Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)
seinerseits wartete ab, was für ein Hochzeitsgeschenk Sir Leicester ihr machen würde. Es war ein schweinsledernes Reisenecessaire, die Gerätschaften aus dunklem Schildpatt und mit ihrem Monogramm in Gold. Lord Merlin schickte ihr daraufhin ein doppelt so großes Necessaire aus Saffianleder mit Utensilien aus hellem Schildpatt, und statt des Monogramms stand Linda in Diamanten darauf.
Er hatte sich vorgenommen, die Kroesigs mit einer ganzen Serie kunstvoller Streiche aufzuziehen, und dieser war sein erster.
Die Vorbereitungen für die Hochzeit verliefen keineswegs reibungslos. Es kam zu endlosen Auseinandersetzungen wegen der finanziellen Ausstattung des Ehepaars. Onkel Matthew, der seinem Besitz eine gewisse Summe für die nachgeborenen Kinder entnehmen und sie nach Gutdünken verteilen konnte, wollte Linda verständlicherweise nichts zukommen lassen, was den anderen am Ende fehlen würde, denn schließlich heiratete sie den Sohn eines Millionärs. Sir Leicester hingegen weigerte sich, auch nur einen Penny herauszurücken, solange Onkel Matthew nicht ebenfalls dazu bereit war – er war ohnehin nicht erpicht darauf, viel beizusteuern, und erklärte, es widerstrebe der Politik seiner Familie, große Kapitalien festzulegen. Nach hartnäckigem Kampf stellte Onkel Matthew schließlich eine armselige Summe für Linda zur Verfügung. Die ganze Sache quälte und ärgerte ihn sehr und bestärkte ihn, falls dies noch nötig war, in seinem Hass auf die teutonische Rasse.
Tony und seine Eltern wünschten eine Hochzeit in London, während Onkel Matthew erklärte, so etwas Ordinäres habe er in seinem ganzen Leben noch nie gehört. Frauen heirateten im Haus ihres Vaters; mondäne Hochzeiten hielt er für den Gipfel der Abgeschmacktheit und weigerte sich rundweg, eine seiner Töchter in St. Margaret’s durch eine Menge gaffender Fremder zum Altar zu führen. Die Kroesigs erklärten Linda, wenn sie auf dem Lande heiratete, würde sie nur halb so viele Hochzeitsgeschenke bekommen, und die wichtigen, einflussreichen Leute, die Tony später von Nutzen sein könnten, würden im tiefen Winter gewiss nicht nach Gloucestershire kommen. Aber alle diese Argumente waren für Linda nicht ausschlaggebend. Seit ihrem Plan, den Prinzen von Wales zu heiraten, stand ihr auch ein Bild vor Augen, wie ihre Hochzeit sein sollte, nämlich so theatralisch wie möglich, in einer großen Kirche, mit einer Menschenmenge drinnen und einer draußen, mit Fotografen, weißen Lilien, Brautjungfern und einem riesigen Chor, der ihr Lieblingslied The Lost Chord anstimmte. Deshalb schlug sie sich gegen den armen Onkel Matthew auf die Seite der Kroesigs, und als ihr auch das Schicksal zu Hilfe kam und die Heizung in der Kirche von Alconleigh kaputtgehen ließ, da mietete Tante Sadie ein Haus in London, und die Hochzeit wurde mit allem, was an niederträchtigem Schaugepränge dazugehört, in St. Margaret’s begangen.
Ob aus diesem Grund oder aus einem anderen – als Linda heiratete, sprachen ihre Eltern und die Schwiegereltern jedenfalls schon nicht mehr miteinander. Onkel Matthew schluchzte hemmungslos während der ganzen Feier; Sir Leicester schien Tränen nicht zu kennen.
10
Lindas Ehe war wohl von Anfang an ein Fehlschlag, aber viel erfuhr ich nicht darüber. Niemand erfuhr etwas. Der Widerstand gegen ihre Heirat war groß gewesen, und schon bald erwies er sich als nur zu begründet, aber Linda wahrte, wie es ihre Art war, so lange als möglich eine perfekte Fassade.
Die beiden heirateten im Februar. Sie verbrachten die Flitterwochen mit Jagen in Melton, wo sie ein Haus gemietet hatten, und richteten sich nach Ostern endgültig am Bryanston Square ein. Tony begann jetzt, in der Bank seines Vaters zu arbeiten, und schickte sich an, einen sicheren konservativen Unterhaussitz zu übernehmen, ein Ziel, das er sehr bald erreicht hatte.
Trotz der näheren Bekanntschaft mit den neuen Verwandten änderten weder die Radletts noch die Kroesigs die Meinung, die sie voneinander hatten. Die Kroesigs hielten Linda für exzentrisch, affektiert und überspannt. Vor allem aber waren sie der Ansicht, Linda sei Tony bei seiner Karriere nicht von Nutzen. Die Radletts hielten Tony für einen Langweiler ersten Ranges. Er hatte die Angewohnheit, auf einem einmal gewählten Gesprächsthema endlos lange herumzukauen, ohne jede Pointe, wie ein Kanonier, der immerzu herumballert, aber nie trifft; gewaltige Mengen strohtrockener Fakten standen ihm zu Gebote, und er zögerte
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