Entfernte Verwandte: Kriminalroman
Antwort.
»Sprich lauter«, kommandierte ich.
»An den, von dem ich ihn gekriegt hatte, an deinen Geschäftspartner, den Frolow. Der konnte ihn irgendwo als Wächter brauchen.«
Nun war ich derjenige, dem es die Sprache verschlug.
»Viktor, das musst du doch verstehen. Bleib sachlich und mach keinen Aufstand. Ich hab mit der Sache nichts zu tun. Das kapierst du bestimmt, wenn du ein bisschen nachdenkst.«
Aus Luomas drängenden Worten glaubte ich herauszuhören, dass er sich Sorgen um seine künftigen Geschäfte machte.
»Na, dann werd ich mal nachdenken«, sagte ich und legte auf.
Der Geschäftsmann Veikko Luoma war gut beraten, wenn er sich in nächster Zeit nicht nach meinem Befinden erkundigte oder gemeinsame Projekte vorschlug.Der Mondeo der Polizisten kurvte nach überraschend kurzer Zeit wieder auf den Hof.
Das heißt, woher wollte ich wissen, wie lange die Identifizierung einer Leiche normalerweise dauerte. Ich wusste ja nicht einmal, wie weit sie hatten fahren müssen, ob Pawel im Kühlraum irgendeiner Klinik lag, auf dem Stahltisch eines Pathologen oder im Kühlfach des Leichenschauhauses. Mir war klar, dass auch ich versuchte, die Wahrheit abzuwehren, das Unabwendbare hinauszuzögern wie ein zum Tod Verurteilter, der an jedem Bissen seiner letzten Mahlzeit möglichst lange kaut.
Die Hände in den Gesäßtaschen, stand ich in der Diele, die eigentlich eher eine Art Halle war. Der Architekt, ein Bekannter von mir, hatte einen Eingangsbereich entworfen, der sich zum einen Giebelende hin zur Küche und zu den Saunaräumen erweiterte und sich auf der anderen Seite in einem lichten Wohnzimmer fortsetzte; in der Mitte führte eine Glastür zur Terrasse.
Marja kam als Erste herein, mit geradem Rücken wie immer.
»Es war Pawel. Xenja hat ihn identifiziert. Und sie hat sich tapfer gehalten«, lobte Marja, als ginge es um ein Kind beim Impfen, doch sie hatte feuchte Augen.
Parjanne und Korhonen führten Xenja schweigend ins Haus. Xenja ging geradewegs ins Wohnzimmer und setzte sich auf die breite Armlehne des Sessels. Sie streichelte Serjoschas Haare und sprach leise auf den Jungen ein. Ich erinnerte mich, wie eines Nachts bei uns zu Hause das Telefon geklingelt hatte. Ich hatte sofort gewusst, dass es um Vater ging, obwohl ich mich an die Hoffnung klammerte, jemand hätte sich verwählt oder ein Verwandter riefe von weither an und hätte den Zeitunterschiedfalsch berechnet. Mutter hatte das Gespräch schnell beendet und gesagt, jetzt habt ihr keinen Vater mehr.
Ich sah, wie Serjoscha schlagartig aufhörte, mit den Beinen zu wippen, und Xenja weinend zusammenbrach.
Es klopfte an der offenen Tür. Ein dunkelhaariger, unter seinem Übergewicht ächzender Mann verbeugte sich höflich und wischte sich mit einem Taschentuch über die schweißnassen Haare.
»Legationssekretär Arkadi Malkin von der Botschaft der Russischen Föderation, guten Abend«, grüßte er, wünschte auch auf Russisch dobryj wetscher .
Parjanne und Korhonen erstarrten, krümmten sich wie Katzen, die einen Hund fixieren.
»Wieso tanzt hier ein russischer Agent an?«, fauchte Korhonen.
»Ein russischer Bjurger ist gestorben. Seine Familie braucht Unterstjutzung.« Malkin sprach Finnisch, langsam und mit starkem Akzent.
»Deine Krisenintervention kannst du später anbieten«, wies Korhonen ihn ab. »Wir müssen jetzt mit der Frau sprechen. Möglicherweise steht Wadajews Tod in Verbindung zu krimineller Tätigkeit. Ich beschuldige oder verdächtige weder die Witwe noch den Verstorbenen. Von Schwarzarbeit profitieren ganz andere Leute, und an denen sind wir interessiert. Außerdem ist der tödliche Unfall auf einen Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften zurückzuführen, auch dafür muss jemand zur Verantwortung gezogen werden.«
Malkin lächelte friedfertig, wedelte mit seinem Taschentuch, faltete es dann zusammen und steckte es ein.
»Xenja Fjodorowna kjonnen Sie jetzt nicht vernehmen. Sie ist er… erschru… erschjuttert«, erklärte er. »Sie kjonnen spjatermit ihr sprechen. Und wir sehen uns sicher auch noch. Weil der verdjachtige Arbeitgeber Bjurger der Russischen Föderation ist.«
»Wer?«, fragten Korhonen und ich im Chor.
»Maxim Semjonowitsch Frolow«, sagte Malkin, als verstehe sich das von selbst, und schaute sich harmlos um.
Korhonen warf mir einen bösen Blick zu. Ich versuchte, überrascht auszusehen und ein langes Gesicht zu ziehen.
»Das ist mir ganz neu«, beteuerte ich, dabei hätte ich eigentlich mit den
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