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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Frolow«, antwortete ich.
    »Meine Waffe liegt im Mazda im Kofferraum«, meinte Matti zögernd. »Vielleicht brauchen wir die?«
    »Gut möglich.«
     
    Marja lief uns entgegen, Anna im Arm. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte.
    »Xenja ist verschwunden«, keuchte Marja. Ihre Unterlippe zitterte, und sie drückte das Mädchen an sich, als könne der Wind es ebenfalls fortwehen.
    »Und Serjoscha?«
    »Der ist im Haus. Nur seine Mutter ist … irgendwo hingegangen.«
    Ich biss mir auf die Lippe und sprach nicht aus, was ich dachte: Du hast sie gehen lassen, konntest du denn nicht aufpassen? Diesen Vorwurf machte Marja sich vermutlich selbst. Ich hätte sie trösten müssen, mach dir keine Sorgen, mein Krümelchen, ich suche und finde Xenja. Doch dazu war ich nicht fähig. Ich trug Marja auf, sich um die Kinder zu kümmern, um Anna und vor allem um Serjoscha.
    Sie nickte.
    »Ich habe nichts gemerkt. Der Junge saß vor dem Fernseher. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass er allein ist. Mutter hat gesagt, sie müsse gehen, so hat Serjoscha es mir erzählt«, versuchte Marja zu erklären.
    »Ich versuche, die Sache in Ordnung zu bringen«, versprach ich, ohne zu wissen, was für eine Ordnung das sein sollte. Marja presste die freie Hand um meine Finger und sah mich so dankbar und vertrauensvoll an, dass mir eine kalte Angst über den Rücken lief, mit kühlen Rattenzehen, unter deren Berührung ich schauderte.
    Matti Kiuru wühlte viel zu lange im Kofferraum seines Wagens. Erneut ahnte ich Böses.
    »Die Pistole ist weg«, bestätigte Matti meine Vorahnung. »Verdammt noch mal, sie ist einfach verschwunden.«
    »Xenja«, folgerte ich, addierte meine Erinnerungen. Xenja im Garten, als ich Matti die Pistole gab. Malkin, der Frolow erwähnte und der jungen Witwe tröstende Worte zuflüsterte.
    Ich lief ins Haus, geradewegs ins Arbeitszimmer, nahm eine Kassette aus dem Videoregal und holte eine alte Tokarew-Pistole heraus, für die ich nur eine Schachtel Patronen fand.
    Draußen gab ich Matti Waffe und Munition. »Keine besonders gute Knarre, aber besser als nichts«, sagte ich und holte meine eigene Waffe aus dem Reservereifen im Mercedes.

34
    Die Straße am Ende von Kulosaari schlummerte in friedlicher Unwissenheit. Ich lenkte den Wagen zu den Verteilerkästen, die ich schon kannte, und stellte den Motor ab. Frolows kantiger Chrysler schien sich auch diesmal mit der Stoßstange ans Haus zu lehnen. Ich wartete und beobachtete das Haus. Draußen rührte sich nichts. Alle Fenster zur Straße waren geschlossen, die Gardinen bewegten sich nicht, und es war auch kein Widerschein eines Fernsehers zu erkennen.
    Ich brummte Matti den Abmarschbefehl zu und ging ihm voraus zu Frolows Tür. Ich klingelte mehrmals. Das Gebimmel schallte durch das Haus. Obwohl ich das Ohr an den rauen Glasstreifen an der Tür legte, hörte ich kein Lebenszeichen.
    Ich wies Matti an, mir zu folgen und aufzupassen, nach Passanten oder neugierigen Nachbarn Ausschau zu halten, während ich um Frolows Haus herumging und hineinspähte. Matti murmelte, er nehme an, alle Bewohner des Stadtteils seien zum Segeln aufs Meer gefahren oder ließen sich in ihren Sommerhäusern vom Personal bedienen. Ich war ein wenig überrascht, sowohl darüber, dass Matti einen ganzen, langen Satz von sich gab, als auch über den beinahe bitteren Ton seiner Bemerkung. Die Revolution veranstalten wir später, sagte ich, vorläufig konzentrieren wir Bolschewiki uns darauf, die Geldsäcke auszuspionieren.
    Ich rüttelte an den Seitentüren, spähte durch die Fenster,und an der Uferseite des Hauses drückte ich mir die Nase an den Scheiben der Terrasse platt, die in der Abendsonne fast undurchsichtig waren.
    Das Haus war leer. Zumindest wirkte es verlassen.
    Meine bösen Ahnungen wurden immer stärker und ließen meine Unruhe wachsen.
    »Wir gehen rein.«
    »Bohren wir das Schloss auf ?«, fragte Matti. »Oder hebeln wir die Tür mit dem Brecheisen aus dem Scharnier? Bauen wir das Lüftungsfenster aus?«
    »Da bleiben hässliche Spuren zurück.«
    Ich holte meine Werkzeugkiste aus dem Wagen und kletterte über die Leiter an der Giebelseite des Hauses auf das Flachdach. Die Konstruktion war mir vertraut, ich hatte gelegentlich Dächer dieser Art repariert. Die unterste Dachhaut bildeten mehrere Schichten Filz, die mit heißem Pech verklebt und abgedichtet wurden, und darüber lag gleichmäßiger Kies. Das Dach hatte ein ganz leichtes Gefälle zu ein paar Regenabläufen. Dort kam es

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