Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
Vom Netzwerk:
leicht zu Verstopfungen, und irgendwann würde auch der Filz lecken. Aber diesmal interessierte ich mich nicht für Wasserschäden und Schimmelbefall, sondern für die kuppelförmigen Oberlichter.
    Ich spähte durch die Plastikkuppel und versuchte mich zu erinnern, wo die Lichtschächte endeten. Ich schätzte und hoffte, dass beide über dem offenen Aufenthaltsraum in der oberen Etage und nicht etwa über den Treppen lagen.
    Die Oberlichter hatten einen quadratischen Metallrahmen, an dem die Kuppeln mit Anschlussblech befestigt waren. Ich suchte den 17-mm-Gabelschlüssel heraus und begann die Bolzen am Rahmen loszuschrauben. Matti kramte einen Schraubenschlüssel aus dem Werkzeugkasten und machte sich auf deranderen Seite an die Arbeit. Die Bolzen ließen sich leicht lösen, aber das Fensterelement selbst war fest verkittet. Wir mussten vorsichtig zwei Meißel in die Nahtstelle schlagen, um die Kuppel anheben zu können.
    Ich steckte den Kopf durch die Öffnung und sah, dass die Strecke zum Fußboden zu lang war, um herunterzuspringen.
    »Hol das Abschleppseil aus dem Auto und bring aus dem Garten ein festes Brett oder eine Stange mit«, befahl ich.
    Matti kam im Handumdrehen zurück, er schien auch die Leiter im Laufschritt erklommen zu haben. Er hatte sich die Seilrolle um den Hals gelegt und eine Hartholzplatte, gut einen Meter lang, unter den Arm geklemmt.
    »Hab kein Brett gefunden … die Platte hab ich von der Terrasse abgerissen«, entschuldigte er sich.
    Ich prüfte die Festigkeit der Platte, legte sie quer über die Fensteröffnung und band das Seil mit doppeltem Knoten daran fest. Dann zwängte ich mich in den siloartigen Lichtschacht und ließ mich langsam hinunter. Matti folgte mir.
    Ich zog die Pistole aus dem Gürtel und sicherte nach allen Seiten. Dann gab ich Matti mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er die Zimmer auf der anderen Seite des Obergeschosses überprüfen sollte, während ich hinter die beiden ersten Türen schauen würde.
    Frolows Haus roch sauber und trocken. Die erste der weißen Türen öffnete sich mit leisem Knarren. Das Zimmer war leer, wie nach einem Umzug. Auf dem Fußboden vor dem Fenster lag eine abgeschraubte Jalousie, an der einige Lamellen abgeknickt waren. Ich ging ins nächste Zimmer. An der Wand stand ein einfaches Holzbett, auf dem ein grüner Bettüberwurf lag, und am Fenster ein Schülerschreibtisch, an dem sicher seit Jahren keine Hausaufgaben mehr gemacht worden waren. Ich ginghinaus und wollte gerade die Tür hinter mir zuziehen, als mir das Geräusch auffiel. Im Zimmer war jemand.
    Ein Mensch, der hechelnd atmete, ab und zu fast winselte und versuchte, sein Schluchzen zu unterdrücken.
    Ich riss die Tür des Kleiderschranks auf.
    Frolows junger Begleiter, Anton, saß zusammengekrümmt im Schrank, die zitternden Hände, zur Faust geballt, vor der Brust. Er schrie gellend auf. In seinem Schrei entluden sich Angst und Entsetzen.
     
    Frolows Leiche lag im Wohnzimmer vor dem aus Schiefersteinen gemauerten Kamin. Von außen hatte ich sie nicht sehen können, weil ein breites Sofa sie verdeckte. Frolow hatte sich im Fall halb auf die linke Seite gedreht. Er war von mindestens zwei Schüssen getroffen worden. Die ganze Bauchgegend war rot vor Blut, und über dem Zwerchfell, fast genau in der Mitte, befand sich ein Loch, als hätte man einen bleistiftdicken Stachel hineingetrieben. Ich wollte mir nicht ausmalen, wie die Kugel ihre kinetische Energie verbraucht hatte, indem sie weiches Gewebe und Organe zerriss, und schließlich irgendwo im Brustkorb steckengeblieben war. Der zweite Einschuss saß irgendwo im nicht sichtbaren Teil des Gesichts; ich suchte nicht danach. Das Austrittsloch war schlimm genug. Die Kugel war quer durch den Schädel gegangen und hatte ein Stück vom Hinterkopf mitgerissen.
    Ich fasste die Leiche nicht an, nicht einmal, um das Fehlen des Herzschlags festzustellen. Frolow war definitiv tot.
    Die Walther PPK lag auf dem Teppich zu seinen Füßen. Sie war mir nur allzu bekannt, es war die Waffe, die ich Matti Kiuru gegeben hatte und die mit Xenja verschwunden war. Abgesehen von der Pistole und dem erschossenen Mann gab es im ganzenHaus keine Anzeichen, die auf einen Kampf oder Streit hinwiesen. Die Möbel standen ordentlich an ihrem Platz, die Klima-Anlage summte leise, und der Geruch nach frischem Blut entsprang eher der Einbildung als einer echten Wahrnehmung.
    Ich ließ Frolows Leiche liegen. Anton sollte mir erzählen, was passiert war.

Weitere Kostenlose Bücher