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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Logie trocken, »ich dachte, es wäre eine Lady.«
    Als sie den Wachtposten erreicht hatten, mußten sie ihre Ausweise hervorkramen. Leveret nahm sie an sich und reichte sie einem Unteroffizier der Royal Air Force durch das Fenster. Der Wachtposten hängte sein Gewehr über und inspizierte die Ausweise im Licht seiner Taschenlampe, dann bückte er sich und richtete den Lichtstrahl nacheinander auf ihre Gesichter. Die Helligkeit traf Jericho wie ein Schlag. Er hörte, wie hinter ihnen ein zweiter Posten den Kofferraum durchsuchte.
    Er drehte den Kopf aus dem Licht und wendete sich an Logie. »Wann hat dies alles angefangen?« Er konnte sich an eine Zeit erinnern, zu der sie nicht einmal ihre Ausweise vorzuzeigen brauchten.
    »Wo Sie mich jetzt fragen - ich weiß es nicht genau.« Logie zuckte die Achseln. »Offenbar haben sie vor ein oder zwei Wochen die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.«
    Sie bekamen ihre Ausweise zurück. Der Schlagbaum hob sich. Der Posten winkte sie durch. Neben der Straße stand ein frisch gemaltes Schild. Sie hatten um die Weihnachtszeit herum ihren Namen geändert. Jericho konnte in der Dunkelheit die weiße Schrift gerade noch entziffern.
    »Government Communications Headquarters«.
    Hinter ihnen schlug der metallene Schlagbaum mit Getöse zu.

2.
    Trotz der Verdunkelung konnte man sehen, wie groß die Anlage war. Das Herrenhaus war unverändert und ebenso die Baracken, aber diese bildeten jetzt nur einen Bruchteil des Gesamtkomplexes. Hinter ihnen erstreckte sich eine große Geheimdienstfabrik: niedrige, aus Ziegelsteinen erbaute Büros und bombensichere Bunker aus Beton und Stahl, A-Blocks und B-Blocks und C-Blocks, Tunnel und Luftschutzräume und Wachstuben und Garagen… Unmittelbar außerhalb des Zauns lag ein großes Militärlager. In den nahen Wäldern ragten die Rohre von Flakgeschützen durch die Tarnnetze. Und weitere Gebäude waren im Bau. Es hatte keinen einzigen Tag gegeben, an dem Jericho nicht das Dröhnen von Baggern und Zementmischmaschinen, das Hämmern von Spitzhacken und das Splittern umstürzender Bäume gehört hatte. Einmal, kurz vor seinem Weggang, hatte Jericho die Strecke von dem neuen Versammlungsgebäude bis zum äußeren Grenzzaun abgeschritten und sie auf eine halbe Meile geschätzt. Wozu diente das alles? Er hatte keine Ahnung. Manchmal kam ihm der Gedanke, daß sie den Funkverkehr auf dem gesamten Planeten abhörten.
    Leveret lenkte den Rover langsam an dem verdunkelten Herrenhaus, am Tennisplatz und den Generatoren vorbei und hielt dann in der Nähe der Baracken an.
    Jericho stieg unbeholfen aus. Seine Beine waren eingeschlafen, und die wieder einsetzende Durchblutung bewirkte, daß seine Knie nachgaben. Er lehnte sich an die Seite des Wagens. Seine rechte Schulter war starr vor Kälte. Irgendwo auf dem See plätscherte eine Ente, und er mußte an Cambridge denken - an sein warmes Bett und seine Kreuzworträtsel -, und er schüttelte den Kopf, um die Erinnerung loszuwerden.
    Logie erklärte ihm, daß er wählen könne: Leveret würde ihn zu seiner neuen Unterkunft bringen, und er konnte den Rest der Nacht schlafen, oder er ging mit hinein und sah sich an, wie die Dinge standen.
    »Fangen wir lieber gleich an«, sagte Jericho. Seine Rückkehr in die Baracke würde eine Strapaze sein, die er so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte.
    »Das ist wahrer Kampfgeist, mein Lieber. Leveret kümmert sich um Ihr Gepäck - das tun Sie doch, Leveret? Bringen Sie es in Mister Jerichos Zimmer?«
    »Ja, Sir.« Leveret musterte Jericho einen Moment, dann streckte er ihm die Hand entgegen. »Viel Glück, Sir.«
    Jericho ergriff sie. Die feierliche Geste kam ihm unpassend vor. Man hätte glauben können, er wäre im Begriff, mit dem Fallschirm in feindliches Territorium abzuspringen. Er versuchte, sich eine Erwiderung einfallen zu lassen. »Danke, daß Sie uns gefahren haben.«
    Logie hantierte mit Leverets Verdunkelungstaschenlampe.
    »Was ist los mit diesem Ding?« Er schlug sie gegen seine Handfläche. »Verdammtes Ding. Zum Teufel damit. Kommen Sie.«
    Er setzte sich mit seinen langen Beinen in Bewegung, und nach kurzem Zögern wickelte sich Jericho den Schal fester um den Hals und folgte ihm. Es war so dunkel, daß sie sich an der Schutzmauer entlangtasten mußten, die Baracke 8 umgab. Logie stieß gegen etwas, das wie ein Fahrrad klang, und Jericho hörte ihn fluchen. Er ließ die Taschenlampe fallen, und der Aufprall bewirkte, daß sie wieder funktionierte.

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