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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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nicht, seine Zuhörer ausführlich und in allen Einzelheiten davon in Kenntnis zu setzen, gleichgültig, ob sie interessiert schienen oder nicht. Äußerst ernsthaft war er, lachte schon längst nicht mehr über Lindas Scherze, und die gute Laune, die er zur Schau getragen hatte, als sie ihn kennenlernte, war wohl seinem jugendlichen Alter, dem Alkohol und seiner guten Gesundheit zu verdanken gewesen. Nun, da er erwachsen und verheiratet war, ließ er diese drei Dinge allesamt entschlossen hinter sich, verbrachte den Tag in der Bank und den Abend in Westminster, tat nie etwas zum eigenen Vergnügen und ging nie an die frische Luft: Sein wahres Wesen kam zum Vorschein, und er entpuppte sich als ein aufgeblasener, raffgieriger Holzkopf, der seinem Vater von Tag zu Tag ähnlicher wurde.
    Es gelang ihm nicht, aus Linda einen Aktivposten zu machen. Die arme Linda war unfähig, den Gesichtspunkt der Kroesigs zu begreifen; sosehr sie sich anstrengte (und anfangs gab sie sich wirklich viel Mühe, denn sie wollte um jeden Preis ihr Gefallen finden), er blieb ihr rätselhaft. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie es mit der bürgerlichen Weltanschauung zu tun, und jenes Schicksal, das Onkel Matthew mir wegen meiner bürgerlichen Erziehung so oft geweissagt hatte, hatte nun sie ereilt. Die äußerlichen, sichtbaren Zeichen, die er so sehr missbilligte, waren allesamt da – die Kroesigs sagten »Schreibpapier«, »Parfüm«, »Spiegel« und »Kaminsims« und ermunterten Linda sogar, sie mit »Vater« und »Mutter« anzusprechen, was sie im ersten Überschwang der Liebe auch tat, um sich dann während ihres weiteren Ehelebens davor zu drücken, indem sie sich nur noch der Anrede »ihr« und »du« bediente und schriftlich ausschließlich per Postkarte oder Telegramm mit ihnen verkehrte. Im Grunde ihrer Seele waren die Kroesigs Geschäftsleute und sahen alles nur unter einem einzigen Aspekt: Geld. Es war für sie Schutzwall und Verteidigung, es war ihre Hoffnung für die Zukunft und ihre Stütze für die Gegenwart, es erhob sie über ihre Mitmenschen und half ihnen, Unheil fernzuhalten. Geistige Vorzüge achteten sie nur, sofern sich mit ihrer Hilfe Geld, und zwar in beträchtlichen Mengen, heranschaffen ließ, es war ihr einziger Maßstab für Erfolg, es war die Macht und die Herrlichkeit. Ein Mann, von dem es hieß, er sei arm, war damit als Versager abgestempelt, unfähig in seinem Beruf, faul, unzuverlässig, verkommen. Handelte es sich um jemanden, der ihnen trotz dieses Krebsgeschwürs eigentlich sympathisch war, so setzten sie vielleicht hinzu, er habe im Leben viel Pech gehabt. Sie selbst jedoch hatten sich gegen solche Heimsuchungen vielfach abgesichert. Damit unkontrollierbare Katastrophen, wie Kriege oder Revolutionen, sie nicht überwältigen konnten, hatten sie in einem Dutzend verschiedener Länder große Summen angelegt; sie besaßen Ranches und Estancias und südafrikanische Farmen, ein Hotel in der Schweiz, eine Plantage in Malaya und nannten viele herrliche Diamanten ihr eigen, die aber nicht etwa Lindas hübschen Hals umfunkelten, sondern, Stein für Stein, in Schließfächern aufbewahrt wurden und leicht zu transportieren waren.
    So wie Linda aufgewachsen war, blieb ihr dies alles völlig unverständlich; denn über Geld wurde in Alconleigh nie gesprochen. Onkel Matthew verfügte ohne Zweifel über ein großes Einkommen, aber es leitete sich aus seinem Grund und Boden ab, es war an diesen Boden gebunden, und ein hoher Prozentsatz davon kehrte dorthin zurück. Sein Grundbesitz war für ihn etwas Geheiligtes, und noch geheiligter war ihm England. Sollte seinem Land ein Unglück zustoßen, so würde er ausharren und an dem Unglück mittragen oder sterben, aber nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, sich in Sicherheit zu bringen und das alte England im Stich zu lassen. Er, seine Familie und seine Besitzungen waren ein Teil Englands, und England war ein Teil von ihm, auf immer und ewig. Später, als schon der Krieg den Horizont verdunkelte, versuchte Tony ihn zu überreden, Geld nach Amerika zu schicken.
    »Wozu das?«, fragte Onkel Matthew.
    »Eines Tages bist du vielleicht froh, wenn du selbst nach drüben gehen oder die Kinder schicken kannst. Es kann nicht schaden, wenn …«
    »Vielleicht bin ich alt, aber schießen kann ich noch immer«, entgegnete Onkel Matthew wütend, »und Kinder habe ich keine mehr – zum Kämpfen sind sie alle groß genug.«
    »Victoria …«
    »Victoria ist dreizehn. Sie würde ihre

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