s immer leichter im Leben. Nimm‘ dir Marie als Beispiel. Er ist reich, gutaussehend, gut im Bett... zugegeben, er schlägt sie ab und zu. Aber was sind schon die paar Prügel, wenn man dafür in einem solchen Luxus leben kann?“
„Du hast recht, Mama , was sind dann scho n die paar Prügel!“ , warf sie ihrer Mutter ironisch entgegen.
Chloé beabsichtigte gleich am nächsten Tag zur Polizei zu gehen, Marie aus dem Hôtel de Crillon herausholen zu lassen und sich selber in einem Frauenhaus einzuquartieren, um endlich ihren großen Traum zu verwirklichen. Sie wollte eine Abendschule besuchen. Im Fernsehen hatte sie gesehen, dass es für Analphabeten spezielle Lernprogramme gab und besondere Seminare dafür angeboten wurden, um bei Erwachsenen den Lernprozess zu fördern, vor allem aber zu beschleunigen. Schon seit Langem plagten sie Nacht für Nacht Gedanken, da s Cécile einfach zu verlassen. Durch eine gut überlegte Flucht wollte sie endlich über ihren eigenen Schatten springen und die große, unbegründete Angst vor dem Unbekannten bekämpfen, um sie am Ende auch erfolgreich zu bewältigen. Nun sah sie ihre Aufgabe darin, Marie aus Nestors gewalttätigen Klauen zu befreien, um ihr das Leben als Hure, das sie selbst führen musste, zu ersparen. ‚... nein! Marie soll nicht das Leben einer Hure führen müssen! Und ich, Chloé Morfin , werde das zu verhindern wissen, Mutter...‘, dachte sie, als sie Cécile ansah und ihr einen verächtlichen Blick zuwarf. Viel zu lange schon hatte sie das Trauerspiel um Marie stillschweigend beobachtet. Nun gedachte sie, etwas dagegen zu tun.
„Nun gut, Mama , ich geh‘ dann mal lieber wieder an die Arbeit.“, sagte sie leise zu Cécile.
„Geh‘ nur, Kleines, geh‘ nur und mach‘ deine Mama glücklich.“, flüsterte sie Chloé zu. ‚... du dumme Gans. Eigentlich solltest du dich doch schon längst an das Leben einer Hure gewöhnt haben...‘, dachte Cécile verärgert, drehte sich um und stieg die Treppen hinauf. Genau in diesem Moment hatte sie beschlossen, an Maries Tür ein wenig zu lauschen.
Chloé war jedoch entgegen ihrer Behauptung, die sie ihrer Mutter gegenüber gemacht hatte, in ihrem Zimmer verschwunden, das sich nunmehr im Keller des Gebäudes befand, packte übereilt einige Kleinigkeiten in einen Koffer, holte eine Dose mit ihren ersparten Trinkgeldern, die sie vor Cécile versteckt gehalten hatte, hinter dem Schrank hervor, zog sich schnell um und verließ unbemerkt von der Hintertür aus da s Cécil e . Ihre alte Puppe, die auf ihrem Bett saß und am Kopfkissen anlehnte, klemmte sie hastig unter den Arm, bevor sie aus dem Zimmer hinausging.
Niemals hätte sie sich verziehen, wenn sie ihre Puppe i m Cécil e zurückgelassen
hätte.
Am nächsten Tag beabsichtigte sie gleich am frühen Morgen, Marie aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Sie hatte zwar noch keinen konkreten Plan und ziemlich unbeholfen war sie auch, aber sie wollte Marie helfen. Sie setzte all ihre Hoffnungen darauf, ihr Ziel zu erreichen.
Als Chloé jedoch vor den Treppen, die zur Metro hinunterführten, stand und bereits die ersten Stufen hinabstieg, überfiel sie plötzlich auf halbem Wege nach unten panische Angst und sie lief eilig die Treppen wieder hinauf. Als sie völlig außer Atem oben wieder angekommen war, wurde sie von einer Gruppe Jugendlicher angesprochen, die es belustigend fanden, dass Chloé eine Puppe unterm Arm trug.
„Hey, Süße, sag‘ bloß, du spielst noch mit Puppen!“, rief ihr einer zu und näherte sich ihr.
Panik brach bei Chloé aus. Unbewusst ging sie einige Schritte zurück. Dabei hatte sie nicht bemerkt, dass sie bereits am Rand des Bordsteins stand. Als der Fremde noch näher kam, drehte sie sich hastig um, um davonzulaufen, knickte mit dem rechten Fuß am Bordstein ab, verlor dadurch das Gleichgewicht und stürzte auf die befahrene Straße. Genau in diesem Augenblick passierte ein Linienbus, dessen Fahrer nicht rechtzeitig abbremsen konnte, die Stelle und Chloé wurde noch einige Meter unter dem fahrenden Bus mit geschleift. Sie war auf der Stelle tot.
Nachdem der Bus endlich zum
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