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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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Pflicht tun. Wenn jemals irgendwelche verfluchten Ausländer hier auftauchen sollten, dann will ich doch hoffen, dass jeder Mann und jede Frau und jedes Kind so lange kämpft, bis die eine Seite oder die andere ausgelöscht ist. Außerdem verabscheue ich das Ausland, nichts könnte mich dazu bringen, im Ausland zu leben, lieber würde ich in der Wildhüterhütte im Hen’s Grove hausen, und was die Ausländer angeht, die sind alle gleich – mir wird speiübel, wenn ich welche sehe«, setzte er spitz hinzu und funkelte Tony böse an, der jedoch keinerlei Notiz davon nahm, sondern weiter davon schwafelte, wie klug er, Tony, getan habe, verschiedene Summen in verschiedene Länder zu transferieren. Dass Onkel Matthew ihn nicht leiden konnte, war ihm immer entgangen, und für einen dickfelligen Menschen wie Tony war es wirklich nicht ganz leicht zu erkennen, ob aus dem exzentrischen Verhalten meines Onkels gegenüber anderen Menschen nun Zuneigung sprach oder nicht.
    An Lindas erstem Geburtstag nach der Hochzeit schenkte ihr Sir Leicester einen Scheck über tausend Pfund. Sie war entzückt und kaufte sich dafür noch am selben Tag in einem Geschäft an der Bond Street eine Kette aus großen, von Rubinen eingefassten halben Perlen, die ihr schon seit einiger Zeit in die Augen stach. Die Kroesigs veranstalteten ein kleines Dinner im Familienkreis für sie, und Tony, der bis spät abends in seinem Büro aufgehalten worden war, sollte sie dort treffen.
    Linda, die ein ganz einfaches, tief ausgeschnittenes weißes Seidenkleid und ihre Halskette trug, trat ein und ging sofort auf Sir Leicester zu: »Wie lieb von dir, mir ein so wunderschönes Geschenk zu machen, sieh mal …«
    Sir Leicester war verblüfft.
    »Hat sie so viel gekostet, wie ich dir geschickt habe?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete Linda. »Ich dachte, du wolltest, dass ich mir eine einzige Sache dafür kaufe und immer weiß, dass du sie mir geschenkt hast.«
    »Nein, meine Liebe. Das war keineswegs die Absicht. Tausend Pfund – so etwas nennt man schon ein Kapital, da erwartet man eine Rendite. Man sollte es nicht für Kinkerlitzchen ausgeben, die man drei- oder viermal im Jahr trägt und die in ihrem Wert sehr wahrscheinlich nicht steigen. (Übrigens, wenn du schon Schmuck kaufst, dann nimm Diamanten – Rubine und Perlen lassen sich zu leicht nachahmen, außerdem verlieren sie an Wert.) Aber, wie gesagt, man hofft auf eine Rendite. Entweder hättest du also Tony bitten können, es für dich anzulegen, oder, und daran hatte ich eigentlich gedacht, du hättest es ausgeben können, um wichtige Leute zu bewirten, die Tony bei seinem Fortkommen von Nutzen sein könnten.«
    Diese wichtigen Leute waren für Linda eine immerwährende Pein. In den Augen der Kroesigs war sie für Tony sowohl in der Politik als auch in der Finanzwelt ein großes Hindernis, weil sie trotz aller Anstrengungen nicht verbergen konnte, wie ermüdend sie diese Leute fand. Genau wie Tante Sadie pflegte sie sich dann in eine Wolke von Gelangweiltsein zurückzuziehen und wirkte geistesabwesend. Wichtige Leute mochten das nicht; sie waren so etwas nicht gewohnt; ihnen gefiel es, dass junge Leute zuhörten und mit gesammelter Ehrerbietung bei der Sache waren, wenn sie ihnen die Ehre ihrer Gesellschaft zuteil werden ließen. Aber wenn Linda gähnte und Tony sie davon in Kenntnis setzte, wie viele Hafenmeister es auf den Britischen Inseln gibt, waren wichtige Leute eher geneigt, um die jungen Kroesigs einen Bogen zu machen. Die alten Kroesigs bedauerten das sehr und gaben Linda die Schuld daran. Sie sahen, dass Linda sich überhaupt nicht für Tonys Arbeit interessierte. Sie hatte es ja versucht, aber es ging über ihre Kräfte; sie konnte einfach nicht verstehen, wie sich jemand, der schon eine Menge Geld besaß, die frische Luft und Gottes blauen Himmel versagen konnte und Frühling, Sommer, Herbst und Winter unbemerkt verstreichen und ineinanderlaufen ließ, bloß um noch mehr zu verdienen. Sie war viel zu jung, als dass sie sich für Politik interessiert hätte, die in jenen Tagen, bevor Hitler Unruhe zu stiften begann, ohnehin ein sehr esoterisches Vergnügen war.
    »Dein Vater war böse«, sagte sie zu Tony, als sie nach dem Dinner heimgingen. Sir Leicester wohnte in Hyde Park Gardens, der Abend war schön, und sie machten den Weg zu Fuß.
    »Wundert mich gar nicht«, knurrte Tony.
    »Aber Liebling, schau doch, wie hübsch sie ist. Begreifst du nicht, dass man da einfach nicht widerstehen

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