Entfernte Verwandte: Kriminalroman
auf die Wangen und waren ein wenig verlegen.
»Kennst du eigentlich einen gewissen Frolow? Maxim Semjonowitsch?«, fragte ich dann noch.
Alexej schien nachzudenken.
»Ich glaube, ich weiß, wen du meinst. Ein schmächtiger Kerl, trägt einen Pferdeschwanz, sieht aus wie ein Kranich im Sumpf, mit langem Schnabel«, beschrieb Alexej den Mann wortreich. Er redete wie die Figur des Greises in einem alten Schauspiel, der daran zurückdenkt, wie er irgendwo hinter Ljudinowo Pilze gesammelt hat, in den ewigen Birkenwäldern, seufzend die Fülle an makellosen Steinpilzen preist und sich nach dem Heimatboden sehnt.
»Verarsch mich nicht, Brüderchen. Du bist so glaubhaft wie die Laienschauspieler im Kulturhaus.«
Ich kannte meinen Bruder. Genau so hatte er schon als Kind ausgesehen, wenn er eine Mitteilung über Nachsitzen versteckt hatte oder wenn im Keller ein Glas Himbeermarmelade fehlte.
»Tu ich doch gar nicht«, protestierte Aleksej und spitzte die Lippen.
»Sag bloß nicht, du hast dich in Frolows Geschäfte oder in seinen Sklavenhandel verwickeln lassen! Auf Vermittler von Schwarzarbeitern wird gerade im Moment Jagd gemacht, kapierst du? Wo hast du deine Polaken her?«, setzte ich ihm zu.
»Schon kapiert, ich bin doch nicht blöd«, gab Alexej beleidigt zurück. »Ich bin in gar nichts verwickelt.«
»Maxim Semjonowitsch Frolow …?«
»Na ja, gelegentlich habe ich ein paar Männer von ihm geliehen. Er sagte, er hätte öfters mit dir Geschäfte gemacht. Ich habe probeweise einige Bulgaren und einen Moldauer genommen, als Packer für einen Auftrag, den ich von Onninen bekommen hatte … und für einen ähnlichen Auftrag im Kühllager von Kesko. Da herrscht ziemlicher Frost …«
»Lenk nicht ab, Aljoscha«, knurrte ich.
»Du hast es gerade nötig, mir gute Ratschläge zu erteilen. Deine eigene Karre steckt doch am allertiefsten im Dreck!«
»Was soll das heißen?«
»Du selbst kungelst am allermeisten mit diesem Frolow. Und wenn ich noch was sagen darf … Du hast eine Frau und ein kleines Kind. Was treibst du dich bei fremden Weibern rum?«
Ich marschierte hinaus und knallte die Tür hinter mir zu.
16
Der geliehene Toyota stand vor der Halle und erinnerte mich daran, dass ich ihn längst hätte zurückgeben sollen. Ich überlegte mir, dass ich auf dem Weg auch gleich Matti Kiuru fragen konnte, wie Frolow den weiteren Abend in Kulosaari verbracht hatte. Also holte ich den Autoschlüssel aus meiner Schreibtischschublade und fuhr nach Kallio. Ich hatte einen Subunternehmerauftrag in einem Etagenhaus ergattert, in dem die Wasserleitungen erneuert wurden. Matti Kiuru kachelte die renovierten Badezimmer. Er war schon im vierten Stock des zweiten Treppenaufgangs.
»Sieht gut aus«, lobte ich von der Badezimmertür her. Matti kniete auf dem Boden und verstrich sorgfältig Mörtel auf der wasserdichten Wandplatte. Er sah mich ernst an, sagte aber nichts, sondern drehte sich um und arbeitete weiter.
»Hab ganz schön üben müssen«, brummte er lustlos.
Ich hatte Matti Kiuru als professionellen Fliesenleger angepriesen, hatte die mehr als dreißig Euro pro Stunde, die ich für seine Arbeit berechnete, mit seiner außergewöhnlichen Geschicklichkeit begründet. Der Hauptunternehmer hatte zweifelnd eingewandt, viele Bewohner hätten italienische Mosaikfliesen und Zierkanten ausgesucht, die man nicht einfach irgendwie an die Wand klatschen könne. Darauf hatte ich erwidert, wenn nötig, könne mein Experte den Fliesen italienische Lieder vorsingen oder von mir aus auch mähen, wenn es sich umKacheln der Firma Bocksberg handelte. Der Bauunternehmer hatte eine Weile auf den Lippen gekaut und dann eingeschlagen, mit der Bemerkung, es herrsche ein solcher Mangel an Fliesenlegern, dass ihm nichts anderes übrig bleibe, als es mit Kärppäs Wunderkind zu versuchen.
In der Halle hatte ich Matti sofort zum Unterricht verdonnert, hatte selbst versucht, ihm etwas beizubringen, und auch seinen Vater Antti gebeten, dem Jungen zu erklären, wie man den Fußboden spachtelt und das richtige Gefälle zum Abfluss errechnet, wie man gleichmäßige Fugen zustande bringt und wie man für Rohre oder Lichtschalter ein Loch in die Fliese schneidet.
»Übung macht den Meister«, sagte ich wohlwollend. Ich konnte mir denken, dass Matti einige Badezimmer mehrmals hatte fliesen müssen, bevor der Aufseher zufrieden war. Immerhin war er nicht weggeschickt worden, hatte folglich halbwegs annehmbare Arbeit geleistet.
»Wie war es bei
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