Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)
Laune, und Davey überlegte es sich anders.
»Sehr gut, lieber Matthew«, erklärte er traurig, »du musst mir nur zeigen, wie ich es machen soll.«
Aber sobald Onkel Matthew uns den Rücken gekehrt hatte, brach Davey in lautes Gejammer aus. »Nein, wirklich, dass Matthew Aladin unbedingt sprengen will, ist wirklich nicht richtig. Ihm ist es gleichgültig; er ist dann tot, aber er könnte ein bisschen mehr an uns denken.«
»Ich dachte, du würdest dann die schwarze und die weiße Pille nehmen«, sagte Linda.
»Emily gefällt die Idee nicht, und ich hatte mich entschlossen, sie nur zu nehmen, wenn ich verhaftet würde. Aber jetzt bin ich wieder unschlüssig. Matthew sagt, die deutsche Armee muss uns verpflegen, aber er weiß genauso gut wie ich, wenn sie uns verpflegen, was noch sehr fraglich ist, dann mit Stärkemehl und sonst gar nichts – wie bei Mrs. Beecher, nur schlimmer, und ich kann Stärkemehl vor allem in den Wintermonaten einfach nicht verdauen. Es ist ein Jammer. Der schreckliche Matthew handelt so unüberlegt!«
»Aber Davey«, sagte Linda, »was ist denn mit uns? Wir sitzen doch im selben Boot und beklagen uns nicht.«
»Nanny wird sich beklagen«, meinte Louisa naserümpfend und gab damit deutlich zu verstehen: »Ich werde mich ihr anschließen.«
»Nanny! Sie lebt in ihrer eigenen Welt«, erklärte Linda. »Aber wir sollten wissen, wofür wir kämpfen, und was mich angeht, so glaube ich, dass Pa völlig recht hat. Und wenn ich das schon meine, in meinem Zustand …«
»Oh, um dich wird man sich kümmern«, sagte Davey verbittert, »um schwangere Frauen kümmern sie sich immer. Sie werden dir Vitamine und alles Mögliche aus Amerika schicken, du wirst sehen. Aber kein Mensch wird sich um mich scheren, dabei bin ich so empfindlich, vom deutschen Heer kann ich mich einfach nicht verpflegen lassen, nie und nimmer werde ich ihnen begreiflich machen können, wie es da drinnen bei mir aussieht. Ich kenne die Deutschen.«
»Früher hast du immer gesagt, niemand habe besser verstanden, wie es bei dir da drinnen aussieht, als Dr. Meyerstein.«
»Benutz doch mal deinen Verstand, Linda. Werden sie denn ausgerechnet Dr. Meyerstein über Alconleigh abspringen lassen? Du weißt ganz genau, dass er seit Jahren in einem Lager ist. Nein, ich muss mich auf einen schleichenden Tod gefasst machen – keine besonders erfreuliche Aussicht, muss ich sagen.«
Linda nahm daraufhin Onkel Matthew beiseite und ließ sich von ihm zeigen, wie man Aladin sprengen kann.
»Daveys Geist ist nicht besonders willig«, meinte sie, »und sein Fleisch ist entschieden schwach.«
Hernach kam es für kurze Zeit zu einer Entfremdung zwischen Linda und Davey, jeder fand, der andere habe sich völlig unvernünftig verhalten. Aber das dauerte nicht lange. Sie hatten einander viel zu gern (ich bin sogar überzeugt, dass Davey Linda mehr liebte als alles andere auf der Welt), und wie Tante Sadie zuweilen sagte: »Wer weiß, vielleicht ergibt sich gar nicht die Notwendigkeit, diese scheußlichen Entschlüsse zu fassen.«
So ging der Winter langsam vorüber. Der Frühling kam, wie immer in Alconleigh, mit außerordentlicher Schönheit, mit einer Farbenpracht und Lebensfülle, die man nach den langen, grauen Wintermonaten gar nicht mehr erwartete. Alle Tiere bekamen Nachwuchs, überall sah man junge Lebewesen, und auch wir warteten voller Sehnsucht und Ungeduld auf die Geburt unserer Kinder. Die Tage und Stunden schleppten sich dahin, und Linda fing wieder an, »viel besser« zu sagen, wenn man sie fragte, wie spät es sei.
»Wie spät ist es, Liebling?«
»Rate.«
»Halb eins?«
»Viel besser! Viertel vor eins.«
Wir drei schwangeren Frauen hatten allesamt gewaltige Bäuche bekommen, unter tiefen Seufzern schleppten wir uns wie riesige Fruchtbarkeitsgöttinnen durch das Haus und spürten die Wärme der ersten schönen Tage mit gesteigertem Missbehagen.
Jetzt konnte Linda ihre schönen Pariser Kleider nicht mehr anziehen, genau wie Louisa und ich lief sie in einem Umstandskleid aus Baumwolle und in Sandalen umher. Sie verließ den Wäscheschrank der Hons und verbrachte bei schönem Wetter ganze Tage am Waldrand sitzend, während Plon-plon, der sich zu einem begeisterten, wenn auch erfolglosen Kaninchenjäger entwickelt hatte, keuchend kreuz und quer durch den grünen Dunst des Unterholzes tobte.
»Wenn mir etwas zustößt, Liebling, dann kümmere du dich um Plon-plon«, sagte sie. »Er war die ganze Zeit ein solcher Trost für
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