Entfernung.
gelangweilt in Stummfilmen. Und in den »Dr. Caligari«. In den war sie in Zagreb nur gegangen, um sich zu trösten. Weil das da gerade passte. Für diese gelähmte lähmende Nachkriegssituation. Da. Aus der die Kroaten mit dem Nachahmen der großen Welt herauskommen wollten. Wie in der Operette. »Wiener Blut«. »Der Zigeunerbaron«. Da mussten ja die Männer vom Balkan auch erst lernen, wie man sich in Wien verhalten musste. Damit man akzeptiert wurde. Und weil es dieses Wien nicht gab und nie gegeben hatte. Deshalb inszenierte man dann »Wiener Blut« für die Gesellschaftsberichterstattung von RTL und ging in Abendkleidern über rote Teppiche zur Premiere von »Salome« in der Zagreber Oper. Das reichte zum Aufsteigen. Glitzernde Abendkleider und Frack. Was halt an Operettenkostümen so verlangt wurde. Die bettelnden alten Frauen hinter die Kameras geschoben. Aus dem Blickfeld genommen. Und die Verweigerung der Auslieferung des Generals war im roten Teppich und dem Frack inbegriffen. Und im Aufsteigerwillen. Sie konnte ja eine Arbeit schreiben. Über den Frack. Über den Frack als Mittel der Renationalisierung. In Hollywood trugen sie wenigstens nur Smoking. Sie trank. Das Wasser stark salzig. Einen salzigen Geschmack im Mund. Der Gaumen salzig überzogen. Auf der Leinwand. Frauengesichter. Stummfilmschminke und Stummfilmgehabe. »Once upon a time it was decided that all women were to be called Vera and all women were told to talk about themselves as Vera. The Good King wanted all women freed of their I so they could expand and grow.« Gotische Schrift in schwarzem Ornamentrahmen. Der gute König war zu sehen. Er trug einen einfachen Goldreif um die Stirn. Der gute König wurde vom fettsüchtigen Jesus von den Aktzeichnungen dargestellt. Von dem Mann hinter der Bar. Es war nur sein Kopf zu sehen. Der schöne Kopf. Wie er nachdachte. Und wie er dann das Edikt erließ. Zur Erlösung der Frauen von ihrem Ich. »The Good King wanted the Veras to be happy.« Ein lang gezogener Saal. Frauen lagen auf Pritschen vor einer Glaswand. Der Blick auf hohe Berge. Gletscher. Wald. Die Frauen lagen auf den Pritschen. Ihre gespreizten Beine zur Kamera. Die Kamera fuhr die liegenden Frauen entlang. Immer die gespreizten Beine. Die Vagina im Vordergrund. Dahinter die Frau hinter ihrem Busen und hinter den Frauen die Fenster mit der Aussicht. Gemächlich. Die Kamera ließ sich Zeit. Eine Frau nach der anderen. Eine Aussicht nach der anderen. Die Frauen onanierten. Die Hände lagen über die Scham nach vorne. Jede Frau werkte mit einem anderen Finger an ihrer Klitoris. Zeigefinger. Mittelfinger. Zeigefinger und Mittelfinger und Ringfinger. Manche griffen von unten. Unter dem Oberschenkel durch. »If the Veras were happy, the Good King was happy, too.« Eine Vagina in Großaufnahme. Im ungenauen verschwommenen Schwarzweißbild glimmte ein kupferfarbenes Dreieck in der Vagina auf. Kupfergoldfarben im Schwarzweißbild. Der Zeigefinger der Frau rieb an der geschwollenen Klitoris. Im Ton war plötzlich das Orgasmuskeuchen zu hören. Ein quietschiges Orgasmuskeuchen. Erst eines. Dann ein Chor. Der Gute König kam wieder ins Bild. Er hielt seinen Penis in der Hand. Auf dem erigierten Penis waren viele der kupferfarbenen Dreiecke. Das Bild war wieder Stummfilm. Die winzigen metallenen Dreiecke glitzerten in Farbe auf. Von den Dreiecken standen kleine Drähte weg. »Only if all Veras were satisfied the Good King was satisfied, too.« Der Gute König fiel in ein Himmelbett zurück. Einen Hermelinmantel über sich gebreitet. Der Gute König stöhnte zufrieden. Er lag mit übertrieben verdrehten Augen in den Pölstern. Sein Penis lugte zwischen den Hermelinbahnen hervor. Die kleinen Drähte vibrierten auf dem abgeschwollenen Penis. Das Gesicht des Guten Königs. Der Ausdruck wechselte von Entzücken zu Unruhe. »The Good King wanted the Veras to be happy every moment of their lives and he called the wise men to find a way to procure that.« Männer traten an das Himmelbett. Sie setzten sich an den Bettrand. Sie sahen aus wie die Heiligen Drei Könige bei der Sternsingeraktion. Sie trugen Turbane und Burnusse. Manche waren dunkel geschminkt. Sie saßen am Bettrand und nickten. Plötzlich waren die kleinen Dreiecke überall. Sie waren in allen Farben auf den Vorhängen zum Bett. Auf den Stoffen der Burnusse. Auf der Tapete. Der Film blieb ein Stummfilm. Alles andere war schwarz und weiß und lief mit ruckenden Bewegungen ab. Alle waren stark
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