Entfernte Verwandte: Kriminalroman
als hätte er auf meinen Anruf gewartet und den Griff nach dem Hörer nicht einmal zum Schein hinausgezögert.
»Frolow wurde erschossen«, erklärte ich geradeheraus, ohne Rücksicht darauf, dass das Gespräch höchstwahrscheinlich abgehört wurde.
»Tatsächlich«, sagte Malkin und schien nicht überrascht.
»Tatsächlich«, bestätigte ich. »Es sieht ziemlich schlimm aus. Hier wird eine Putztruppe gebraucht. Und ich meine jetzt keine Leute, die den Mopp schwingen. Das darf doch wohl nicht auf das Konto einer schwachen Frau gehen?«
Malkin stimmte mir zu, er sei ganz und gar derselben Meinung. Ich zählte auf, was nötig war, und brauchte die Liste nicht zu wiederholen. Malkin verstand sofort. Fünfundvierzig Minuten, höchstens eine Stunde, versprach er.
»Wir machen inzwischen einen kleinen Ausflug«, sagte ich zu Matti und war froh, dass ich das vom Tod gezeichnete Haus für eine Weile verlassen konnte.
35
Der Geruch nach gegrilltem Fleisch zog in den Wagen und erinnerte mich daran, dass seit der letzten Mahlzeit viel Zeit verstrichen war. Allerdings hatte ich nicht die Absicht, einfach als ungeladener Gast bei irgendeinem Gartenfest aufzutauchen. Ich kuppelte aus und ließ den Wagen möglichst leise über den Kiesweg rollen, bis ans Tor zu meinem Baugrundstück.
Ich nahm alles, was ich brauchte, aus dem Kofferraum, zog eine Zimmermannsweste an und warf Matti dünne Handschuhe zu. »Wir müssen aussehen wie Bauarbeiter. Na, du hast ja schon das richtige Zeug an«, erklärte ich. Allerdings wurden an Juliabenden wohl selten Bauarbeiten erledigt, zumindest nicht nach neun Uhr abends. »In den nächsten Stunden ziehst du die Handschuhe nicht mal zum Pinkeln aus. Wir dürfen nirgendwo Fingerabdrücke hinterlassen«, mahnte ich halblaut.
Das Gras auf dem Grundstück war hoch aufgeschossen. Jugendliche hatten einen Pfad über die Wiese getrampelt und Abende oder Nächte auf der Vortreppe des unbewohnten Hauses verbracht. Neben den Stufen lagen zerdrückte Bier- und Cider-Dosen. Eine Bierflasche war auf den Steinplatten zersplittert, eine zweite war zur Hälfte mit bräunlichem Wasser und Kippen gefüllt.
Ich sah mich um und ging zu dem alten Brunnen hinter dem Haus. Über der Öffnung lag ein Betondeckel mit einer viereckigenLuke aus Brettern. Ich suchte am Bund nach dem passenden Schlüssel und öffnete das Vorhängeschloss der Luke.
»Ich habe mir überlegt, dass wir diesen alten Brunnen erhalten … und ein Gewächshaus bauen. Wenn wir die Häuser dann verkaufen, malen die Leute sich aus, wie sie mit kostenlosem Wasser ihre Tomaten gießen, und zahlen gut und gern ein paar Zehntausender mehr, weil das doch ein Ökohaus ist«, erklärte ich Matti und übertrieb nur minimal.
Im oberen Ring der Brunnenröhre waren Eisenhalterungen einbetoniert, an denen offenbar früher die Leitung der Handpumpe befestigt gewesen war. An die rostige Stange war ein Nylonseil gebunden. Ich zog das Seil und die daran hängenden großen blauen Taschen nach oben. Matti hob die Augenbrauen, als er sah, dass die Taschen mit Rauschgift gefüllt waren.
Ich gab ihm keine Erklärung, sondern sagte nur kurz, er solle mir helfen. Gemeinsam schleppten wir die feuchtkühlen Taschen zum Wagen. Dann fuhr ich in Richtung Suutarila und widersprach, als Matti meinte, das sei der falsche Weg.
»Wir fahren zur Halle und wechseln den Wagen. Falls Frolows Nachbarn irgendetwas beobachtet haben, sind ihre Aussagen widersprüchlich. Zumindest wird keiner sagen können, dass da immer wieder ein Mercedes aufgekreuzt ist.«
Geschäftsführer Jaatinen hatte sein Büro folgsam geräumt. Der Schlüssel seines Dienstwagens lag ordentlich neben Handy und Taschenrechner in der obersten rechten Schublade. Obendrauf lag ein gelber Zettel, auf dem mit dickem Filzstift stand: » FIRMA !!!« Jaatinen hatte als Dienstwagen einen Citroën verlangt. Ich hatte nur widerstrebend eingewilligt, denn ich vertraute der fremdartigen Technik nicht. Der Wagen schien voll von Röhren und zischenden Ventilen zu sein, die nur darauf warteten, ein Leck zu bekommen.
Jaatinens Autogeschmack und die Ausrufezeichen auf dem Notizzettel ärgerten mich immer noch, obwohl ich den Mann längst rausgeworfen hatte. Jaatinen in seinem Citrönchen, Jazzmusik im Radio, höhnte ich in Gedanken. In der Firma hatte ein Intranet installiert werden müssen, damit er eine E-Mail ins Nebenzimmer schicken konnte.
Er war eben Ingenieur. Pardon, Diplomingenieur.
Ganz hinten auf dem Hof stand der
Weitere Kostenlose Bücher