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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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konnte ich mir nicht vorstellen, dass es in Christians Wohnung jetzt besonders aufgeräumt oder behaglich war.
    »Du bist gemein. Aber wie furchtbar das alles ist, dieses Kochen, meine ich! Und dann der Backofen – Christian stellt irgendetwas hinein und sagt: ›Nimm es ungefähr in einer halben Stunde heraus.‹ Ich getraue mich nicht, ihm zu sagen, was für eine Angst ich habe. Nach einer halben Stunde nehme ich all meinen Mut zusammen und öffne den Herd, dann dieser Hitzeschwall, der einem ins Gesicht schlägt. Es wundert mich überhaupt nicht, dass manche Leute ihren Kopf da hineinstecken und aus schierer Verzweiflung drin lassen. Ach, Liebe, du hättest sehen sollen, wie einmal der Staubsauger mit mir durchging, plötzlich machte er sich selbstständig und steuerte auf den Aufzugschacht los. Wie ich geschrien habe! Christian hat mich gerade noch rechtzeitig gerettet. Ich glaube, die Hausarbeit ist viel anstrengender und macht einem viel mehr Angst als das Jagen – kein Vergleich –, und doch gab es nach der Jagd immer Eier zum Tee, und wir mussten uns stundenlang ausruhen, aber nach der Hausarbeit erwarten die Leute, dass man einfach weitermacht, als sei nichts gewesen.« Sie seufzte.
    »Christian ist sehr stark«, sagte sie, »und sehr mutig. Er mag es nicht, wenn ich kreische.«
    Mir schien, sie war erschöpft und ziemlich verängstigt, und vergeblich suchte ich nach Anzeichen des großen Glücks oder der großen Liebe.
    »Und was ist mit Tony – wie hat er es aufgenommen?«
    »Oh, der ist richtig froh, jetzt kann er nämlich ohne Skandal seine Geliebte heiraten, ohne sich scheiden lassen zu müssen und ohne seine Konservativen in Verlegenheit zu bringen.«
    Das sah Linda ähnlich – selbst mir gegenüber hatte sie nie angedeutet, dass Tony eine Geliebte hatte.
    »Wer ist es?«, fragte ich.
    »Pixie Townsend heißt sie. Du kennst die Sorte, kindliches Gesicht, helles Haar, blau getönt. Sie betet Moira an, wohnt in der Nähe von Planes und reitet jeden Tag mit ihr aus. Ein furchtbarer Anti-Hon ist sie, aber ich bin wirklich dankbar, dass es sie gibt, so brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben – ohne mich werden sie alle viel besser zurechtkommen.«
    »Verheiratet?«
    »O ja, sie hat sich aber schon vor Jahren scheiden lassen. Kennt sich ungeheuer gut aus in allem, was dem armen Tony am Herzen liegt, Golf, Geschäfte, Konservativismus, genau das, was ich nicht getan habe, Sir Leicester jedenfalls hält sie für vollkommen. Du liebe Zeit, sie werden glücklich miteinander sein.«
    »Jetzt möchte ich aber mehr von Christian hören, bitte.«
    »Also, er ist himmlisch. Ein ungeheuer ernsthafter Mensch, weißt du, ein Kommunist, und das bin ich jetzt auch, den ganzen Tag haben wir Genossen bei uns, fantastische Hons, und sogar ein Anarchist ist dabei. Die Genossen mögen die Anarchisten nicht, ist das nicht komisch? Ich dachte immer, es sei das Gleiche, aber diesen mag Christian, weil er eine Bombe gegen den König von Spanien geworfen hat; abenteuerlich, wie? Er heißt Ramón, und er sitzt den ganzen Tag da und macht sich Gedanken über die Bergleute von Oviedo, weil sein Bruder einer von ihnen ist.«
    »Nun gut, Liebling, aber jetzt erzähl doch mal von Christian.«
    »Oh, er ist wirklich himmlisch – du musst mal ein paar Tage zu uns kommen – ach nein, das wäre vielleicht nicht so gemütlich – aber komm doch einfach mal vorbei. Du kannst dir nicht vorstellen, was für ein ungewöhnlicher Mann er ist, so objektiv und distanziert gegenüber anderen Menschen, dass er kaum wahrnimmt, ob sie da sind oder nicht. Er denkt nur an seine Ideen.«
    »Und an dich, hoffentlich.«
    »Doch, ich glaube ja, aber er ist sehr merkwürdig und zerstreut. Das muss ich dir erzählen: An dem Tag, bevor ich mit ihm weglief (ich bin ja bloß mit dem Taxi nach Pimlico gefahren, aber Weglaufen klingt so romantisch), aß er zusammen mit seinem Bruder zu Abend, und ich glaubte natürlich, sie würden über mich reden und die ganze Sache durchsprechen, deshalb konnte ich nicht widerstehen, rief ihn so gegen Mitternacht an und sagte: ›Hallo, Liebling, hattet ihr einen schönen Abend, und worüber habt ihr euch unterhalten?‹ und er antwortete: ›Ich weiß nicht mehr – ach, Guerillakrieg, glaube ich.‹«
    »Ist sein Bruder auch Kommunist?«
    »Aber nein, er ist im Außenministerium. Ein irrsinnig wichtiger Mann, sieht aus wie ein Tiefseeungeheuer – weißt du.«
    »Ach, dieser Talbot – ja. Ich hatte die beiden

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