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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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daran, wie gut es dir auf längere Sicht bekommen wird«, bemerkte Davey voller Neid, »so ein wunderbares inneres Aufräumen.«
    »Ich verstehe, was du meinst«, entgegnete Linda. »Puh, wir haben wieder so einen widerwärtigen Abend vor uns. Wichtige Amerikaner. Es sieht so aus, als wollte Tony ein Geschäft mit ihnen machen, und diese Amerikaner werden sich darauf nur einlassen, wenn ich ihnen gefalle. Könnt ihr mir das erklären? Ich weiß jetzt schon, dass sie mich anwidern werden, und mein Schwiegervater wird böse auf mich sein. Schrecklich, diese wichtigen Leute – ihr habt es gut, ihr kennt keine.«

    Lindas Kind, ein Mädchen, kam im Mai zur Welt. Schon lange vorher war es Linda nicht gut gegangen, und die Geburt wurde für sie sehr, sehr schwer. Die Ärzte erklärten ihr, sie dürfe nie wieder ein Kind bekommen, sie würde es mit einiger Sicherheit nicht überleben. Für die Kroesigs war das ein schwerer Schlag, anscheinend verlangt es Bankleute, ebenso wie Könige, nach vielen Söhnen. Linda hingegen schien sich nichts daraus zu machen. Auch zeigte sie keinerlei Interesse an dem Kind, das sie gerade bekommen hatte. Sobald es gestattet war, machte ich ihr einen Besuch. Sie lag in einem Meer von rosafarbenen Rosen und sah aus wie eine Leiche. Ich erwartete selbst ein Baby und interessierte mich deshalb natürlich ganz besonders für das von Linda.
    »Wie soll sie denn heißen – wo ist sie überhaupt?«
    »Im Schwesternzimmer – es schreit. Moira, soviel ich weiß.«
    »Aber doch nicht Moira, Liebling, das ist ja unmöglich. So einen schrecklichen Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Tony gefällt er, er hatte eine Schwester namens Moira, sie ist gestorben, und was glaubst du, was ich herausbekommen habe – nicht von ihm, von ihrer alten Nanny? Sie starb, weil ihr, als sie vier Monate alt war, Marjorie mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen hat. Ist das nicht interessant? Und dann behaupten sie immer, wir seien eine unbeherrschte Familie – dabei hat selbst Pa nie jemanden ermordet, denn dieser Prügel zählt doch nicht, oder?«
    »Trotzdem, ich verstehe nicht, wie du dem armen kleinen Ding einen solchen Namen anhängen kannst, das ist wirklich herzlos.«
    »Eigentlich nicht, wenn du es richtig bedenkst. Es muss sich zu einer Moira auswachsen, damit die Kroesigs es gern haben (die Menschen werden immer so, wie ihre Namen sind, habe ich festgestellt) – und sollen die Kroesigs es doch gern haben, denn, offen gestanden, ich mag es nicht.«
    »Linda, wie kannst du nur so boshaft sein, und überhaupt, du kannst noch gar nicht wissen, ob du sie magst.«
    »O doch. Ich weiß immer sofort, ob ich jemanden mag, und Moira mag ich nicht, das ist alles. Sie ist ein furchtbarer Anti-Hon, du wirst sehen!«
    In diesem Augenblick trat die Schwester ein, und Linda machte uns bekannt.
    »Ach, Sie sind die Cousine, von der ich so viel höre«, sagte sie. »Sie wollen gewiss das Baby sehen.«
    Sie ging hinaus und kam gleich darauf mit einem Moseskörbchen voller Gewimmer zurück.
    »Armes Ding«, murmelte Linda. »Man tut ihm wirklich einen Gefallen, wenn man nicht hinsieht.«
    »Hören Sie nicht auf sie«, meinte die Schwester. »Sie kehrt die boshafte Frau hervor, aber sie tut bloß so.«
    Ich sah also hin, und es wurde mir, tief zwischen Rüschen und Spitzen, der übliche schauderhafte Anblick einer heulenden Orange mit schütterem dunklem Schopf zuteil.
    »Ist sie nicht süß?«, fragte die Schwester. »Sehen Sie nur, ihre Händchen.«
    Ein leichtes Grausen überkam mich: »Nun ja, ich weiß, es ist schrecklich von mir, aber so klein gefallen sie mir nicht besonders, in ein, zwei Jahren sieht sie bestimmt himmlisch aus.«
    Das Gewimmer ging nun in ein Crescendo über, und das ganze Zimmer war von grässlichem Geschrei erfüllt.
    »Armes Seelchen«, meinte Linda, »es muss sich gerade in einem Spiegel erblickt haben. Bringen Sie es weg, Schwester.«
    Jetzt trat Davey ein. Er wollte mich abholen, um mich gegen Abend nach Shenley zu fahren. Die Schwester kam zurück und bugsierte uns freundlich hinaus, indem sie erklärte, für Linda werde es zu anstrengend. Vor dem Zimmer – in der größten und teuersten Privatklinik von ganz London – hielt ich inne und sah mich nach dem Lift um.
    »Hier entlang«, sagte Davey und fügte mit etwas verlegenem Lächeln hinzu: »Nourri dans le sérail, j’en connais les détours. Ach, Schwester Thesiger, wie geht es Ihnen? Nett, Sie zu sehen.«
    »Captain Warbeck – das muss

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