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English Cooking

English Cooking

Titel: English Cooking Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Clough
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läutete und befahl, ihr ein Tablett mit Tee, Brot und Butter sowie Kuchen zu bringen. Dieser Imbiss wurde ihr zur lieben Gewohnheit, mit der sie auch ihre Freunde vertraut machte. In kürzester Zeit entwickelte sich der Afternoon Tea zu einem gesellschaftlichen Ereignis größter Wichtigkeit innerhalb der begüterten Klassen.
    Bis der Nachmittagstee in den »Edwardian times« (1901   –   1910) seine größte Blüte erlebte, hatte sich ein regelrechtes soziales Ritual um ihn herum entwickelt. Leichte, spitzenbesetzte Teeroben aus durchscheinenden Stoffen wurden speziell für diesen Anlass entworfen; die Konversation war entsprechend leicht und oberflächlich, das Benehmen exquisit. Szenen von Nachmittagstees wurden zu unverzichtbaren Bestandteilen der Literatur, angefangen bei Mad Hatters Tea Party in ›Alice im Wunderland‹ bis zu Mrs.   Higgins Tea Party in Bernhard Shaws ›Pygmalion‹   – bekannter in der Musical-Fassung unter dem Titel ›My Fair Lady‹   –, auf der Eliza Doolittle, das einfache Blumenmädchen, das zunächst als Dame der besseren Gesellschaft ausgegeben wird, eine Sensation auslöst, weil sie in perfektem Upperclass-Akzent Gossengeschwätz von sich gibt.
    Einer der Vorzüge des Nachmittagstees ist seine Flexibilität. Im »Ritz« sitzt man aus Platzgründen auf eleganten, vergoldeten Louis-XV I-Stühlchen an winzigen Tischchen, während sonst   – egal, ob in Hotels oder im privaten Rahmen   – der Tee meist in Armsesseln und von einem Teewagen serviert wird. Im Winter kann man dabei am Kaminfeuer sitzen, im Sommer auf Deckchairsim Garten. Das Ganze ist immer informell   – Kellner oder Dienstpersonal (soweit noch vorhanden) bringen den Tee und die Speisen, aber die Dame des Hauses schenkt ein. Wenn keine als solche identifizierbare Gastgeberin zugegen ist, zum Beispiel in einem Café oder bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung, und der Tee eingeschenkt werden muss, wird unweigerlich die eine oder andere Dame vorschlagen: »Soll ich die Mutter sein?« (Das ist, wie irgendein Spaßvogel mal vermutete, kein uralter englischer Fruchtbarkeitsritus.) Ausländische Besucher im Buckingham Palace sind oft darüber erstaunt, dass die Königin über die Teekanne regiert. Bundeskanzler Kohl, der es ja gerne gemütlich mag, war richtig gerührt, dass Premierministerin Thatcher ihm während seines Besuchs in Großbritannien Tee eingoss, auch wenn sie ihn ansonsten in politischen Dingen scharf angriff. Tatsächlich hielten sich die beiden einfach nur an eine langjährige Tradition.
    Judy Wade, eine Kollegin von mir, die für eine britische Zeitschrift über die königliche Familie schreibt, gab die Szene zur Teatime im Buckingham Palace folgendermaßen wieder:
    »Die Königin sitzt da mit einem silbernen Kessel vor sich, der auf einem Stövchen mit einem Paraffinbrenner darunter steht. Dieser Kessel, der seit den Zeiten von Queen Victoria benutzt wird, neigt sich, um Wasser in eine Teekanne auf einem Silbertablett zu gießen. Außer einem silbernen Milchkännchen und einer Zuckerdose gibt es da noch ein sehr langes, dünnes Ding, das wie eine winzige Trompete aussieht. Die Queen benutzt es, um die Flamme unter dem Kessel auszublasen.
    Sie hat zwei Teewägen, einen mit ihrer eigenen königlichen Mischung aus chinesischen und indischen Tees von Twinings und einen mit rein indischem Tee. Es steht zu bezweifeln, dass sie jemals einen Teebeutel gesehen hat. Sie löffelt den Tee immer mit einem Silberlöffel in die Kanne und gießt dann kochendes Wasser aus ihrem Kessel auf. Bei einer großen Zahl von Gästen ist der Kessel schnell leer. Wenn das passiert, kommt ein Page mit einem elektrischen Kessel voll heißem Wasser, das erin den Kessel der Königin gießt, so dass sie die nächste Kanne Tee zubereiten kann. Zum Tee serviert die Queen winzige Scones, die zum Warmhalten in Leinenservietten gewickelt sind, sowie köstliche Kuchen und Kekse vom königlichen Konditor, die von Dienern und ihrer Hofdame herumgereicht werden. Von den Sandwiches sind die Rinden abgeschnitten und die Füllung besteht unter anderem aus gehacktem Ei, Käsewürfeln und Tomaten. Prinz Philip schätzt einen Snack aus eingelegten Shrimps zur Teatime, während die Königin, die auf ihr Gewicht achtet, selten irgendeine der Köstlichkeiten, die serviert werden, anrührt.« Nachdem die Queen Verschwendung hasst, fügt Judy Wade hinzu, kann es vorkommen, dass vom Vortag übrig gebliebene Kuchen am nächsten Tag ohne die

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