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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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geschminkt. Die Augen dick schwarz umrandet. Die Mimik übertrieben. Die kleinen Dreiecke tauchten langsam auf. Bis alle Stoffe von diesem Muster durchwirkt waren. Das Schwarzweiß-Bild war mit den Dreiecken in allen Farben durchwirkt. Als wäre der Film selbst der Stoff, der mit dem Muster durchzogen war. »The Good King insisted that all Veras always stayed together. So that they could share their happiness.« Die Sequenz mit den onanierenden Frauen wurde wiederholt. Beschleunigt. Die Kamera sauste an den hochgereckten Beinen entlang. Streifte die majestätische Bergwelt hinter den großen Glasfenstern. Der Orgasmus des Guten Königs war in Zeitlupe. Er lag in den Kissen. Ein schönes Opfer der Leidenschaft. Ausgelaugt. Spent. Hingegeben. Demütig in die Lust gebunden. Die Kamera blieb stehen. Ein Standbild. Ein Halbprofil. Die dichten Wimpern ein dunkler Kranz auf den glatten Wangen. Die Qualität des Films änderte sich. Das Bild wurde scharf. Farben stiegen auf. Blass erst. Dann dunkler. Genauer. Einen Augenblick wurden die kleinen Furchen auf der Stirn enthüllt. Die winzigen geplatzten Äderchen am Nasenflügel. Dann wurde ein Weichzeichner über das Bild gezogen. Ein Rosafilter. Goldenes Licht. Das Gesicht des Guten Königs lag verklärt da. Gekicher und Geraschel stieg auf. Die Kamera zoomte vom Bett weg. Der Gute König lag da inmitten seiner Berater. Die Berater knieten am Bettrand und hielten ihre Häupter verhüllt. Die Kamera ging auf die Suche nach den Geräuschen. Sie streifte im Raum umher. Suchte die Wände ab. Kletterte auf die Decke. Suchte in den Ornamenten der Bettpfosten. Fuhr dann unter das Bett. Im Dämmer unter dem Bett. Erst war nur eine Unruhe zu merken. Zu ahnen. Dann zoomte die Kamera näher. In einer graupelzigen Ebene liefen zwei kleine Mädchen umher. Unter dem Bett. Sie lachten und kicherten und wirbelten den Staub auf. Sie warfen sich in den Staub als wäre er Schnee. Sie wälzten sich und bewarfen einander. Sie stießen einander in Staubdünen und lachten. Sie hüpften um die Wette. »Vera loves that.« riefen sie und warfen einander wieder in eine Staubdüne. Eine Stimme rief »Vera«. Immer wieder. Die kleinen Mädchen tanzten nach hinten davon. Kamen wieder nach vorne. Sie standen im Staub unter dem Bett. Sie wurden groß. Sie wuchsen. Oder ihre Kleider wuchsen. Wurden erwachsen. Aus den Kinderkleidern wurden verführerische Sommerkleider. Aus den kleinen Ballerinaschuhen wurden hochhackige Slingpumps. Mit dem Wachsen der Kleider verwandelte der Film sich wieder in den Stummfilm. Die Bilder begannen zu flimmern. Im Ton Knistern und Krachen eines alten Lautsprechers. Die Gesichter der Mädchen wurden zu den stark geschminkten Stummfilmfrauengesichtern. Und dann wuchsen die Dreiecke auf den Kleiderstoffen. Die Dreiecke traten irisierend hervor. Eine alte schwere Frau kam von hinten. Sie war winzig. Zuerst. Sehr weit entfernt. Sie ging langsam und es dauerte lange bis sie nach vorne gekommen war. Es war sie gewesen, die »Vera« gerufen hatte. Sie nahm die beiden jungen Frauen an der Hand. Dann schwenkte die Kamera im Schlafzimmer des Guten Königs auf ein Bild an der Wand. Eine Landschaft. Eine Bergszene. Die Landschaft glitt nach hinten. Glitt in den Hintergrund davon. Die Glasfenster schoben sich davor. Der Raum, in dem die Frauen. Die beiden jungen Frauen wurden von der alten Frau an die Pritschen geführt. Sie standen da. Die alte Frau ließ sie allein. Sie ging in einen langen Gang nach links davon. Langsam. Der Film hüpfend und flimmernd. Bis sie im Flimmern nicht mehr wahrzunehmen war. Die jungen Frauen standen vor den Pritschen. Ihre Kleider schmolzen weg. Die Dreiecke begannen zu glimmern. Während die Stoffe sich auflösten, sammelten sich die Dreiecke zu einem einzigen Dreieck für jede Frau. Das Dreieck jeder der jungen Frauen hing vor den nun nackten Leibern. Der Film hatte sich wieder in einen Farbfilm verwandelt. In einen Tonfilm. Das Dreieck schwamm auf und ab. Hing über den Köpfen. »Vera does not want to.« sagte die dunkelhäutige junge Frau. Ihr Körper. Sehnig und schlank. Die Schamhaare ein winziges Viereck. Kaum über die Scham herauf reichend. »Vera does not know.« sagte die Blonde. Ihr Körper dünn. Die Brüste schwer und die Hüften rund. Die Beine dünn aus den Hüften. Beide schauten an sich hinunter. Sie schauten ihre Füße an. Sie hatten rote Pumps an. Rote Pumps mit sehr hohen Absätzen. Sie versuchten beide mit diesen Schuhen zu gehen. Das

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